Celestina Truxa
Celestina Truxa, * 4. August 1852 Verona (Italien), † 20. Mai 1935 Wien, Lehrerin, Herausgeberin, Redakteurin, Vereinsfunktionärin.
Biografie
Celestina Truxa (geborene Oeppinger) wurde 1852 in Verona, das zu diesem Zeitpunkt zum Kaisertum Österreich gehörte, als Tochter von Barbara und Josef Oeppinger geboren. Ihr Vater war als k.k. Offizier und Kasernenverwalter in Verona stationiert. Über ihre Kindheit und Jugend ist wenig bekannt. Vermutlich gab es mehrere Ortswechsel, da die Familie dem Vater folgte, wenn er in einer neuen Garnison eingesetzt wurde.
Von 1875 bis zu ihrer Eheschließung war Celestina Oeppinger in Wien als Privatlehrerin tätig. Im August 1880 heiratete sie den aus Böhmen stammenden Journalisten und Eigentümer der "Verkehrs-Zeitung" Leo Johann Robert Truxa, mit dem sie zwei Söhne (Robert Truxa, 1882 bis 1949, und Leo Truxa 1884 bis 1976) hatte. Der plötzliche Tod ihres Mannes, der im August 1886 unter unklaren Umständen in der Schweiz verstarb, veränderte ihr Leben grundlegend. Sie übernahm von ihm die "Verkehrs-Zeitung", ein wöchentlich erscheinendes Blatt, das sie bis 1910 als Eigentümerin und Herausgeberin weiterführte. Außerdem zog sie 1887 mit ihren Kindern von ihrer bisherigen Wohnung im 9. Bezirk in die Karlsgasse 4 im 4. Bezirk. Als Hauptmieterin übernahm sie jene Wohnung, in der Johannes Brahms bereits seit einigen Jahren in Untermiete lebte. Damit wurde sie zu seiner "Hauswirtin" und lebte die nächsten zehn Jahre – bis zu seinem Tod – Tür an Tür mit dem berühmten Komponisten. Auch organisierte sie verschiedene Tätigkeiten in seinem Haushalt. Als Brahms am 3. April 1896 verstarb, war Celestina Truxa während seiner letzten Stunden bei ihm. Johannes Brahms, der nie geheiratet hatte, bedachte sie in seinem Erbe und vermachte ihr 10.000 Gulden, Möbel und Bilder. Nach dem Tod von Johannes Brahms bezog Celestina Truxa eine Wohnung im 6. Bezirk, in der sie bis zu ihrem Tod lebte. Ab 1920 führte sie eine Tabak-Trafik.
Celestina Truxa war nachweislich auch in verschiedenen Vereinen aktiv. Sie war langjähriges Mitglied im 1885 gegründeten Verein der Schriftstellerinnen und Künstlerinnen in Wien. 1889 wurde sie vom Verein als stellvertretendes Ausschussmitglied nominiert. 1902 steuerte sie ein Gedicht für ein Büchlein bei, das als literarische Damenspende beim Schriftstellerball der deutsch-österreichischen Schriftstellergenossenschaft ausgegeben wurde.
Aktiv war sie auch im sozialen Bereich. Sie war Schriftführerin in der 1904 gegründeten "Auskunftsstelle für Wohlfahrtseinrichtungen in Wien". Ab 1903 engagierte sie sich in der Österreichischen Liga zur Bekämpfung des Mädchenhandels (später: Österreichische Mädchen- und Kinderschutzliga) und führte die Vereinsgeschäfte als Generalsekretärin in den Jahren 1904 bis 1914. Unter der Leitung von Celestina Truxa erfuhr die Liga einen wesentlichen Ausbau. Die Organisation unterhielt Zweigstellen in verschiedenen Städten der Monarchie, organisierte Wohltätigkeitsveranstaltungen, eröffnete sogenannte "Mädchenschutzstationen" und kämpfte unter anderem gegen Verwahrlosung und Prostitution. Im Zusammenhang mit ihrem sozialen Engagement lernte Celestina Truxa auch wichtige Vertreterinnen der Frauenbewegung, wie beispielsweise Marianne Hainisch und Bertha Pappenheim, kennen.
Durch eine Schenkung von Leo Truxa an die Stadt Wien gelangte jener Teil des Nachlasses seiner Mutter, der Johannes Brahms betraf, an die Wienbibliothek im Rathaus. Die Sammlung "Johannes Brahms / Celestine Truxa" umfasst rund 460 Schriftstücke, darunter Briefe, Postkarten und Fotografien, aber auch hauswirtschaftliche Ausgabebücher und kurze Berichte darüber, wie Celestine Truxa mit Johannes Brahms bekannte wurde und wie sie die letzten Stunden an seinem Sterbebett verbrachte.
Zu ihren Lebensdaten gibt es unterschiedliche Angaben. Als Todesdatum wird auch der 9. Mai 1935 genannt. Celestina Truxa wurde am 22. Mai 1935 am Wiener Zentralfriedhof bestattet.
Quellen
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Totenbeschreibamt, A1.16238/1935: Totenbeschaubefund, Grabanweisung: Truxa Cölistine
- Wienbibliothek im Rathaus: Sammlung Johannes Brahms - Celestine Truxa
- Wienbibliothek Digital: Celestina Truxa
Literatur
- Marianne Baumgartner: Celestine Truxa − Lehrerin, Zeitungsherausgeberin, Vereinsfunktionärin. In: Wiener Geschichtsblätter. Verein für Geschichte der Stadt Wien 71 (2016), Heft 1, S. 1-29
- Ilse Korotin [Hg.]: biografiA. Lexikon österreichischer Frauen. Band 3. Wien / Köln / Weimar: Böhlau Verlag 2016, S. 3334 f.
- Marianne Baumgartner: Der Verein der Schriftstellerinnen und Künstlerinnen in Wien (1885−1938). Wien / Köln / Weimar: Böhlau 2015, S. 97, 383 f.
- Elke Krasny: Stadt und Frauen. Eine andere Topographie von Wien. Wien: Metroverlag 2008, S. 64
- Gustav Flock: Wie Frau Celestine Truxa mit Johannes Brahms bekannt wurde – Brahms als Hausgenosse. In: Brahms-Studien der Johannes Brahms-Gesellschaft Hamburg. Hg. von Helmut Wirth. Hamburg 1979, S. 53 f.
- Wienbibliothek im Rathaus. Handschriftensammlung. Sammlung Johannes Brahms / Celestine Truxa
- Österreichisches Biographisches Lexikon: Truxa, Celestina [Stand: 20.11.2017]
- Frauen in Bewegung: 1848−1935: Cölestine Truxa [Stand: 20.11.2017]
- "Ein unglücklicher Sturz". Bericht über den Tod Leo Truxas. In: Neue Freie Presse, 19.08.1886, S. 5 [Stand: 21.11.2017]
- Wertvolle Brahms-Sammlung der Wiener Stadtbibliothek geschenkt. In: Rathauskorrespondenz, 02.03.1966
Celestina Truxa im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.
Weblinks
- "Das Ballbüchlein des 'Schriftstellerballs'. In: (Neuigkeits) Welt Blatt, 29.01.1902, S. 11 f.
- Bericht der Oesterreichischen Liga zur Bekämpfung des Mädchenhandels 1909
- H. E. Heller: Zu Johannes Brahms' 100. Geburtstag. Gespräch mit Celestine Truxa, des Meisters Hausfrau. In: Wiener Bilder, 07.05.1933, S. 17