Czartoryskischlösschen
48° 13' 44.67" N, 16° 19' 50.79" E zur Karte im Wien Kulturgut
Das Czartoryskischlösschen (18., Währinger Straße 175-181, Bereich des heutigen Schulkomplexes) bestand von 1748 bis zum Abriss 1957.
Der Bankier Jakob Friedrich van der Nüll war als Gatte (1802) der Enkelin Theresia des Hofjuweliers Josef Friedrich Schwab 1807 in den Besitz einer Villa gelangt (die Schwab 1748 [damals bürgerlicher Goldarbeiter] anstelle von drei kleinen Häusern und einigen dazugehörigen Weingärten errichtet hatte [† 1780; Witwe Klara]; "Villa Schwab"), ließ diese umbauen und hier seine auf einen Wert von 10.000 Dukaten geschätzten Sammlungen (darunter eine Steinsammlung, die später dem Hofnaturalienkabinett einverleibt wurde) unterbringen.
Klara hatte die Villa geerbt und den Söhnen Schwabs aus erster Ehe (beide wohlhabende Großhändler) zur Nutzung überlassen. Große Veranstaltungen und Hausmusikabende bildeten einen Anziehungspunkt für die Wiener Gesellschaft (zu den Gästen zählte auch Karoline Pichler).
Nach van der Nülls Ableben (1823) kaufte das Haus 1824 der britische Botschafter Sir Henry Wellesley, ein Bruder von Arthur Wellesley, Herzog von Wellington, der den Besitz wesentlich verschönerte. Als Wellesley 1831 den Wiener Botschafterposten verließ, gingen Palais und Park an Constantin Adam Fürst Czartoryski über, dessen wertvolle Kunstsammlungen hier eine Heimstatt fanden.
Von ihm erbte sein Sohn Georg, der den Besitz verfallen ließ. 1912 erwarb ihn die Gemeinde Wien (Gemeinderatsbeschluss vom 24. November 1912) und eröffnete hier am 17. Juni 1923 ein Volksheim (nachdem der Besitz von Währinger Sozialdemokraten unter der Leitung von Bezirksvorsteher August Klepell in mehr als 100.000 unbezahlten Arbeitsstunden saniert worden war). Auch die Währinger sozialdemokratische Bezirksorganisation wurde hier untergebracht. Der Saal (ehemalige Schlosskapelle) wurde ein Zentrum des kulturellen und gesellschaftlichen Lebens.
1934 wurde die Anlage beschlagnahmt, während des Zweiten Weltkriegs diente sie als Luftschutzkaserne, am 7. April 1945 wurde das darin untergebrachte Benzinlager von der "Hitlerjugend" in Brand gesteckt, wenige Tage später zog die Kommunistische Partei Österreichs in das beschädigte Gebäude ein und richtete eine Autowerkstätte ein (Brand am 26. September 1945).
1951 wurde der Anspruch der Sozialdemokratischen Partei auf das Czartoryskischlösschen formell anerkannt, 1953 wurde es teilweise übernommen. Das Gebäude konnte jedoch nicht mehr saniert werden und wurde 1957 abgerissen. Am 17. Oktober 1959 wurde auf dem Areal eine Sonderschule für körperbehinderte Kinder eröffnet (Volks- und Hauptschule; 1989 nach Hans Radl [1894-1973] benannt, der 1926 den Bau der ersten Tagesheimschule für körperbehinderte Kinder [ 15, Kauergasse 3-5] initiiert hatte und die Österreichische Arbeitsgemeinschaft für Heilpädagogik begründete).
Die künstlerische Ausschmückung stammt von Gertrude Fronius (Skulptur "Frau mit zwei Kindern"), Franz Molt, Mario Petrucci (Vogeltränke), Alfons und Fritz Riedel (alle aus dem Jahr 1959).
Blick durch die Währinger Straße auf der Höhe der Orientierungsnummer 175 Richtung stadteinwärts, rechts das Czartoriskyschlößchen (Währinger Straße 175-181).
Quellen
Literatur
- Währing. Ein Heimatbuch des 18. Wiener Gemeindebezirks. Wien: Selbstverlag Währinger Heimatkunde 1923-1925, S. 207 ff., 524 ff.
- Alois Trost, Vom Czartoryski-Palais in Weinhaus. In: Monatsblatt des Vereins für Geschichte der Stadt Wien 1 (1919), S. 13 ff.
- Kurt Stimmer [Hg.]: Die Arbeiter von Wien. Ein sozialdemokratischer Stadtführer. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1988, S. 326 ff.
- Christine Klusacek / Kurt Stimmer: Währing. Vom Ganserlberg zum Schafberg. Wien: Mohl 1989, S. 150 ff.
- Helmut Kretschmer: XVIII. Währing. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1982 (Wiener Bezirkskulturführer, 18), S. 46 ff.
- Albert Ilg: Die Sammlung des Fürsten Czartoryski in Weinhaus. In: Monatsblatt des Altertums-Vereines zu Wien (1888), S. 67 f.; (1889), S. 14 f.
- Reinhold Lorenz: Besuch in Weinhaus beim Fürsten Czartoryski im Kriegsjahr 1806. In: Unser Währing. Vierteljahresschrift des Museumsvereins Währing 2 (1967), S. 40 ff.
- Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 4: Profane Topographie nach den 21 Bezirken (2.-21. Bezirk). Wien: Jugend & Volk 1958, S. 424
- Dieter Klein / Martin Kupf / Robert Schediwy: Stadtbildverluste Wien - Ein Rückblick auf fünf Jahrzehnte. 3. Aufl. Berlin: LIT 2004 (Stadtbildverluste, 1)
- Amtsblatt der Stadt Wien, 6. Juli 1957, S. 20