Else Jerusalem

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Else Jerusalem, um 1910
Daten zur Person
PersonennameName der Person im Format Nachname, Vorname Jerusalem, Else
Abweichende NamensformAlternative Formen des Namens wie z.B. Pseudonyme oder Mädchennamen im Format Nachname, Vorname Widakowich, Else; Kotányi, Else; Jerusalem-Kotányi, Else
TitelAkademische Titel (abgekürzt), Amtstitel, Adelstitel
Geschlecht weiblich
Wien Geschichte WikiIdentifier/Persistenter URL zur Seite  364745
GNDGemeindsame Normdatei 119145146
Wikidata
GeburtsdatumDatum der Geburt 23. November 1877
GeburtsortOrt der Geburt Wien Q1741
SterbedatumSterbedatum 20. Jänner 1943
SterbeortSterbeort Buenos Aires, Argentinien Q1486
BerufBeruf Schriftstellerin, Dramatikerin, Vortragskünstlerin
ParteizugehörigkeitAngabe der Partei (bei PolitikerInnen)
EreignisEreignis, mit dem die Person in Verbindung gebracht wird
Nachlass/Vorlass
Siehe auchVerweist auf andere Objekte im Wiki 
RessourceUrsprüngliche Ressource  Gedenktage-GW
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BestattungsdatumDatum der Bestattung 
FriedhofFriedhof, auf dem eine Person begraben wurde
Grabstelle
BildnameName des Bildes Else Jerusalem.jpg
BildunterschriftInformation, die unterhalb des Bildes angezeigt werden soll Else Jerusalem, um 1910

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Else Jerusalem, * 23. November 1877 Wien, † 20. Jänner 1943 Buenos Aires, Schriftstellerin, Dramatikerin, Vortragskünstlerin.

Biografie

Else Jerusalem entstammte einem bürgerlichen jüdischen Elternhaus. Ihr Vater war der Weinhändler Max Kotányi, ihre Mutter Henriette Kotányi, geb. Deutsch. Nach Absolvierung der Bürgerschule und einigen Fortbildungskursen hospitierte sie ab 1893 an der Universität Wien in den Fächern Philosophie und Literaturwissenschaft als Gasthörerin.

1901 verehelichte sie sich mit dem Fabrikanten und Psychologen Alfred Jerusalem (1876-1945), mit dem sie zwei Kinder (Edith und Fritz Albert) hatte. 1911 ließ sich Else Jerusalem von ihrem Mann scheiden, die beiden Kinder lebten fortan bei ihrem leiblichen Vater. Noch im selben Jahr ging sie eine Ehe mit Viktor Widakowich ein, der als Zoologe einen Ruf an die Universität Buenos Aires erhalten hatte, wohin ihm Else folgte. Der genaue Zeitpunkt ihrer Übersiedelung nach Südamerika ist ungewiss, wird jedoch mehrfach mit 1911 oder 1929 angegeben.

Während ihrer Wiener Jahre stand sie dem Kreis Jung-Wien um Hermann Bahr, Felix Salten oder Arthur Schnitzler nahe. Als Autorin und Vortragende nahm sie sich gewagter und durch die bürgerliche Gesellschaft überwiegend tabuisierter Themen wie der Prostitution, der Sexualerziehung und des Mädchenhandels an. Ihre Werke und Vorträge leisteten nicht nur Aufklärungsarbeit, sondern lieferten auch konkrete Lösungs- und Verbesserungsvorschläge. Ihr Engagement machte sie zu einer Protagonistin in der bürgerlichen Frauenbewegung Österreichs.

Ihr Hauptwerk war der 1909 bei S. Fischer erschienene Roman "Der heilige Skarabäus", der auf über 700 Seiten die Zustände in einem Wiener Bordell referiert und eine Anklage der bürgerlichen Scheinmoral darstellt. Zugleich beendet sie den verklärt-sozialromantischen Blick auf die Prostitution, welcher bis dahin die galante Literatur bestimmt hatte. Schonungslos zeichnete Else Jerusalem das Elend der Wiener Prostituierten zwischen Gewalt, Kriminalität, Polizeiwillkür und der ständig drohenden Ansteckung mit Geschlechtskrankheiten. "Der heilige Skarabäus" ließ die Wogen in konservativen Kreisen sowie unter den Sittenwächtern hochgehen, erfuhr aber dennoch mit 40 Auflagen eine enorme Verbreitung. 1928 wurde die Romanvorlage verfilmt, die Vorführung in Deutschland jedoch 1933 verboten.

Werke

  • Venus am Kreuz. Novellen (1899)
  • Gebt uns die Wahrheit! Ein Beitrag zu unserer Erziehung zur Ehe (1902)
  • Komödie der Sinne (1902)
  • Der heilige Skarabäus (1909)
  • Die Angst der Geschlechter (1910)
  • Steinigung in Sakya. Schauspiel (1928)
  • Die Dreieinigkeit der menschlichen Grundkräfte (1939)


Else Jerusalem verstarb im Alter von 67 Jahren in Buenos Aires. Ihr Sohn Fritz Albert, der nach der Scheidung der Eltern den Namen Fritz Jensen angenommen hatte, war Schriftsteller, Arzt und kommunistischer Aktivist. Als Arzt hatte mit den Internationalen Brigaden auf republikanischer Seite am Spanischen Bürgerkrieg teilgenommen.


Literatur

  • Wienbibliothek im Rathaus, Tagblattarchiv, TP-022852
  • Ilse Korotin [Hg.]: biografiA. Lexikon österreichischer Frauen. Band 2: I-O. Wien / Köln / Weimar: Böhlau 2016, S. 1492 f.
  • Christa Gürtler, Sigrid Schmid-Bortenschlager (Hg.): Eigensinn und Widerstand. Schriftstellerinnen der Habsburgermonarchie. Wien: Ueberreuter 1998, S. 229 ff.
  • Brigitte Spreitzer: „Ich bin ja nur ein Stück Weiberfleisch“…: die Auslöschung der „Kleinigkeit Ich“ bei Else Kotanyi-Jerusalem. In: Texturen: die österreichische Moderne der Frauen. Wien: Passagen 1999, S. 84–87
  • Brigitte Spreitzer: Else Jerusalem – Eine Spurensuche. In: Else Jerusalem: Der heilige Skarabäus. Hrsg. u. m. einem Nachwort von Brigitte Spreitzer. Das vergessene Buch. Wien: DVB 2016, S. 545–608.
  • Karin J. Jusek: Ein Wiener Bordellroman: Else Jerusalems „Heiliger Skarabäus“. In: Heide Dienst, Edith Saurer (Hrsg.): „Das Weib existiert nicht für sich.“ Geschlechterbeziehungen in der bürgerlichen Gesellschaft. Wien: Verlag für Gesellschaftskritik 1990


Weblinks