Jung-Wien
Jung-Wien.
1) Chorvereinigung, als gemischter Chor gegründet 1946 vom Komponisten Leo Lehner und von ihm bis kurz vor seinem Tod (1981) geleitet; Lehner machte das Ensemble binnen Kurzem zu einem der populärsten Wiener Chöre und unternahm fast jährlich Auslandstourneen; Schallplatten und Rundfunksendungen machten den Chor überdies bekannt (Renner-Preis 1966). 1981 übernahm Franz Gerstacker die musikalische Leitung des Chors (zweiter Chorleiter und Korrepetitor Wolfgang Ortner [ab 1978 zweiter Chorleiter neben Lehner], in Wien als Leiter seines eigenen Ballorchesters bekannt), der jedoch 1986 wegen Arbeitsüberlastung (Chordirektor der Volksoper, daneben Chorleiter bei den Mörbischer Seefestspielen, Leiter des Wiener Schubertbunds und Chormeister des Österreichischen Sängerbunds) die Leitung zurücklegen musste. Sein Nachfolger wurde der aus den USA heimgekehrte Dirigent und Komponist Gerhard Track (Sohn des Conferenciers Ernst Track [1911-1987]), der auch Direktor der Musiklehranstalten der Stadt Wien (Konservatorium und 17 Musikschulen), Leiter des Wiener Männergesangvereins, künstlerischer Leiter des „Orchester Pro Musica International" und des „Wiener Serenaden Orchesters" sowie Präsident des Österreichischen Komponistenbunds wurde. 1987 unternahm Jung-Wien die erste USA-Konzerttournee.
2) Kreis von Wiener Dichtern und Schriftstellern, die um 1900 den Impressionismus und Symbolismus vertraten und sich vor allem im Café Griensteidl trafen (woraus sich die Bezeichnung „Kaffeehausliteraten" ableitet). Neben Hermann Bahr, der Wortführer der Gruppe war, gehörten dieser an (beziehungsweise standen ihr nahe): Peter Altenberg, Raoul Auernheimer, Richard Beer-Hofmann, Hugo von Hofmannsthal, Felix Salten, Richard Schaukal, Arthur Schnitzler und andere. Der Kreis Jung-Wien wies im Lauf der Zeit zwei Richtungen auf: eine neuromantische (vertreten besonders durch Hofmannsthal und Schaukai) und eine stärker realistische (vertreten durch Schnitzler). Die Literaten waren durch eine neue Anschauung der „Weltentwicklung, Wahrheit, Sittlichkeit und Gesellschaft." (wie Bahr formulierte), vor allem aber durch das Postulat, „modern" zu sein, miteinander verbunden; sie stellten sich gegen Historismus und Gründerzeit und übernahmen besonders die französische Symbolistik als verbindliches Leitbild. Mehrere Zeitschriften und Zeitungen vertraten die Grundsätze von Jung-Wien, darunter die „Moderne Rundschau" und die „Wiener Literaturzeitung" (beide ab 1891), die „Wiener Rundschau" (1896-1901), „Die Zeit" (1902-1904) und die „Österreichische Rundschau" (1904-1922). Als schärfster Kritiker des Literatenkreises galt Karl Kraus.
Literatur
- Arthur Möller van den Bruck: Das junge Wien. Berlin: Schuster & Loeffler 1902
- Hermann Bahr: Studien zur Kritik der Moderne. Mit dem Portrait des Verfassers im Lichtdruck. Frankfurt a. M.: Rütten & Loening 1894
- Tino Erben: Traum und Wirklichkeit. Wien 1870 - 1930. Wien: Eigenverl. d. Museen d. Stadt Wien 1991, S. 303 (Katalog zur Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien, 93)
- Harry Zohn: "...ich bin ein Sohn der deutschen Sprache nur...". Jüdisches Erbe in der österreichischen Literatur. Wien [u.a.]: Amalthea-Verlag 1986, S. 15 ff.