Erika Freeman
Erika Freeman, * 1. Juli 1927 Wien, Psychoanalytikerin, Zeitzeugin.
Biografie
Erika Freeman wurde 1927 als Erika Polesiuk in Wien geboren und wohnte mit ihrer Familie im 2. Bezirk. In den 1930er Jahren erlebte sie als Kind den zunehmenden Antisemitismus und die nationalsozialistische Machtübernahme. Zuletzt besuchte sie das Chajes-Gymnasium beim Augarten, da alle anderen Schulen für jüdische Kinder nicht mehr zugänglich waren. Im Februar 1940 flüchtete die 12-Jährige über Rotterdam mit dem Schiff nach New York. Ihre Mutter, Rachel Polesiuk (17.07.1895–12.03.1945), geborene Grau, war 1941 nach Opole (Polen) deportiert worden. Zwar gelang es ihr nach Wien zurückzukehren und als sogenanntes "U-Boot" unterzutauchen, doch wurde sie in den letzten Kriegstagen bei der Zerstörung des Philipphofs getötet. Erikas Vater, ein bekennender Sozialdemokrat, war 1938 nach Prag geflüchtet und später im Ghetto Theresienstadt interniert. Von dort aus konnte er allerdings nach Schweden gelangen. Nach dem Krieg kam es in New York zu einem Wiedersehen zwischen Vater und Tochter.
Erika Polesiuk kam in New York bei Verwandten unter. Sie studierte später an der Columbia University in New York Psychologie und arbeitete als Sekretärin in der Außenstelle der Jewish Agency, wodurch sie viele jüdische Persönlichkeiten des politischen Lebens kennenlernte. An der Columbia University studierte sie unter anderem bei dem aus Wien stammenden Psychoanalytiker Theodor Reik, der selbst 1933 aus Berlin über die Niederlande in die USA emigriert war. Erika Polesiuk, mittlerweile verheiratete Freeman, promovierte 1964 mit einer Arbeit über die Stellung der Familie im Kibbutz. Seit 1954 war sie mit dem Grafiker, Bildhauer und Kalligrafen Paul K. Freeman (1929–1980) verheiratet. Ihren Geburtsnamen hebräisierte sie zu "Padan" und trat fortan auch als Erika Padan Freeman in Erscheinung.
Erika Freeman avancierte in den USA zur erfolgreichen Psychoanalytikerin, die mit prominenten Politikerinnen und Politikern ebenso wie mit Hollywood-Stars zusammenarbeitete – diese auch zu ihrem Freundes- und Bekanntenkreis zählt. Freeman war regelmäßig beim populären Radio-Host "Long" John Nebel zu Gast, trat in Talkshows auf und publizierte Ratgeberkolumnen in verschiedenen Printmedien.
Im hohen Alter kam Erika Freeman über das Projekt "A Letter To The Stars" 2007 wieder mit ihrer alten Heimat in Kontakt und setzt sich seither als Zeitzeugin wider das Vergessen ein. 2017 wurde sie mit dem Österreichischen Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst geehrt. 2020 sprach sie im Rahmen einer Wiener Vorlesung zum Thema "Wunder geschehen – man weiß nur nicht wann". 2022 nahm sie die österreichische Staatsbürgerschaft an, die ihr zum 95. Geburtstag von Bürgermeister Michael Ludwig persönlich überreicht wurde. Im selben Jahr sprach sie als Zeitzeugin beim "Fest der Freude". Ebenfalls 2022 überließ Freeman einige persönliche Dokumente und Erinnerungsstücke dem Haus der Geschichte Österreich als Schenkung.
Quellen
- Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes: Personendatenbank - Opfer der Shoa, Abfrage: Rachel Polesiuk
- Wienbibliothek Digital: Adolph Lehmann's allgemeiner Wohnungs-Anzeiger 1934
Literatur
- Bürgermeister Ludwig überreichte Staatsbürgerschaft an Erika Freeman. In: Rathauskorrespondenz, 01.07.2022 [Stand: 31.07.2023]
- Fritz Rubin-Bittmann: Erika Freeman. Ein Leben im Wandel der Zeiten. In: Wiener Zeitung, 1.07.2022 [Stand: 31.07.2023]
- Haus der Geschichte Österreich: Erika Freeman übergab Schenkung an hdgö [Stand: 31.07.2023]
- Kerstin Kellerman: "Ich wollte ein tapferes Kind sein, das die Welt rettet." Interview mit der Psychoanalytikerin Erika Freeman. In: David. Jüdische Kulturzeitschrift 133 (08/2022) [Stand: 31.07.2023]
- Paul Freeman, an Artist And Calligrapher, Dies. In: The New York Times, 12.08.1980 [Stand: 31.07.2023]
- University: Long John Nebel Papers. An inventory of his papers at Syracuse University [Stand: 31.07.2023]
- Wikipedia: Erika Freeman [Stand: 31.07.2023]