Ernst Diez
Ernst Diez, * 27. Juli 1878 Lölling, † 8. Juli 1961 Wien, Kunsthistoriker.
Biografie
Ernst Diez wurde 1878 als erster Sohn von Maria Louise von Webern - eine Tante des Komponisten Anton von Webern, dessen Vater im Bergbau tätig war - und des Hüttenverwalters Friedrich Diez, der auch für die Österreichisch-Alpine Montangesellschaft arbeitete, geboren. Eines seiner Geschwister war der spätere Journalist und Schriftsteller Heinrich Diez. Ihr Vater Friedrich Diez war 1879 bis 1900 Bürgermeister von Lölling, St. Veit (Kärnten). Im April 1900 übersiedelte die Familie Diez wie auch die Familie des Werkarztes Eduard Kaser in die Steiermark - zuerst nach Graz und später nach Vordernberg, wo die beiden Familienväter wieder im Bergbau arbeiteten und zahlreiche Funktionen in der Gemeinde übernahmen. Im Juli 1896 maturierte Ernst Diez am II. Staatsgymnasium in Graz und begann an der dortigen Universität Kunstgeschichte und Archäologie zu studieren - er promovierte 1902 mit einer Arbeit über die Miniaturen des Wiener Dioskurides.
Direkt im Anschluss an seine Promotion leistete Diez bis 1903 sein Einjährig-Freiwilligen Jahr bei einem Artillerie Regiment in Klagenfurt. Nach Studienreisen nach Konstantinopel und Rom, im Zuge derer er auch kurzfristig am Österreichischen Historischen Institut in Rom arbeitete, begann er 1906 als Volontär am Österreichischen Museum für Kunst und Industrie in Wien. In dieser Zeit lernte er die Irin Nina Beryl Ryder (1874-1951), die in Wien als Lehrerin tätig war, kennen und heiratete sie am 27. Juni 1907 in der Lutheranischen Stadtkirche in der Wiener Dorotheergasse 18. Anton von Webern war Trauzeuge.
1908 ging das junge Ehepaar Diez nach Berlin, wo Ernst Diez eine Stelle als Volontär bei den Staatlichen Museen zu Berlin bekommen hatte und 1909 wissenschaftlicher Hilfsarbeiter in der Islamischen Abteilung unter Friedrich Sarre wurde. Die kurze Tätigkeit in dieser Spezialabteilung wie auch die Vorbereitungen zur Ausstellung "Meisterwerke muhammedanischer Kunst" in München 1910, an denen er mitarbeitet, veranlassten Diez, sich auf das Studium islamischer Kunst zu spezialisieren. In Dresden brachte am 10. Mai 1908 Beryl Diez die gemeinsame Tochter Doris Diez, verheiratete Brehm, auf die Welt, die ihre ersten Jahre in Deutschland verbrachte.
1911 kehrte Diez vorerst allein nach Wien zurück, wo er als Assistent von Josef Strzygowski am Kunsthistorischen Institut der Universität Wien in den österreichischen Staatsdienst eintrat. Im Ersten Weltkrieg leistete Diez als Oberstleutnant Kriegsdienst im Wiener Arsenal in der Munitionsfabrik. 1919 schloss er seine Habilitation zur Kunstgeschichte des Orients ab, dann folgten aber schwierige Jahre, da er seine Anstellung an der Universität verlor. 1924 setzt sich seine Fakultät beim Bundesministerium für Unterricht dafür ein, dem Privatdozenten Diez einen Lehrauftrag zu erteilen, da er sonst kein Einkommen habe, und ihn zum außerordentlichen Universitätsprofessor zu ernennen. Die Ernennung zum Universitätsprofessor fand statt; der Lehrauftrag kann mangels Budget nicht erteilt werden. Im selben Jahr 1924 trat er in die logenartige Vereinigung Ebdar (Urmaurerei) ein, eine nach dem ersten Weltkrieg vom deutschen mystischen Schriftsteller Josef Schneiderfranken begründete kult-magisch arbeitende mystische Gemeinschaft, deren Mitglied er bis 1926 war.
1926 erhielt Diez einen Ruf an das bekannte Bryn Mawr College in Pennsylvania, USA - eine der ersten Hochschulen in den Vereinigten Staaten, die Hochschulabschlüsse, darunter auch Doktorgrade, für Frauen anbot. Die Schauspielerin Katharine Hepburn war damals eine der Studierenden dort. Diez blieb bis Herbst 1939 in den USA, verbrachte aber seine Urlaube in Österreich und lehrte 1933 auch ein Semester lang an der Wiener Universität.
Bereits im September 1937 beantragte Diez seine Aufnahme in die NSDAP und wurde mit der Mitgliedsnummer 6.164.600 aufgenommen. Diese frühe Mitgliedschaft trug sicher dazu bei, dass Diez kurz nach seiner Rückkehr aus den USA, im Frühjahr 1940 zum außerplanmäßigen Professor für Kunstgeschichte des Orients und des fernen Ostens ernannt wurde. Mit Genehmigung und Unterstützung des nationalsozialistischen Regimes übernahm Diez im September 1943 den Lehrstuhl für islamische Kunstgeschichte an der Universität Istanbul. Die türkische Kriegserklärung an Deutschland im Februar 1945 führten zur Internierung von Diez in Kırşehir bis 1946. Aufgrund seines in dieser Zeit verfassten Buches zur türkischen Kunst, das armenische Einflüsse auf dieselbe aufzeigte, kam es zu Kontroversen, zu Protesten von türkischen Nationalisten und 1949 schließlich zur Entlassung von Diez.
Ernst Diez ließ sich 1950 wieder in Wien nieder und verreiste nur noch kurzfristig zu Fachtagungen, bevor er im Juli 1961 starb.
Quellen
- Meldezettel von Ernst Diez (WStLA, BPD Wien: Historische Meldeunterlagen, K11)
- ÖStA, Personalakt von Ernst Diez
- ÖStA, Professorenakt von Ernst Diez
- ÖStA, Gauakt von Ernst Diez
- Matricula Online zur Heirat von Ernst Diez und Nina Beryl Ryder
Literatur
- Burcu Dogramaci: "Kunstgeschichte in Istanbul. Die Begründung der Disziplin durch den Wiener Kunsthistoriker Ernst Diez". In: Ruth Heftrig (Hrsg.): Kunstgeschichte im "Dritten Reich". Theorien, Methoden, Praktiken. Berlin: Akademie-Verlag 2008 (Schriften zur modernen Kunsthistoriographie, 1), S. 114ff.
- Ekkehard Ellinger: Deutsche Orientalistik zur Zeit des Nationalsozialismus 1933–1945. Edingen-Neckarhausen: Deux Mondes 2006 (Thèses, 4)
- Ernst Kühnel, Doris Brehm und Dorothea Duda, In Memoriam Ernst Diez, in: Kunst des Orients, Vol. 4 (Mai 1963), S. 110-112
Ernst Diez im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.