Fechten

Aus Wien Geschichte Wiki
Wechseln zu:Navigation, Suche
Fechten bei der Eröffnung der Wiener Stadthalle, 21.6.1958
Daten zum Eintrag
Datum vonDatum (oder Jahr) von
Datum bisDatum (oder Jahr) bis
Siehe auchVerweist auf andere Objekte im Wiki  Sport
RessourceUrsprüngliche Ressource  Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
Export RDF-Export (Resource Description Framework) RDF
Recherche
Letzte Änderung am 17.06.2021 durch WIEN1.lanm08son
BildnameName des Bildes WStLA Fotos PID FC1 18 58 277 006.jpg
BildunterschriftInformation, die unterhalb des Bildes angezeigt werden soll Fechten bei der Eröffnung der Wiener Stadthalle, 21.6.1958

Es wurden noch keine Bezeichnungen erfasst!


Im 15. Jahrhundert und später nannte man die Wanderlehrer des Waffenhandwerks Fechtbrüder. Das älteste Zeugnis für Fechter in Wien ist bereits mit 13. Dezember 1304 datiert, eine Fechtschule wird erstmals am 17. Dezember 1468 erwähnt. Das erste gedruckte Werk der Fechtliteratur stammt vom Wiener Freifechter Andre Pauernfeindt, es war dies die 1516 erschienene "Ergründung ritterlicher kunst der fechterey". In seinem Buch nennt sich Pauernfeindt freyfechter czu Vienn. Die Freifechter waren Mitglieder der Fechterzünfte, die sich als Zusammenschlüsse bürgerlicher Fechter und Fechtlehrer seit Anfang des 16. Jahrhunderts im deutschen Sprachraum entwickelten. Die Tätigkeit als Fechtlehrer war an die Zugehörigkeit zu diesen Zünften gebunden.

Im 17. Jahrhundert wurden die Wiener Fechtschulen durch den Stadtrat insofern privilegiert, als man ihnen erlaubte, sich gegen Entrichtung eines mäßigen Platzgeldes im Alten Rathaus zu etablieren. Beim "Goldenen Hirschen" (1, Rotenturmstraße 20, Fleischmarkt 1, Steyrerhof 2; Conskriptionsnummer 728) gab es im 17. Jahrhundert eine große Fechtschule.

In der Reisebeschreibung von Eduard Brown (1686 Nürnberg) wird über das Fechten in Wien berichtet. An der Wende zum 18. Jahrhundert verschwanden die bürgerlichen Fechtgesellschaften; an ihre Stelle traten staatliche oder ständisch betriebene lokale Schulen. Ende des 18. Jahrhunderts fanden die ersten Wiener Fechtturniere statt, Schauplätze waren unter anderem die Redoutensäle der Hofburg und die Hofreitschule.

Anfang und Mitte des 19. Jahrhunderts wurde in Wien das Stoßfechten nach der französischen Schule gelehrt, das Hiebfechten nach der deutschen Schule; an den Hochschulen entwickelte sich Fechten mit scharfen Hiebwaffen ("Schläger") in starrer Mensur (= Abstand der Fechter zueinander; "Mensurfechten") ("Schlagende Studentenverbindungen"; Burschenschaften).

Am 13. März 1865 gründete Carl Albanesi den "Ersten Wiener Fechtverein Mars", den ersten Fechtklub im heutigen Österreich, der sich allerdings schon 1877 wieder auflöste. 1881 wurde der "Fecht-Club im Männer-Turnverein" gegründet (ab 1885 "Erster Wiener Fecht-Club"), 1882 der "Fechtclub der Offiziere der k.k. Landwehr in Wien" und der "Fechtclub Haudegen" (ab 1906 "Residenz-Fechtklub"), 1886 der "Wiener Fecht-Club".

Anfang der 1880er Jahre wurde die sogenannte moderne italienische Fechtschule entwickelt, die sich durch an der "Scuola Magistrale Militare di Scherma" in Rom ausgebildete Fechtlehrer in ganz Europa verbreitete. Auch in Wien löste sie die traditionelle französische und deutsche Fechtschule ab. Der 1859 in Cividale del Friuli geborene Luigi Barbasetti gründete 1895 den noch heute bestehenden "Union-Fechtclub" als Heimstätte der italienischen Fechtkunst in Wien. Auch gesellschaftlich war der Verein durch seinen Protektor Erzherzog Franz Salvator, seinen Präsidenten Alexander Prinz von Thurn und Taxis und Mitglieder wie Karl Max Prinz Lichnowsky, Johann Prinz von und zu Liechtenstein und Franz Prinz zu Windisch-Graetz bedeutend. Vom "Union-Fechtclub" ausgehend übernahmen alle wesentlichen Wiener Fechtvereine die italienische Fechtmethode.

1900 schlossen sich die Diplom-Fechtmeister im "Wiener Fechtlehrerverein" zusammen, aus dem 1904 die von Barbasetti gegründete "Akademie der Fechtkunst" hervorging, in der die Amateure eine eigene Sektion bildeten. Diese entwickelte sich nach dem Zusammenschluss mit dem 1906 gegründeten "Österreichischen Fechter-Bund" 1911 zum "Amateurverband", der im März 1914 dem Internationalen Fechtverband FIE (Fédération Internationale d'Escrime) beitrat. Der "Amateurverband" nannte sich ab November 1925 "Österreichischer Amateurfechtverband". Am 23. Oktober 1929 wurde schließlich auf Forderung der FIE, die auf einer vollkommenen organisatorischen Trennung zwischen den Amateurfechtern und den nach wie vor in der "Akademie der Fechtkunst" zusammengeschlossenen Fechtlehrern bestand, der Österreichische Fechtverband (ÖFV) gegründet. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden innerhalb des ÖFV Landesfechtverbände gegründet; so kam es im März 1950 zur Schaffung des "Wiener Landesfechtverbandes".

In der Zwischenkriegszeit und in den Nachkriegsjahren (1932-1950) hat Ellen Müller-Preis (* 6. Mai 1912 Berlin-Charlottenburg; Fechtlehrerin am Reinhardt-Seminar) Welterfolge errungen (Weltmeisterin 1947, 1949 und 1950, Olympiamedaillen [Gold 1932, Bronze 1936, 1948]), war aber auch 17 Mal österreichische Meisterin.

In Wien lag das Schwergewicht zunächst auf Florett und Säbel, nach 1945 rückte auch das Degenfechten mehr in den Mittelpunkt.

Wiener Stadthalle, Training Schülerfechten, 31.8.1971

Siehe auch

Wienerisch: "fechten"

In der Wiener Umgangssprache bedeutet "fechten" so viel wie "betteln". Mit dem Niedergang der Fechterzünfte Ende des 17. Jahrhunderts wurden nämlich auf Jahrmärkten Schaukämpfe für Geld abgehalten, wodurch es zu dieser Abwertung des Wortes "fechten" kam.

Quellen

Literatur

  • Richard Bamberger / Franz Maier-Bruck: Österreich-Lexikon in zwei Bänden. Wien: Österreichischer Bundesverlag / Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1966
  • Paul Harrer-Lucienfeld: Wien, seine Häuser, Geschichte und Kultur. Band 4/1. Wien ²1951 (Manuskript im WStLA), S. 62
  • Karl E. Lochner: Die Entwicklungsphasen der europäischen Fechtkunst. Wien 1953
  • Hans Mück: Quellen zur Geschichte des Bezirks Alsergrund. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 1978 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 3), S. 28
  • Gerlinde Sanford: Wörterbuch von Berufsbezeichnungen aus dem siebzehnten Jahrhundert. Gesammelt aus den Wiener Totenprotokollen der Jahre 1648-1668 und einigen weiteren Quellen. Bern / Frankfurt am Main: Lang 1975 (Europäische Hochschulschriften. Reihe 1: Deutsche Sprache und Literatur, 136), S. 26 (Fechtmeister)
  • Michael Wenusch: Engarde, Parade, Touché. Die Entwicklung des Wiener Fechtsports. In: Wiener Geschichtsblätter 53 (1998), Beiheft 2