Generali Versicherung
Generali-Konzern
Die Generali Versicherung wurde 1831 gegründet und ist nach einer wechselvollen Geschichte seit 2007 die drittgrößte österreichische Versicherungsgruppe im Konzern der Assicurazioni Generali S.p.A in Triest.
Gründungsgeschichte
Am 26. Dezember 1831 wurde in Triest eine Versicherungsgesellschaft namens k. k. priv[ilegierte] Assicurazioni Generali Austro-Italiche gegründet. Sie firmierte im deutschen Sprachraum auch unter den Namen Allgemeine Assekuranz und Allgemeine Versicherung. Diese Gesellschaft entwickelte sich in den nächsten Jahrzehnten zum größten Versicherer der Habsburgermonarchie.[1] Der Zusatz Austro-Italiche sollte einerseits die Herkunft der Aktionäre symbolisieren als auch das Tätigkeitsgebiet. Das Aktienkapital von zwei Millionen Gulden war für die damalige Zeit enorm. Gleich von Beginn an wurden die Feuer-, Transport- und Lebensversicherung ins Programm genommen. Dabei war die Generali die erste Versicherungsgesellschaft in Österreich, welche die Lebensversicherung auf mathematischer Grundlage betrieb. Sie erwarb sich auch große Verdienste für die Verbreitung dieser Sparte. Im Revolutionsjahr 1848 wurde der Firmenzusatz Austro-Italiche gestrichen, da er vielfach nationalistisch ausgelegt wurde, und die Generali Schwierigkeiten befürchtete.[2] Im selben Jahr wurde der Markuslöwe als Unternehmenssymbol eingeführt.
Bereits 1832 wurde in Wien eine Generalagentschaft eingerichtet und diese dem Johann Baptist Ritter von Benvenuti, Gouverneurstellvertreter der Österreichischen Nationalbank, anvertraut. Diese erste Niederlassung war bescheiden und befand sich im Haus „zum schwarzen Bären“ (Lugeck 1).[3] Nach dem Ableben von Benvenuti ging die Vertretung 1858 auf das Bankhaus Simon Georg von Sina über. Nach dem Tod des letzten Sina übernahm die Generali 1876 die Niederlassung in Wien selbst. Den Börsenkrach von 1873 und die anschließende Wirtschaftskrise überstand die Assicurazioni Generali dank ihrer ausgezeichneten Fundierung relativ unbeschadet.
Da der Geschäftsumfang inzwischen stark angestiegen war und die Generali entsprechend Personal benötigte, wurde im Jahre 1880 ein eigens erbautes Haus am Bauernmarkt 2 be-zogen. Dieses Haus, im Neu-Wiener Renaissance-Stil errichtet, wird heute vermietet. Nach dem Eintritt Italiens in der Ersten Weltkrieg (1915) wurde die Generaldirektion der Generali von Triest nach Wien verlegt.
Erste Österreichische Allgemeine Unfallversicherungs-Gesellschaft
Im Jahre 1882 gründete die Generali in Wien die Erste Österreichische Allgemeine Unfallversicherungs-Gesellschaft,[4] eine Aktiengesellschaft als Spezialversicherer für die relativ neue Unfallversicherungssparte. Das Aktienkapital war mit einer Million Gulden ziemlich hoch, die Gesellschaft fand aber in zwei Zimmern der Generali-Direktion am Bauernmarkt 2 Platz.[5] Verkauft wurde die neue Sparte vorerst über die Agenturen der Generali; auch im Verwaltungsbereich arbeiteten beide Gesellschaft zusammen. Ab 1886 notierte die „Erste Österreichische“ an der Wiener Börse. 1895 kam dann als – im wahrsten Sinn – neue Sparte die Haftpflichtversicherung dazu, ebenso die Autoversicherung (Kasko). 1902 erwarb die Gesellschaft die Häuser Brandstätte 7 und Brandstätte 9, die abgerissen wurden. In den Neubau verlegte sie dann ihren neuen Unterneh-menssitz. Laufend erweiterte das Unternehmen das Spartenangebot auch auf die Elementarversicherung und dehnte sein Arbeitsgebiet auf die gesamte Monarchie sowie Deutschland, die Niederlande, Dänemark und Spanien aus.
Entwicklung 1918 bis 1970
Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs und dem Zusammenbruch der Monarchie (1918) war die Generali (mit Sitz in Triest) plötzlich eine italienische Gesellschaft. Die Niederlassung der Generali in Wien wurde damit zur Direktion für Österreich. Die „Erste Österreichische“ änderte, um ihre Position in den Nachfolgestaaten der Monarchie nicht zu schädigen, ihren Firmenwortlaut auf Erste Allgemeine Versicherungs-AG, unter welchem sie noch heute bekannt ist. Generali, Direktion für Österreich, und Erste Allgemeine arbeiteten parallel nebeneinander. Es gab auch Kooperationen, in den Elementarsparten herrschte allerdings eine Konkurrenzsituation. Deshalb übertrug die Generali 1939 ihren Bestand an Elementarversicherungen auf die Erste Allgemeine und konzentrierte sich danach auf die Lebens- und Transportversicherung. Die Erste Allgemeine profitierte zusätzlich von der Einführung der obligatorischen Kfz-Haftpflichtversicherung in Österreich ab 1931.[6]
Nach dem Jahr 1945 verloren Generali Österreich und Erste Allgemeine alle ihre Bestände und Besitzungen in den Ostblockstaaten. Auch in Österreich musste das Geschäft neu aufgebaut werden, da die Reserven – wie bei allen österreichischen und deutschen Versicherern – großteils in Reichsanleihen angelegt werden mussten und daher verloren waren. Der umfangreiche Hausbesitz war zum Teil schwer beschädigt. Aber nach der Schilling-Eröffnungsbilanz 1955 und dem Finanzausgleich zwischen Deutschland und Österreich und nach Einsetzen der Motorisierungswelle ging es steil bergauf, wobei sowohl Generali als auch Erste Allgemeine in sehr vielen Sparten die Marktführerschaft erlangten. Hatte die Generali bald nach 1945 begonnen, ihre Verwaltung mit Hilfe von Hollerith-(Lochkarten-)Maschinen zu vereinfachen, setzte das Computerzeitalter bei der Ersten Allge-meinen 1960 mit der Anschaffung eines UNIVAC Großcomputers ein.
1979 erregte der Brand des Kaufhauses Gerngross großes Aufsehen; die führende Gesellschaft im Versicherungskonsortium war dabei die Erste Allgemeine. Alleinversicherer hingegen war die Erste Allgemeine 2000 beim Brand der Gletscherbahn Kaprun mit vielen Toten.[7]
Der Weg zum Versicherungskonzern
Im Jahre 1977 wurde die Generali, Direktion für Österreich, in zwei Aktiengesellschaften übergeführt: die Generali Allgemeine Lebensversicherung AG (kurz Generali Leben) und die Generali Rückversicherung AG, beide mit Sitz in Wien. Ab 1987 traten Generali und Erste Allgemeine mit einem gemeinsamen Logo in der Öffentlichkeit auf. 1988 übersiedelten alle Konzerngesellschaften in die neuerbaute Generaldirektion in der Landskrongasse 1-3. Beim Bau dieses neuen Gebäudes war man auf Reste des alten römischen Militärlagers gestoßen. Die sofort einsetzende Notgrabung – finanziert von der Generali – verzögerte zwar den Bau, brachte aber wertvolle archäologische Erkenntnisse über die römische Zeit Wiens.[8]
Im Jahre 1990 wurde in Wien die EA-Generali AG, Wien als Holdinggesellschaft gegründet, die die österreichischen Gesellschaften, vor allem Erste Allgemeine und Generali Leben, und alle Töchter im Ausland steuert. Ein Jahr später kam noch die Interunfall Versicherung AG dazu, die im Tausch gegen die Wiener Allianz erworben wurde. Im Jahre 1998 wurden Erste Allgemeine und Generali Leben zur Generali Versicherung AG verschmolzen und die Holdinggesellschaft auf Generali Holding Vienna AG umbenannt. 2004 wurden die Interunfall in die Generali Versicherung übergeführt.
2006 erfolgte der Rückzug der Generali Aktie von der Wiener Börse, an der sie 120 Jahre notiert hatte. Bereits 1988, noch vor dem Fall des Eisernen Vorhangs, begann die Generali Österreich ihre Geschäftstätigkeit in die CEE-Staaten (Central and Eastern Europe) – ihr ehemaliges Ar-beitsgebiet bis 1945 – auszudehnen. Beginnend mit Ungarn wurden in Tschechien, der Slowakei, Polen, Rumänien, Bulgarien, Slowenien, Kroatien und Serbien Versicherungsgesellschaften entweder gekauft oder alleine bzw. als Joint Venture neu gegründet. Alle diese Gesellschaften wurden 2007 an die Muttergesellschaft in Triest verkauft.[9] 2007 übernahm die Generali die Mehrheit an der BAWAG P.S.K. Versicherung und ging zwei Jahre später eine Kooperation mit der BAWAG P.S.K. Bank und der Österreichische Postsparkasse AG ein. 2012 wurde die Immobilienvermittlung und -verwaltung der Generali Österreich von der Generali Real Estate S.p.A., Zweigniederlassung Österreich übernommen. Im selben Jahr erhielt die Generali das Audit „berufundfamilie“. 2015 wurde die Generali Rückversicherung AG mit der Generali Versicherung AG fusioniert.
Unternehmenssitz
Die erste Niederlassung in Wien war bescheiden und befand sich im Haus „zum schwarzen Bären“ (Lugeck 1). Nach dem Anstieg des Geschäftsumfangs wurde im Jahre 1880 ein eigens erbautes Haus am Bauernmarkt 2 bezogen. Dieses Haus, im Neu-Wiener Renaissance-Stil errichtet, wird heute vermietet. 1988 übersiedelten alle Konzerngesellschaften in die neuerbaute Generaldirektion in der Landskrongasse 1-3. Beim Bau dieses neuen Gebäudes war man auf Reste des alten römischen Militärlagers gestoßen. Die sofort einsetzende Notgrabung – finanziert von der Generali – verzögerte zwar den Bau, brachte aber wertvolle archäologische Erkenntnisse über die römische Zeit Wiens.[10]
siehe auch Generali-Bürohaus
Quellen
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Handelsgericht, B75/46: Handelsregister Ges 46/161, Providentia allgemeine Versicherungsgesellschaft in Wien; Providentia, vseobecná pojistovaci spolecnost ve Vidni; Providentia, ogólne towarzystwo ubezpieczen we Wiedniu; Providentia, altalános biztositó társaság Bécsben; Providentia, Compagnia d'Assicurazioni Generali in Vienna; La Providentia, Compagnie d'Assurances Générales á Vienne; Providentia, General Insurance Company in Vienna 1897 - 1909; --> 62/193
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Handelsgericht, B75/62: Handelsregister Ges 62/193, Providentia allgemeine Versicherungsgesellschaft in Wien 1909 - 1921, --> 65/170
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Handelsgericht, B75/65: Handelsregister Ges 65/170, "Providentia" allgemeine Versicherungs-Gesellschaft in Wien; Providentia, allgemeine Versicherungsgesellschaft; "Providentia", allgemeine Versicherungsgesellschaft (Wiener Providentia) 1922 - 31, vereinig. mit phoenix...
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Handelsgericht, B75/26: Handelsregister Ges 26/196, Erste Oesterreichische Allgemeine Unfall-Versicherungs-Gesellschaft 1882 - 1900
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Handelsgericht, B75/27: Handelsregister Ges 27/185, Erste Oesterreichische Allgemeine Unfall-Versicherungs-Gesellschaft 1901-1906
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Handelsgericht, B75/62: Handelsregister Ges 62/55, Erste Oesterreichische Allgemeine Unfall-Versicherungs-Gesellschaft 1906 - 1913
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Handelsgericht, B75/64: Handelsregister Ges 64/32, Erste Oesterreichische Allgemeine Unfall-Versicherungs-Gesellschaft; Erste Allgemeine Unfall- und Schadens-Versicherungs-Gesellschaft; Prima Compagnia di Assicurazioni Generali contro gli Infortuni e Danni di ogni Spezie; Elsö általános baleset-és kárbiztositó-tarsasag; Prvni vseobecná pojistovna proti úrazum a skodám; Pierwsze Powszechne Towarzystvo Ubezpieczen od wypadków i szkód; Prvo sveopcé osiguravajuce drustvo protiv nezgoda i steta; Prvo opcno zavarovalno drustvo proti nezgodam in skodi; Première Compagnie d'Assurances Génerales contre les Accidents et Dommages de toute Nature 1914-1927
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Handelsgericht B77/4: Handelsregister B 4/198, Erste Allgemeine Unfall- und Schadens-Versicherungs-Gesellschaft 1927 - 1939 fortsetz page 216
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Handelsgericht, A42/1: Firmenakt: Ges 7/50 Assicurazioni Generali
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Handelsgericht, B75/7: Handelsregister Ges 7 /50, Die Generalagentschaft in Wien der k.k. priv. Assicurazioni generali in Triest 1868 - 1882 --> 27/158
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Handelsgericht, B75/27: Handelsregister Ges 27/158, Die Generalagentschaft in Wien der k.k. priv. Assicurazioni generali in Triest 1882 - 1897 --> 31/249
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Handelsgericht, B75/31: Handelsregister Ges 31/249, Die Generalagentschaft in Wien der k.k. priv. Assicurazioni generali in Triest 1898 - 1900, 51/231
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Handelsgericht, B75/51: Handelsregister Ges 51/231, Die Generalagentschaft in Wien der k.k. priv. Assicurazioni generali in Triest 1900-1909, --> B 62/196
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Handelsgericht, B75/62: Handelsregister Ges 62/196, Die Generalagentschaft in Wien der k.k. priv. Assicurazioni generali in Triest; Assicurazioni Generali, Direktion für Oesterreich; Allgemeine Assekuranz Direktion für Oesterreich
Literatur
- Erste Allgemeine Versicherung, 100 Jahre Sicherheit. Wien o.J.
- Johann Hanslik : Genealogie der Versicherungsunternehmen Österreichs von den Anfängen bis zur Gegenwart. In: Wolfgang Rohrbach, Versicherungsgeschichte Österreichs. Bd. 3, Wien: A. Holzhausens Nfg. 1988, S. 1159 – 1207.
- Johann Hanslik: Sicherheit im Wandel der Zeit. Ein Überblick über das Versicherungswesen, Graz 1985
- Die Jahrhundertfeier der Assicurazioni Generali 1831 – 1931. Novara 1934
- Wolfgang Rohrbach (Hg.): Versicherungsgeschichte Österreichs, Bd. 1, 3. Wien 1988
- Gerhard Schreiber: Die Interunfall Versicherung und die Riunione Adriatica di Sicurtà in Wien (1890 – 2004). Dissertation Uni Wien 2007.
- Gerhard Schreiber/Renate Schreiber: Gut gebrüllt, Löwe! Die Generali Gruppe in Österreich 1977 –2011. Wien 2012
* Hans Urbanski: 150 Jahre Generali, 100 Jahre Erste Allgemeine. Ursprung, Geschichte und Motivation. Wien/Zürich/New York 1982
Einzelnachweise
- ↑ Wolfgang Rohrbach (Hg.): Versicherungsgeschichte Österreichs, Bd. 1, Wien: A. Holzhausens Nfg. 1988, S. 249-254.
- ↑ Hans Urbanski: 150 Jahre Generali, 100 Jahre Erste Allgemeine. Ursprung, Geschichte und Motivation. Wien/Zürich/New York: 1982, S. 36.
- ↑ Hans Urbanski: 150 Jahre Generali, 100 Jahre Erste Allgemeine. Ursprung, Geschichte und Motivation. Wien/Zürich/New York: 1982, S. 40.
- ↑ Die Jahrhundertfeier der Assicurazioni Generali 1831 – 1931. Novara 1934, S. 106.
- ↑ Hans Urbanski: 150 Jahre Generali, 100 Jahre Erste Allgemeine. Ursprung, Geschichte und Motivation. Wien/Zürich/New York: 1982, S. 43.
- ↑ Hans Urbanski: 150 Jahre Generali, 100 Jahre Erste Allgemeine. Ursprung, Geschichte und Motivation. Wien/Zürich/New York: 1982, S. 43-50.
- ↑ Gerhard Schreiber / Renate Schreiber: Gut gebrüllt, Löwe! Die Generali Gruppe in Österreich 1977 –2011. Wien 2012, S. 51-53.
- ↑ Schreiber / Schreiber, Gut gebrüllt, S. 75.
- ↑ Gerhard Schreiber/Renate Schreiber: Gut gebrüllt, Löwe! Die Generali Gruppe in Österreich 1977 –2011. Wien 2012, S. 10-17.
- ↑ Gerhard Schreiber / Renate Schreiber: Gut gebrüllt, Löwe! Die Generali Gruppe in Österreich 1977 – 2011. Wien 2012, S. 51-53, 75.