Bauernmarkt 2
1, Bauernmarkt 2 (Konskriptionsnummern 590 und 591), Freisingergasse 2, Jasomirgottstraße 7.
Hier standen einst zwei Gebäude:
Haus Stadt 590
Bereits 1327 wird hier ein Haus urkundlich erwähnt. Es handelte sich dabei um ein Patrizierhaus mit einer Kapelle, das im Besitz der Familie Eslarn stand und in der damaligen Münzerstraße (heute Teil des Bauernmarktes) lag. 1361 kam es in das Eigentum des Stifts Zwettl (siehe Graben 14-15). In der Folge wurde der Name "Zwettler Stiftshof" gebräuchlich. Durch die sich in diesem Haus befindliche Margaretenkapelle kam es immer wieder zu Verwechslungen mit dem benachbarten Margaretenhof (Bauernmarkt 2A). Es ist allerdings möglich, dass sich hier eine zweite Margaretenkapelle befunden haben könnte.
Als das Stift Zwettl große Schulden anhäufte, musste es seinen Wiener Besitz 1396 verkaufen. Es ist aber davon auszugehen, dass gewisse Wohnungen weiter dem Stift zur Verfügung standen (Abt Thomas starb hier am 2. Dezember 1427) und ein Wiedereinlösungsrecht für bessere Zeiten gewahrt blieb. Auch wenn es sich urkundlich nicht belegen lässt, scheint das Kloster in den letzten zwei Jahrzehnten des 15. Jahrhunderts wieder in den Besitz des Hauses gekommen zu sein.
Am 6. September 1511 überließ das Stift das Haus dem Wiener Bürger Anton Thurner unter folgenden Bedingungen als Leibgedinge:
- Dem Abt und seinen Begleitern musste jedes Mal, wenn sie nach Wien kamen, die vordere Stube und der Pferdestall zur Verfügung stehen, außerdem musste Thurner sie gratis verköstigen.
- Thurner musste auf seine Kosten einen Kaplan für die Margaretenkapelle bestellen, der dreimal wöchentlich eine heilige Messe zu lesen hatte. Dafür fiel ihm der Ertrag des Margaretenopfers und der Sammlung zu.
- Thurner wurde auch verpflichtet, jährlich zehn Gulden in die Instandhaltung des Hauses zu investieren. Dafür erhielt er auch die Rechte am Obstladen, der sich im Haus befand, allerdings erst nach Ablauf eines bestehenden Vertrages.
- Sollte es zum durch Thurner verschuldeten Brand des Hauses kommen, so hätte er für den Schaden aufkommen müssen. Im Falle, dass das Haus durch einen außen entstandenen Brand beschädigt oder vernichtet worden wäre, hätte das Stift den Schaden übernommen.
Am 26. Juli 1547 wurde das Haus Martin Thurner zu gleichen Bedingungen als Leibgedinge überlassen. Mit Vertrag vom 14. August 1585 trat das Stift dem Besitzer des Nachbarhauses eine Sakristei ab, die zwar zur Margaretenkapelle und damit zum Zwettler Stiftshaus gehörte, aber über die Toreinfahrt in den angrenzenden Margaretenhof hineinreichte.
1589 verzichtete die Witwe Martin Thurners gegen Zahlung von 200 Talern auf ihr Leibgedingerecht, das auch zwei Weingärten in Ottakring umfasste. Ausschlaggebend hierfür dürfte ihr hohes Alter sowie der schlechte bauliche Zustand des Hofes gewesen sein.
Verkauf durch Abt Ulrich Hackl
1591 tauschte das Stift dieses Haus gegen ein Haus bei Maria am Gestade (Kleiner Zwettlhof) ein, behielt aber die Rechte an der Margaretenkapelle. Dieser Tausch ist auch kirchenpolitisch interessant, da sowohl der damalige Abt des Stiftes Zwettl, Ulrich Hackl, als auch sein Freund Melchior Khlesl Konvertiten waren. Beide waren zum katholischen Glauben übergetreten, Priester geworden und hatten hohe geistliche Würden erlangt. Der spätere Kardinal Khlesl, der zur Zeit des Häusertausches noch "Direktor der Religionsreformation in Niederösterreich" und daher mit weitreichenden Vollmachten ausgestattet war, hatte den damaligen Passauer Renthof (siehe Passauer Hof unter Punkt 2c) auf Lebenszeit erhalten. Dieser war mit einem Schwibbogen mit dem Kleinen Zwettlhof verbunden und so konnten sich beide ungestört über wichtige kirchenpolitische Themen austauschen und Entscheidungen treffen. Hackl und Khlesl waren unter anderem dafür verantwortlich, dass Österreich nicht ganz protestantisch wurde.
Abt Ulrich Hackl war aber auch einer der bedeutendsten Äbte des Stiftes Zwettl. Er übernahm es in sehr schlechtem Zustand, brachte sein privates Vermögen ein, vermehrte dieses und führte das Stift so zu neuer Blüte. Sein Vermögen hinterließ er größtenteils wohltätigen Zwecken, bedachte aber auch das Bürgerspital sowie das Spital zu St. Marx mit Legaten. Außerdem widmete er 300 Dukaten den Jesuiten für den Bau ihres Kollegiums, 200 zur Errichtung der Barbarakapelle, 500 den Nonnen zu St. Jakob für ihr Klostergebäude und 10 zur Verteilung unter den Schwestern, 200 dem Kirchmeister zu St. Stephan, dem Franziskanerkloster 200 für ihre Kirche sowie 20 als Heiratsgut für acht arme Jungfrauen.
Unterschiedliche Schildnamen
Im 18. Jahrhundert übertrug sich der Name der Spezereiwarenhandlung "Zum grünen Fassel", die sich hier befand, auf das ganze Haus. Dieses Geschäft florierte so sehr, dass im Schilderverzeichnis von 1779 der Schildname "Zum goldenen Fassel" aufscheint. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde der Name in "Zum silbernen Rössel" geändert.
Von 1862 bis zum Abbruch 1879 gehörte das Gebäude den jeweiligen Besitzern des Hauses Stadt 591.
Haus Stadt 591
Dieses Haus lag neben dem Zwettler Stiftshof in der Jasomirgottstraße. 1376 wird es erstmals urkundlich erwähnt. 1873 kam es in den Besitz der Stadtbaugesellschaft, die es 1879 gemeinsam mit dem Nachbarhaus Stadt 490 abtragen ließ.
Neubau 1879
Im Jahr 1879 wurde anstelle der beiden oben genannten Häuser das heutige Gebäude nach Plänen von Otto Thienemann erbaut. Die Bildhauerarbeiten stammen von Rudolf Weyr und C. Feldscharek. Durch den Bau des Hauses, das von der "Assecurazioni Generali" errichtet wurde und als Bankgebäude diente, entstanden Kosten in der Höhe von 622.000 Gulden.
Gewerbe und Firmen innerhalb des Hauses im Laufe der Jahre
Haus Stadt 490:
- Obstladen
- Spezereiwarenhandlung "Zum grünen (beziehungsweise goldenen) Fassel"
Neubau 1897:
- Bankgebäude der Assecurazioni Generali
Literatur
- Paul Harrer-Lucienfeld: Wien, seine Häuser, Geschichte und Kultur. Band 1, 3. Teil. Wien ²1951 (Manuskript im WStLA), S. 711-718