Rudolf Weyr
Rudolf Weyr, * 22. März 1847 Wien, † 30. Oktober 1914 Wien, Bildhauer.
Biografie
Rudolf Weyr studierte von 1864 bis 1872 an der Akademie der bildenden Künste, wo Franz Bauer und Josef Cesar zu seinen Lehrern zählten. Danach besuchte er zwei Jahre lang das Polytechnikum und arbeitete nebenbei im Atelier von Josef Cesar, der die Aufmerksamkeit von Gottfried Semper und Carl von Hasenauer auf Weyr lenkte. Die beiden Architekten übertrugen ihm die Ausführung der großen Bogenzwickelfiguren über den Arkaden der Mittelrisalite des Kunsthistorischen Museums sowie der Hochreliefs mit den Personifikationen der wichtigsten europäischen Kunstzentren in den Bogenzwickeln über den Fenstern. Seinen Ruf begründete Weyr mit einer Simson- und Delila-Gruppe, für die er 1870 den Reichelpreis der Akademie erhielt. 1873 errang er den ersten Preis bei einem Wettbewerb um einen Medaillenentwurf für die Wiener Weltausstellung. Er nahm am Wettbewerb für das Grillparzerdenkmal teil. Von ihm stammen schließlich die Idee und die Reliefs mit Szenen aus Grillparzers Dramen, während die Figur von Carl Kundmann und die Architekturteile von Carl Hasenauer stammten. In den nächsten Jahren war Weyr bei den Ringstraßenbauten intensiv beschäftigt. Unter anderem verfertigte ein Standbild Karls VI. für das Kunsthistorische Museum an der Fassade zum Maria-Theresien-Platz und arbeitete für das Naturhistorische Museum (Marmor-Statuen von Jöns Jakob Berzelius und Alexander von Humboldt im Hauptstiegenhaus, Wappen tragende Putti sowie Zwickelfiguren in der Oberen Kuppelhalle und die Karyatiden im Saal IV und X), das Burgtheater (Zwickelfiguren an den Fenstern der Hauptfassade, bildhauerischen Ausgestaltung des Plafonds im Zuschauerraum und Proszenium) und die Universität (Allegorische Figuren an der Fassade). Für das Friesrelief "Bacchantenzug" am Burgtheater erhielt er der Künstler die Carl-Ludwig-Medaille. Rudolf Weyr gestaltete außerdem zwei Bronzetüre am Equitablepalais (1890/1891), die Szenen aus der "Stock im Eisen-Sage“ zeigen, weiters schuf er die Giebelgruppe der Hermesvilla (Flora und Diana). Zu den Hauptwerken des Künstlers zählen der Monumentalbrunnen "Macht zur See" an der Fassade des Michaelertrakts der Hofburg (1895) und die beiden Bronzelöwen auf den Mauerpfeilern der Nußdorfer Sperrbrücke (1894-1998) und das Relief Karls des Großen an der Peterskirche (1906). Das Denkmal für Ludwig Wilhelm Mauthner (1899) im Arkadenhof der Universität, das Canondenkmal (1905) am Rand des Stadtparks und das Brahmsdenkmal am Karlsplatz stammen ebenso von Weyr wie das Denkmal für die Opfer des Ringtheaterbrandes und die Grabmäler für Josef Weinlechner [1909] und Carl von Lützow auf dem Zentralfriedhof. Durch die Hochzeit mit der späteren Schriftstellerin Marie Uhl wurde Rudolf Weyr 1882 Schwiegersohn des Journalisten Friedrich Uhl. Weyr war in seinem Bereich der bedeutendste Vertreter des Neobarock und neben Viktor Tilgner der maßgebende Vertreter der Bildhauerei der Makartzeit. Sein Staatsatelier befand sich hinter der Rotunde. Ab 1889 war er Professor am Polytechnikum, sowie 1898 und 1901 Vorstand der Wiener Künstlergenossenschaft. Außerdem wurde er Ehrenmitglied der k. k. Akademie der bildenden Künste, deren Präsident er 1911/1912 war. 1911 erhob ihn Kaiser Franz Joseph in den Ritterstand.
Im 3. Bezirk erinnert die Weyrgasse an den Bildhauer.
Literatur
- Isabella Ackerl / Friedrich Weissensteiner: Österreichisches Personenlexikon [der Ersten und Zweiten Republik]. Wien: Ueberreuter 1992
- Ulrich Thieme / Felix Becker [Hg.]: Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. 37 Bände. Leipzig: Engelmann 1907-1950
- Constantin von Wurzbach: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Österreich. Enthaltend die Lebensskizzen der denkwürdigen Personen, welche 1750 bis 1850 im Kaiserstaate und in seinen Kronländern gelebt haben. 60 Bände. Wien: Verlag der typografisch-literarisch-artistischen Anstalt 1856-1891. Register 1923
- Geschichte der Stadt Wien. Hg. vom Altertumsverein zu Wien. Wien: Holzhausen 1897-1918, Nummer 7/1, S. 219 f., 224, 227
- Walter Wagner: Geschichte der Akademie der bildenden Künste in Wien. Wien: Rosenbaum 1967 (Veröffentlichungen der Akademie der Bildenden Künste in Wien, N.F. 1), S. 445
- Justus Schmidt / Hans Tietze: Dehio Wien. Wien: A. Schroll 1954 (Bundesdenkmalamt: Die Kunstdenkmäler Österreichs), Register
- Paul Kortz: Wien am Anfang des 20. Jahrhunderts. Ein Führer in technischer und künstlerischer Richtung. Hg. vom Oesterreichischen Ingenieur und Architekten-Verein. Wien: Gerlach & Wiedling 1905. Band 1, 1905, S. 327
- Paul Kortz: Wien am Anfang des 20. Jahrhunderts. Ein Führer in technischer und künstlerischer Richtung. Hg. vom Oesterreichischen Ingenieur und Architekten-Verein. Wien: Gerlach & Wiedling 1906. Band 2, 1906, Register
- Hermann Clemens Kosel: Deutsch-österreichisches Künstler- und Schriftsteller-Lexikon. Band 1: Biographien der Wiener Künstler und Schriftsteller. Wien: Verlag der Gesellschaft für Graphische Industrie 1902, S. 159 f.
- Gerhardt Kapner: Freiplastik in Wien. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1970, S. 340, 343, 364, 402, 466
- Döbling. Eine Heimatkunde des 19. Wiener Bezirkes in drei Bänden. Hg. von Döblinger Lehrern. Wien: Selbstverlag der Arbeitsgemeinschaft "Heimatkunde Döbling" 1922, S. 417
- Sylvia Mattl-Wurm [Red.]: Interieurs. Wiener Künstlerwohnungen 1830-1930. Wien: Eigenverlag 1990 (Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien, 138), S. 178