Georg Wilhelm Pabst
Georg Wilhelm (G. W.) Pabst, * 27. August 1885 Raudnitz, Böhmen (Roudnice, Tschechische Republik), † 29. Mai 1967 Wien 13, Schauspieler, Filmregisseur.
Biographie
Georg Wilhelm Pabst war der Sohn des Eisenbahnbeamten August Pabst und seiner Frau Elisabeth (geborene Noe). Wie seine um zwei Jahre ältere Schwester Viola ergriff auch Georg Wilhelm Pabst den Schauspielberuf und begann 1901 seine Ausbildung am Konservatorium. Erste Engagements führten Pabst in die Schweiz, nach Deutschland, nach Salzburg und schließlich wieder zurück nach Wien, bevor er 1911 nach New York ging, um hier an deutschen Theatern zu spielen und Regie zu führen. 1914 wollte er nach Österreich zurückkehren. Sein Schiff wurde aber von der französischen Marine aufgegriffen und er selbst als Angehöriger einer Nation, mit der Frankreich im Krieg lag, inhaftiert. Im Gefangenlager in der Nähe von Brest organisierte er Theateraufführungen mit seinen Mitgefangenen und lernte Willi Hennings kennen, dessen Schwester Gertrude er 1924 heiratete. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde G. W. Pabst an das Deutsche Theater in Prag engagiert, kam aber sehr bald zum Film. In "Im Banne der Kralle" hatte er 1921 seinen ersten und einzigen Auftritt als Darsteller in einem Film.
Das Stummfilmdrama "Die freudlose Gasse" nach Hugo Bettauers Roman mit Werner Krauss und Greta Garbo in den Hauptrollen begründete 1925 Pabsts Ruf als führender Regisseur des deutschen Filmrealismus. 1926 folgten das "psychoanalytische Kammerspiel" "Geheimnisse einer Seele" und "Man spielt nicht mit der Liebe". Mit "Die Liebe der Jeanne Ney" gelang Pabst 1928 der Sprung nach Amerika. Im selben Jahr gründete er gemeinsam mit anderen Kulturschaffenden wie Käthe Kollwitz, Kurt Tucholsky und Heinrich Mann den "Volksverband für Filmkunst" (später "Volks-Film-Verband"). Seine letzten Stummfilme drehte Pabst 1929: "Die Büchse der Pandora" und "Tagebuch einer Verlorenen" sowie als Co-Regisseur von Arnold Franck das Bergfilmdrama "Die weiße Hölle vom Piz Palü". 1930 drehte Pabst seinen ersten Tonfilm, das Antikriegsdrama "Westfront 1918".
Von verschieden motivierten Konflikten war die Verfilmung der "Dreigroschenoper" überschattet. Der Autor Bertolt Brecht wollte das Drehbuch noch radikaler als die Bühnenfassung gestalten und war schließlich von der Produktion ausgeschlossen worden, wogegen er klagte, während nationalsozialistische Politiker religiöse Gefühle verletzt und die Moral gefährdet sahen. 1933 wurde der Film verboten. Während Hitlers Machtergreifung hielt sich Pabst in Frankreich auf, um "Don Quichotte" zu drehen. Noch 1933 reiste er weiter nach Los Angeles. Da er in Hollywood nicht Fuß fassen konnte, kehrte er 1936 noch einmal nach Frankreich zurück. Die französische Staatsbürgerschaft lehnte er ab. Pabst hatte bereits seine Abreise nach Amerika organisiert, als der Zweite Weltkrieg ausbrach und er gezwungen war, in Deutschland zu bleiben. In den Münchner Bavaria-Studios drehte er 1940 den Film "Komödianten", der durchaus das Wohlwollen der NS-Machthaber fand, das Prädikat "politisch und künstlerisch besonders wertvoll" erhielt und 1941 beim Filmfestival in Venedig mit dem Preis für die beste Regie ausgezeichnet wurde. Wie "Komödianten" behandelte auch der 1943 fertiggestellte Film "Paracelsus" einen historischen Stoff und wurde ebenfalls sehr positiv aufgenommen. Im August 1944 begann Pabst in Prag mit den Dreharbeiten für "Der Fall Molander". Der Film konnte wegen des Kriegsendes nicht fertiggestellt werden.
Nach dem Krieg arbeitete er als Regisseur in Österreich, Deutschland und Italien. Für die Arena di Verona inszenierte er 1953 "Aida", "Il Trovatore" und "La forza del destino". Damals setzte er sich unter anderem auch mit den Themen Antisemitismus - wie in "Der Prozeß" (1947) - und Nationalsozialismus - wie in "Der letzte Akt" (mit Albin Skoda, Oskar Werner und Lotte Tobisch, mitproduziert von Carl Szokoll) und "Es geschah am 20. Juli" (beide 1955) – auseinander.
Pabst letzter Spielfilm war zugleich sein erster und einziger Farbfilm: "Durch die Wälder, durch die Auen" (1956), eine Episode aus dem Leben Carl Maria von Webers.
Ehrenring der Stadt Wien (1948). Georg-Wilhelm-Pabst-Gasse.
Literatur
- Kürschners biographisches Theater-Handbuch. Hrsg. von Herbert A. Frenzel [u.a.]. Berlin: de Gruyter 1956
- Robert Teichl: Österreicher der Gegenwart. Lexikon schöpferischer und schaffender Zeitgenossen. Wien: Verlag der Österreichischen Staatsdruckerei 1951
- Isabella Ackerl / Friedrich Weissensteiner: Österreichisches Personen Lexikon der Ersten und Zweiten Republik. Wien: Ueberreuter 1992
- Hans Havelka: Zentralfriedhof. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1983 (Wiener Bezirkskulturführer, 30)
- Rathauskorrespondenz, 26.08.1955, 25.08.1960, 25.08.1965, 26.05.1977
- Eric Rentschler [Hg.]: The Films of G. W. Pabst. An Extraterritorial Cinema. New Brunswick / London: Rutgers University Press 1990
- Wolfgang Jacobsen: G. W. Pabst. Berlin: Argon 1997
- Gerhard Koll: Pandoras Schätze. Erotikkonzeptionen in den Stummfilmen von G. W. Pabst. München: Schaudig, Bauer, Ledig 1998 (Diskurs Film : Bibliothek, 14)