Lotte Tobisch
Lotte Tobisch, * 28. März 1926 Wien, † 19. Oktober 2019 Baden bei Wien, Schauspielerin, Autorin, Organisatorin.
Biografie
Lotte Tobisch (Lotte Tobisch von Labotýn) stammte aus einer ehemals adeligen Familie, deren Wurzeln sich bis in das Mittelalter zurückverfolgen lassen. Ihren Schauspielunterricht erhielt sie ab 1943 bei Raoul Aslan und am Horak-Konservatorium (heute: Franz Schubert Konservatorium).
Ihr Theaterdebüt gab sie 1945 am Burgtheater im Ronacher. Aufgrund ihrer Lebensgemeinschaft mit dem Dramaturgen des Burgtheaters, Erhard Buschbeck, wurde Tobischs Vertrag 1949 auf ihren Wunsch hin gelöst und sie arbeitete in den folgenden Jahren als freischaffende Schauspielerin an zahlreichen deutschsprachigen Bühnen, etwa an der Komödie Basel, wo sie in Somerset Maughams "Finden Sie, dass Constanze sich richtig verhält?" erfolgreich auftrat.
Tobisch arbeitete auch für Rundfunk, Fernsehen und Film. Besondere Bekanntheit erreichte sie als Eva Braun in G. W. Pabsts Anti-Hitler-Film "Der letzte Akt" (1955) mit Albin Skoda und Oskar Werner. In der Verfilmung der Mozart-Oper "Don Giovanni" (1955) stellte sie die Donna Elvira dar und wurde dabei von der Sopranistin Anny Felbermayer synchronisiert. Im Fernsehen trat sie unter anderem mit Karl Farkas, Käthe Gold und Adrienne Gessner auf. Zudem wirkte sie als Rezensentin in der Sendung "Die Welt des Buches" mit und verfasste ab 1962 Artikel über Literatur für verschiedene Wochenzeitschriften.
Nach Erhard Buschbecks Tod 1960 kehrte sie als Ensemblemitglied ans Burgtheater zurück. Besonders fiel sie als Fürstin von Cythera in "Zerbinettas Befreiung", als Fee Rosalinde in "Der Barometermacher auf der Zauberinsel", als Lady Jedburgh in "Lady Windermeres Fächer", als Louise in "Alles im Garten", als die Fee Aprikosa in "Der Diamant des Geisterkönigs" oder als die Gräfin Helena in "Das Käthchen von Heilbronn" auf. Ab 1962 war Lotte Tobisch Mitglied des künstlerischen Betriebsrates des Burgtheaters, von 1974 bis 1987 dessen "stellvertretender Obmann".
1962 gab sie unter dem Titel "Mimus austriacus" Schriften aus dem Nachlass Erhard Buschbecks heraus. In den 1960er Jahren war Lotte Tobisch mit dem Philosophen und Soziologen Theodor W. Adorno befreundet. Ihr Briefwechsel wurde 2003 in Buchform veröffentlicht.
1980 übernahm Lotte Tobisch in Nachfolge von Christl Schönfeldt die Organisation des Wiener Opernballs. Diese Funktion hatte sie bis 1996 inne.
Danach war sie verstärkt karitativ tätig. Sie war Ehrenpräsidentin der Österreichischen Alzheimer-Gesellschaft und Schirmherrin des Vereins "Kunst auf Rädern", einer Organisation, die sich um die kulturelle Betreuung von Menschen in Alters- oder Pflegeheimen annimmt. Bis ins hohe Alter schrieb sie regelmäßig Kolumnen und war gern gesehener Gast in Talkshows. Besonders engagierte sie sich für das Hilde-Wagener-Künstlerheim in Baden, dessen Präsidentin sie war und wo sie im Oktober 2019 verstarb.
Quellen
Literatur
- Tanja Gausterer: "Jede versäumte Stunde ist auf Ewigkeit verloren". Der drohende Verlust des Partners in Lotte Tobischs Tagebuch. In: Ausnahmezustand. Krisen und Konflikte aus dem Archiv. Hg. von Tanja Gausterer / Arnhilt Inguglia-Höfle / Susanne Rettenwander / Kyra Waldner. Göttingen: Wallenstein Verlag 2024, S. 189–197
- Tanja Gausterer / Kyra Waldner: "Wiener Salondame? Ein Albtraum!" Lotte Tobisch - Charme, Engagement, Courage. Salzburg, Wien: Residenz 2022
- Harald Klauhs: Dame wider Willen. Die sieben Leben der Lotte Tobisch. Salzburg, Wien: Residenz 2022
- Lotte Tobisch: Auf den Punkt gebracht. Ansichten einer Lady. Wien: Amalthea 2019
- Lotte Tobisch: Alter ist nichts für Phantasielose. Aufgezeichnet von Michael Fritthum. Wien: Amalthea 2016
- Lotte Tobisch: Langweilig war mir nie. Wien: Brandstätter 2013
- Michael Fritthum: Von k. u. k. zu KhK. Die Geschichte von Künstler helfen Künstlern und dem Künstlerheim in Baden. Hg. von Lotte Tobisch-Labotýn. Berndorf: Kral 2006
- Theodor W. Adorno − Lotte Tobisch: Der private Briefwechsel. Hg. von Bernhard Kraller und Heinz Steinert. Graz: Droschl 2003
- Lucien O. Meysels: Die Welt der Lotte Tobisch. Wien: Edition Va Bene 2002
Lotte Tobisch im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.