Israelitischer Tempel- und Schulverein
48° 11' 39.52" N, 16° 20' 39.22" E zur Karte im Wien Kulturgut
Vereinsgeschichte
Der „Israelitische Tempel- und Schulverein“ mit dem Sitz in 6., Stumpergasse 42, gleichenorts mit der Vereinssynagoge des Israelitischen Tempel- und Schulvereins 6, Stumpergasse 42 wurde 1893 gegründet und bestand bis 1938. Der Proponent Leopold Werter, Kaffeesieder, 1893 wohnhaft in 6., Hofmühlgasse 7, reichte die Statuten des „Talmud Thora-und Bethausvereins im VI. Bezirke“ im April 1893 bei der Vereinsbehörde Niederösterreichischen Statthalterei ein. Der Vereinszweck lautete "für die Erhaltung eines israelitischen Bethauses im 6. Bezirke Wiens und für die ordnungsgemäße Abhaltung des israelitischen Gottesdienstes nach dem orthodoxen Ritus in demselben Sorge zu tragen" (Statut 1893, § 1), sowie "die Errichtung einer Religionsschule (Talmud-Thora)", die den Kindern der Vereinsmitglieder "unentgeltlich Unterricht im Hebräischen" geben sollte. „Dem Vorstande bleibt auch das Recht vorbehalten, Kinder von Nichtmitgliedern in die genannte Schule aufzunehmen und diesen gleichfalls unentgeltlichen Unterricht ertheilen zu lassen“ (§ 2). Die finanziellen Mittel setzten sich aus Jahresbeiträgen, aus dem Erlös der Verpachtung von Betsitzen, Spenden, Legaten und Stiftungen zusammen (§ 3). Mitglieder konnte „jede in Wien domicilierende Person israelitischer Religion“ werden (§ 4). Im Jahr 1896 erfuhr der Verein eine Umbildung und hieß ab diesem Zeitpunkt "Israelitischer Tempel- und Schulverein", der Vereinszweck war "seinen Mitgliedern einen würdigen Gottesdienst im Vereins-Tempel zu ermöglichen, sowie einen unentgeltlichen Religionsunterricht für die Kinder und Mündel seiner Mitglieder (…) zu erhalten" (Statut 1896, § 2). Der Vereinsvorstand entschied darüber, ob auch Kinder von Nichtmitgliedern am Unterricht teilnehmen durften. Unter Punkt k) des Paragraphen V der Statuten von 1896 "Rechte und Begünstigungen der Mitglieder" war die "Seelenandacht" angeführt. Es musste dafür gesorgt werden, dass für jedes verstorbene Mitglied des Vereines während der Trauerzeit von 30 Tagen an den Sterbetagen das Kaddischgebet (Heiligungsgebet) "im Vereinstempel" gesagt wurde. Gemäß den Statuten bestand die Synagoge des Israelitischen Tempel- und Schulvereins in jedem Fall ab dem Jahr 1896 oder früher und hatte 200 Sitzplätze[1].Der Verein wurde nach 1945 nicht wieder begründet.
Arisierung und Vereinsauflösung 1938/1939
Die Auflösung des „Tempel- und Schulvereins“ und dessen Löschung aus dem Vereinsregister und Eingliederung in die orthodoxe Weltvereinigung Agudas Jisroel erfolgte durch die Behörde Stillhaltekommissar für Vereine, Organisationen und Verbände im Laufe des Jahres 1939[2]
Vereinsvorstand 1896
- Präsident: Leopod Werter
- Schriftführer: Max Keller
Vereinsvorstand 1930
Präsident: Moritz N. (?) Schriftführer: Samuel Zeisler Kassier: Nathan Pollak, 1930 wohnhaft in 6., Liniengasse 2
Vereinsvorstand 1938
Die Stelle des letzten Obmanns des Israelitischen Tempel- und Schulvereins bekleidete Abraham Frenkel[3]
Der „Israelitische Tempel- und Schulverein“ als private Talmud-Thora-Schule
Der „Israelitische Tempel- und Schulverein“ wurde als private „Talmud-Thora-Schule“ für den jüdischen Religionsunterricht vom Stadtschulrat für Wien im September 1930 zur Kenntnis genommen und genehmigt[4]
Quellen
- Österreichisches Staatsarchiv, Archiv der Republik, Stillhaltekommissar Wien: IV Ac 31 A 6/3, Schachtel 556 und R 13, Schachtel 571.
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, M. Abt. 119, A 32: 2985/1930
Literatur
- Elisheva Shirion: Gedenkbuch der Synagogen und Jüdischen Gemeinden Österreichs. Hg. Vom Synagogen Memorial, Jerusalem. Wien: Berger-Horn 2012 (Synagogen Gedenkbücher Deutschland und Deutschsprachige Gebiete, 5 Österreich), S. 68 f.
Einzelnachweise
- ↑ Wiener Stadt- und Landesarchiv, M. Abt. 119, A 32: 2985/1930 und Elisheva Shirion: Gedenkbuch der Synagogen und Jüdischen Gemeinden Österreichs. Hg. Vom Synagogen Memorial, Jerusalem. Wien: Berger-Horn 2012 (Synagogen Gedenkbücher Deutschland und Deutschsprachige Gebiete, 5 Österreich), S. 68 f
- ↑ Österreichisches Staatsarchiv, Archiv der Republik, Stillhaltekommissar Wien: IV Ac 31 A 6/3, Schachtel 556 und 31 R 13, Schachtel 571 und Wiener Stadt- und Landesarchiv, M. Abt. 119, A 32: 2985/1930.
- ↑ Österreichisches Staatsarchiv, Archiv der Republik, Stillhaltekommissar Wien IV Ac 31: A 6/3, Schachtel 556.
- ↑ Anno Verordnungsblatt des Stadtschulrates für Wien, Jg. 1930, Stück XIV, 15. September 1930.