Kantor

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Letzte Änderung am 22.09.2020 durch WIEN1.lanm08mic


Kantor (lateinisch cantor = Sänger), Leiter eines Kirchenchors.

  1. Im mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Wien wurden solche Chöre aus Schülern der Pfarrschulen zu St. Stephan (Bürgerschule), St. Michael und im Schottenstift gebildet; ihnen oblag die musikalische Gestaltung der Gottesdienste. Der Kantor war für die Ausbildung und die Disziplin der Chormitglieder und die Einstudierung der Musikstücke verantwortlich. Bei St. Stephan gehörte der Kantor zum Lehrpersonal der Bürgerschule und wohnte mit seinen Sing-Schülern in der Kantorei (Teil der dem Dom westlich vorgelagert gewesenen Häuserzeile, erstmals 1415 erwähnt, Neubau 1664, Aufstockung 1749, Abbruch 1803), die südliche an die Maria-Magdalenen-Kapelle stieß. 1460 wurde eine Kantoreiordnung erlassen. Ab 1663 führten die Kantoren den Amtstitel „Kapellmeister bei St. Stephan" (beispielsweise 1712-1715 Johann Joseph Fux, 1793-1809 Johann Georg Albrechtsberger; Joseph Haydn war 1740-1749 unter Kapellmeister Georg Reutter Chorknabe zu St. Stephan.
  2. Von den Kantoren der Bürgerschule sind jene des Kollegiat-(Dom-)kapitels von St. Stephan zu unterscheiden, die als Kapitelmitglieder dem geistlichen Stand angehörten und für den liturgischen Gesang dieser Körperschaft verantwortlich waren.
  3. Bei St. Michael fungierte der Schulmeister bis zur Auflassung der Schule (1620) gleichzeitig als Kantor. An seine Stelle trat dann ein eigens besoldeter Kantor
  4. Bei der (weltlichen) Schule am Schottenstift waren die Funktionen des Schulmeisters und des Kantors überwiegend vereint.

Literatur

  • Hans Brunner: Die Kantorei bei St. Stephan in Wien. Wien: Verl. "Albrecht Dürer" 1948
  • Hermann Zschokke: Geschichte des Metropolitan-Capitels zum heiligen Stephan in Wien. Wien: Konegen 1895, S. 278 ff.
  • Karl Albrecht-Weinberger [Hg.]: St. Michael. Stadtpfarrkirche und Künstlerpfarre von Wien, 1288 - 1988 ; Historisches Museum der Stadt Wien, 26. Mai - 2. Oktober 1988. Wien: Eigenverl. d. Museen d. Stadt Wien, S. 28 f., S. 55 ff. (Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien, 113)
  • Cölestin Roman Rapf: Das Schottenstift. Wien [u.a.]: Zsolnay 1974 (Wiener Geschichtsbücher, 13), S. 93f.
  • Walther Brauneis: Zur Topographie des Stephansplatzes. In: Wiener Geschichtsblätter 26 (1971), S. 161 ff.