Constantin von Economo, * 21. August 1876 Braila, Rumänien, † 21. Oktober 1931 Wien, Neurologe, Hirnforscher.
Biografie
Economo entstammte einer angesehenen griechischen Familie, studierte zunächst auf Wunsch des Vaters an der Technischen Hochschule Wien Maschinenbau, wandte sich jedoch 1895 der Medizin zu (Dr. med. univ. 1901). Schon während seiner Studienzeit führte Economo bei den Histologen Viktor Ritter von Ebner-Rofenstein und Josef Schaffer sowie beim Physiologen Sigmund Exner-Ewarten und beim Neurologen Heinrich Obersteiner morphologische und experimentelle Studien zur Hirnanatomie durch. Nach der Promotion war er ein Jahr Hospitant an der I. Medizinischen Universitäts-Klinik bei Hermann Nothnagel, ehe er eine Studienreise nach Paris, Nancy, München, Berlin und Triest unternahm.
1906 erhielt er eine unbesoldete Assistentsstelle an der Neurologischen-Psychiatrischen Universitäts-Klinik unter Julius Wagner-Jauregg (Habilitation 1913, ao. Prof. 1920). 1914-1916 freiwillig als Flieger im Kriegsdienst, kehrte er 1917 an seine frühere Arbeitsstätte zurück. Damals beschrieb er ein neues Krankheitsbild mit abnormen Schlafstörungen, Kau- und Schluckstörungen, die „Encephalitis lethargica", deren entzündlichen und infektiösen Charakter er nachweisen konnte. Mit Georg Koskinas begann er das Monumentalwerk „Die Cytoarchitektonik der Großhirnrinde des erwachsenen Menschen" (1925). Mehrere Berufungen ins Ausland lehnte er ab und verzichtete auch auf die Nachfolge Wagner-Jaureggs. 1928 wurde er Vorstand des Psychiatrischen Vereins. Entwicklungsgeschichtliche Studien am Gehirn führten Economo zur Konzeption der Theorie von der „progressiven Cerebration" beim Menschen (entsprechend der Verbesserung der Strukturqualität des Gehirns käme auch ein Aufstieg der menschlichen Kultur zustande). 1931 - wenige Monate vor seinem Tod - gelang es Economo unter Mithilfe von Otto Pötzl, dem Nachfolger Wagner-Jaureggs, eine eigene „Hirnforschungs-Abteilung der Psychiatrischen Klinik" zu begründen.
Pionierleistungen vollbrachte Economo auch auf dem Gebiet des Flugwesens; er war Mitbegründer der Flugfelder Aspern und Wiener Neustadt, besaß den Feldpilotenschein Nummer 1 (ehrenhalber als freiwilliger Teilnehmer an Manövern in Südungarn) und das Patent Nummer 7 (13. Juli 1910) als Flugzeug- und Ballonführer. 1910-1927 war er Präsident des Österreichischen Aero-Clubs. Den Sommer verbrachte Economo gewöhnlich auf seinem Schloß Gerasdorf bei Neunkirchen. Seine Gattin (10. Juni 1919) war Caroline Prinzessin Schönburg-Hartenstein (1892-1986).
Quellen
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Totenbeschreibamt, A1.25611/1931: Totenbeschaubefund, Grabanweisung: Baron Economo Constantin
- Meldezettel von Constantin Economo (WStLA, BPD Wien: Historische Meldeunterlagen, K11)
Literatur
- Helmut Wyklicky: Economo als Psychiater. In: Österreichische Ärztezeitung. Organ der Österreichischen Ärztekammer 37 (1982), S. 533 ff.
- Ludo van Bogaert / Jean Theodorides: Constantin von Economo. The Man and the Scientist. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaft 1979
- Karl F. Stock / Rudolf Heilinger / Marylène Stock: Personalbibliographien österreichischer Dichter und Schriftsteller von den Anfängen bis zur Gegenwart. Pullach bei München: Verlag Dokumentation 1972
- Josef Mayerhöfer: Lexikon der Geschichte der Naturwissenschaften. Biographien, Sachwörter und Bibliographien. Wien: Hollinek 1959-1972
- Unsere Heimat. Zeitschrift für Landeskunde von Niederösterreich 37 (1966), S. 43
- Wiener klinische Wochenschrift 78 (1966), S. 729 ff.
- Erna Lesky: Die Wiener medizinische Schule im 19. Jahrhundert. Wien [u.a.]: Böhlau 1965 (Studien zur Geschichte der Universität Wien, 6), Register
- Isidor Fischer [Hg.]: Biographisches Lexikon der hervorragenden Ärzte der letzten fünfzig Jahre. Band 1: Aaser-Komoto. München: Urban & Schwarzenberg 1962
- Kurt Kolle [Hg.]: Große Nervenärzte. Band 2. Stuttgart: Thieme 1959, S. 180 ff.
- Neue österreichische Biographie. 1815 – 1918. Band 10. Wien [u.a.]: Amalthea-Verlag 1957
- Wiener klinische Wochenschrift 68 (1956), S. 861 ff.
- Österreichisches biographisches Lexikon 1815–1950. Hg. von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften / Wien/Graz: Böhlau 1954-lfd.
- Wiener medizinische Wochenschrift 101 (1951), S. 907
- Zeitschrift der Gesellschaft Neurologischer Psychiatrie 139 (1932), S. 649 ff.
- Otto Marburg: "Konstantin Economo Freiherr von San Serf". In: Deutsche Zeitschrift für Nervenheilkunde 123 (1932) 5+6, S. 219-229
- Karoline von Economo / Julius von Wagner-Jauregg: Constantin Freiherr von Economo. Sein Leben und Wirken. Wien: Mayer & Co. 1932 (mit Werksverzeichnis)
- Münchner medizinische Wochenschrift 78 (1931), S. 2161 ff.
- Wiener medizinische Wochenschrift 81 (1931), S. 1450 f.
- Wiener klinische Wochenschrift 44 (1931), S. 1384 ff.
- Das Jahrbuch der Wiener Gesellschaft. Biographische Beiträge zur Wiener Zeitgeschichte. Hg. von Franz Planer. Wien: F. Planer 1929
Constantin von Economo im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.