Kurt Waldheim
Kurt Waldheim, * 21. Dezember 1918 St. Andrä-Wördern, † 14. Juni 2007 Wien, Diplomat, Politiker.
Biographie
Der gebürtige Niederösterreicher besuchte das Gymnasium in Korneuburg (Matura 1936) und absolvierte in Folge einen einjährigen Militärdienst beim österreichischen Bundesheer. Danach besuchte er die Konsularakademie und begann ein Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Wien. Nach dem "Anschluss" Österreichs wurde der Reserveoffizier im Sommer 1938 zur deutschen Wehrmacht eingezogen. Im Zweiten Weltkrieg war er vor allem als Ordonanz- und Verbindungsoffizier an verschiedenen Orten eingesetzt, unter anderem in Frankreich, Jugoslawien und Griechenland. Sein dadurch immer wieder unterbrochenes Studium konnte er 1944 mit der Promotion zum Dr. iur. beenden.
1945 trat Waldheim in den diplomatischen Dienst der Republik Österreich ein und fungierte ab 1947 als Sekretär von Außenminister Karl Gruber. Ab 1948 wirkte er als Legationssekretär an der österreichischen Botschaft in Paris, von 1951 bis 1955 war er Leiter der Personalabteilung im Ministerium. 1955 wurde er zum Ständigen Beobachter Österreichs bei den Vereinten Nationen (UNO) ernannt, 1956 wechselte er als Botschafter nach Kanada. Ab 1960 war er wieder im Außenamt in Wien tätig, unter anderem als Politischer Direktor.
1964 übernahm der Diplomat erneut die Vertretung bei den Vereinten Nationen, 1968 wurde er als Nachfolger von Lujo Tončić-Sorinj zum Bundesminister für Auswärtige Angelegenheiten in der ÖVP-Alleinregierung bestellt. In seine Amtszeit fällt der Abschluss des sogenannten "Südtirol-Pakets", das 1972 in Kraft trat und Italien verpflichtete, die gesetzlichen Voraussetzungen für die Autonomie Südtirols zu schaffen. Nach dem Regierungswechsel 1970 kehrte Waldheim als Botschafter an den UNO-Hauptsitz in New York zurück. Im Bundespräsidentenwahlkampf 1971 nominierte die ÖVP den Parteilosen als ihren Kandidaten; er unterlag dem Amtsinhaber Franz Jonas mit 47,2 Prozent der gültigen Stimmen.
Im Dezember 1971 wurde Waldheim zum Generalsekretär der Vereinten Nationen gewählt und 1976 im Amt bestätigt. In seiner bis Jahresende 1981 dauernden Funktionsperiode fällt die Eröffnung des Vienna International Centre (1979), das Wien zum offiziellen (dritten) Amtssitz der UNO machte. Nach seinem Ausscheiden von der Spitze der Weltorganisation nahm der Diplomat eine Gastprofessur an der Georgetown University in Washington D.C. an und kehrte schließlich nach Österreich zurück.
1986 bewarb sich Waldheim zum zweiten Mal für das Amt des österreichischen Bundespräsidenten und wurde in der Stichwahl mit 53,9 Prozent der gültigen Stimmen zum österreichischen Staatsoberhaupt gewählt. Während des Wahlkampfs und nach seiner Wahl lösten widersprüchliche und zögernde Informationen über seine Rolle als Offizier im Zweiten Weltkrieg nationale und internationale Kritik aus. Die USA setzten den früheren UNO-Generalsekretär auf die "Watchlist" (eine Liste von Personen, die nicht Staatsbürger der USA sind und deren Einreise unerwünscht ist) mit der Konsequenz einer diplomatischen Isolation Waldheims. In Österreich bewirkte die sogenannte "Waldheim-Debatte" eine intensivere Auseinandersetzung über den Umgang Österreichs bzw. der Österreicherinnen und Österreicher mit ihrer Geschichte in der NS-Zeit.
Kurt Waldheim, dem kein persönliches schuldhaftes Verhalten zur Last gelegt werden konnte, gestand kommunikative Fehler im Umgang mit seiner Biographie ein und verzichtete 1992 auf eine neuerliche Kandidatur. Er starb 2007 in Wien.
Literatur
- ORF: Kurt Waldheim ist tot [Stand: 19.06.2017]
- Die Welt, 15.06.2007
- Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.06.2007
- Wienbibliothek im Rathaus/Tagblattarchiv: Waldheim, Kurt. 4 Bände [Sign.: TP-054537]