Ludwig Hirschfeld
Ludwig Hirschfeld, * 21. Mai 1882 Wien, † nach dem 6. November 1942 Auschwitz, Dramaturg, Theatersekretär, Kabarettautor.
Ludwig Hirschfeld
Als jüngstes von vier Kindern eines um die Mitte des 19. Jahrhunderts aus Ungarn eingewanderten Ehepaares kam Ludwig Hirschfeld in Wien zur Welt. Sein Vater war ein Kaufmann und als Mitbegründer der "Atzgersdorfer Rollgerstefabrik" auch unternehmerisch tätig. Die Familie lebte in der Leopoldstadt. Nach dem Besuch der Volks- und Staatsrealschule inskribierte Ludwig Hirschfeld Chemie an der Technischen Hochschule, brach das Studium allerdings ab und wandte sich dem Schreiben zu.
1902 veröffentlichte er seinen ersten Roman, es folgten Erzählungen, Novellen und Komödien. Zudem begann er journalistisch zu arbeiten, verfasste Literatur- und Theaterkritiken sowie Miniaturen und Skizzen über das Wiener Alltagsleben. Seine Beiträge wurden in zahlreichen Zeitungen im In- und Ausland veröffentlicht.
Ab 1906 bis zu seiner erzwungenen Emigration 1938 war Ludwig Hirschfeld für die Neue Freie Presse tätig, davon viele Jahre als Redakteur. Während des Ersten Weltkriegs war er als Korrespondent der Neuen Freien Presse dem Kriegspressequartier zugeteilt. Hirschfeld, dessen Texte vor allem auch beim weiblichen Lesepublikum großen Anklang fanden, fungierte von 1918 bis 1927 auch als Chefredakteur der Zeitschrift "Die moderne Welt". 1919 heiratete er Elly Grimm, Tochter von Armin Grimm, seines Zeichens Direktor des Sanatoriums in Bad Sauerbrunn. Der Ehe entstammten die Kinder Eva und Herbert.
Neben seiner journalistischen Arbeit wirkte Hirschfeld auch als Übersetzer von Bühnenwerken, Feuilletonist, Operettenlibrettist sowie Schriftsteller und veranstaltete öffentliche Lesungen. Zu den bekanntesten Werken des Wien-Kenners zählt der alternative Stadtführer "Das Buch von Wien. Was nicht im Baedecker steht" (1927). Er verfasste aber auch Schauspiele wie "Die steinerne Maske" (1921) oder "Spiel der Sinne" (1922) sowie Lustspiele und Operetten, darunter "Stiefmama" (1926) und "Geschäft mit Amerika" (1930), beide mit Paul Frank. Gemeinsam mit Rudolf Österreicher schuf er "Auslandsreise" (1932) und "Zwei lachende Augen" (1933). Ab 1910 leitete Hirschfeld mit Ferdinand Grünecker das Possentheater Max und Moritz.
Nach Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde die Redaktion der Neuen Freien Presse arisiert und Hirschfeld in Dachau interniert. Durch die Fürsprache von Freunden und seiner Ehefrau kam er wieder frei und flüchtete 1938 mit seiner Familie nach Frankreich. Sohn Herbert wurde am 9. September, die restliche Familie am 6. November 1942 via Sammellager Drancy nach Auschwitz deportiert. Keiner von ihnen überlebte das Vernichtungslager. Ludwig Hirschfeld wurde am 4. Mai 1945 für tot erklärt.
Quellen
Literatur
- Ludwig Hirschfeld: Wien in Moll. Feuilletons 1907–1937. Herausgegeben und mit einem Nachwort von Peter Payer. Wien: Löcker 2020
- Harry Zohn: Österreichische Juden in der Literatur. Ein bio-bibliographisches Lexikon. Tel Aviv: Olamenu 1969
- Hans Giebisch / Gustav Gugitz: Bio-Bibliographisches Literaturlexikon Österreichs von den Anfängen bis zur Gegenwart. Wien: Hollinek 1963
- Hans Pemmer / Franz Englisch: Landstraßer Häuserchronik. Manuskript in 11 Bänden (WStLA). Wien: 1958 ff., Band 2, S. 54 (3, Bechardgasse 17)
- Rathaus-Korrespondenz. Wien: Presse- und Informationsdienst, 20.05.1957
- Österreichisches Musiklexikon: Ludwig Hirschfeld
- Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes