Marianne Beth
Marianne Beth, *6. März 1890 Wien, † 19. August 1984 New York City, Juristin.
Biografie
Herkunft und frühe Jahre
Die Tochter des 1918 nobilitierten Juristen Ernst Franz von Weisl stammte aus einer jüdischen kleinbürgerlichen Familie. Seit ihrer Kindheit erhielt Marianne Beth Privatunterricht und legte zweimal im Jahr eine Semesterprüfung auf einem Knabengymnasium ab. Nach ihrer erfolgreichen Matura am Wiener Akademischen Gymnasium im Jahr 1908 entschloss sie sich Rechtswissenschaften zu studieren. Da zu diesem Zeitpunkt in Österreich noch keine Frauen zum Rechtsstudium zugelassen waren, inskribierte sie sich an der philosophischen Fakultät der Universität Wien für das Orientalistik Studium, in dem sie 1912 promovierte. Im Jahr zuvor heiratete sie den Religionswissenschaftler Karl Beth, die beiden hatten zwei Kinder. Als im Jahr 1919 Frauen an den juristischen Fakultäten in Österreich zugelassen wurden, konnte Beth schließlich zum Studium der Rechtswissenschaften antreten. 1921 promovierte sie als erste Frau in Österreich zum Dr. jur.
Zwischenkriegszeit
Nach dem abgeschlossenen Studium trat sie in die Kanzlei ihres Vaters ein und absolvierte die Staatsprüfung für Englisch. Im Oktober 1925 wurde sie als erste Frau in die vom Wiener Oberlandesgericht geführte Liste der "Verteidiger in Strafsachen“ aufgenommen, wo sie ab diesem Zeitpunkt als Gerichtsdolmetscherin tätig war. Im Jahr 1928 wurde Beth als erste Frau in die Rechtsanwaltsliste der Kammer Wien eingetragen. Neben ihrer juristischen Tätigkeit engagierte sich Beth des Weiteren stark in der Frauenbewegung, besonders für die rechtliche Gleichstellung der Frau. In diesem Kontext publizierte sie zahlreiche wissenschaftliche Studien, so zum Beispiel die Handbücher "Neues Eherecht“ (1925) und "Recht der Frau“ (1931). Des Weiteren war Beth Generalsekretärin des Internationalen Anwaltsverbands, im Vorstand des Bunds österreichischer Frauenvereine und der Internationalen Vereinigung berufstätiger Frauen, Präsidentin der österreichischen Frauenorganisation, Vorsitzende der Vereinigung der berufstätigen Juristinnen Österreichs sowie Präsidentin des Soroptimist Österreich. Daneben veröffentlichte sie mehrere religionspsychologische Studien, die auf dem Forschungsfeld hohe Anerkennung fanden.
Exil
Im Jahr 1938 wurde der konvertierten Jüdin Beth ihre Funktion als Rechtsanwältin von den Nationalsozialisten aberkannt. Kurz darauf emigrierte sie gemeinsam mit ihrer Familie in die USA, wo sie von 1939 bis 1942 am Reed College in Portland, Oregon, als Visiting Lecturer Lehrveranstaltungen in "Social Pathology“, "Criminiology“ und "Sociology of Women“ übernahm. Zusätzlich hielt sie deutsche Sprach- und Literaturkurse ab. Im Jahr 1944 erwarb Beth die US - amerikanische Staatsbürgerschaft. Ab 1955 war sie die stellvertretende Leiterin des Universal Translation Bureaus in Chicago. Bis zu ihrem Lebensende blieb Beth in den USA, wo sie zuletzt in der Ölindustrie tätig war. Nach Österreich kehrte sie nicht mehr zurück. 2021 wurde In ihrem Namen der "Marianne Beth – Preis zur Wahrung der Rechtsstaatlichkeit in Österreich“ vom österreichischen Rechtsanwaltskammertag gestiftet. Im Jahr 2022 wurde die Rechtsanwältin Helene Klaar als erste Preisträgerin damit ausgezeichnet.
Literatur
- Dietmar Goltschnigg: Marianne Beth – Frauenrechtlerin, Friedensaktivistin und Universalgelehrte. Wien: Böhlau 2023
- Dietmar Goltschnigg: Marianne Beth – Ein brüchiges Leben in Briefen aus Wien und dem amerikanischen Exil. Wien: Böhlau 2021
- Ilse Korotin (Hg.): biografiA. Lexikon österreichischer Frauen. Band 1: A–H. Wien: Böhlau 2016, S. 290 f.
- Wikipedia: Marianne Beth [Stand: 14.08.2023]
- Frauen in Bewegung 1848–1938: Beth, Marianne [Stand: 14.08.2023
- Österreichisches Biographisches Lexikon: Beth, Marianne [Stand: 14.08.2023]
- 650 plus – Geschichte der Universität Wien: Marianne Beth [Stand: 14.08.2023]
Marianne Beth im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.