Miep Gies
Miep Gies, * 15. Februar 1909 Wien, 11. Jänner 2010 Hoorn (Niederlande)
Biographie
Miep Gies wurde als Hermine Santrouschitz in eine österreichische Arbeiterfamilie hineingeboren, die in Meidling wohnte. Infolge der Lebensmittelknappheit während des Ersten Weltkrieges war das Kind unterernährt und häufig krank. 1920 konnte sie aufgrund einer Hilfsaktion, die eine niederländische Arbeitervereinigung für österreichische Arbeiterkinder initiiert hatte, in die Niederlande reisen, um dort zu Kräften zu kommen. Hermine wurde von der Familie Nieuwenburg in Leiden aufgenommen, besuchte dort die Schule und lernte Niederländisch. In den Niederlanden wurde aus Hermine Miep. Als sie dreizehn Jahre alt war, zog sie gemeinsam mit ihrer Pflegefamilie nach Amsterdam. Anlässlich eines Wienbesuches überredete sie ihre leiblichen Eltern, in den Niederlanden bleiben zu dürfen.
Als Miep Santrouschitz mit achtzehn die Schule verließ, fand sie eine Anstellung als Stenotypistin in einer Textilfirma. Dort arbeitete sie sechs Jahre lang, bis sie 1933 wegen der Wirtschaftskrise entlassen wurde. Durch eine Nachbarin fand sie eine Anstellung als Sekretärin des Geschäftsführers der niederländischen Niederlassung der Firma Opekta Otto Frank. Nach der Machtergreifung Hitlers hatte Otto Frank sein Heimatland Deutschland verlassen. Mit der Zeit entwickelte sich eine Freundschaft zwischen Miep und der Familie Frank, zu der außer Otto auch seine Frau Edith und die beiden Töchter Margot und Anne gehörten. Da sie sich geweigert hatte, sich der NS-Frauenschaft anzuschließen, wurde Mieps österreichischer Pass für ungültig erklärt. Hätte sie nicht durch die Heirat mit ihrem früheren Arbeitskollegen Jan Gies 1941 die niederländische Staatsbürgerschaft erlangt, wäre sie genötigt gewesen, nach Wien zurückzukehren.
1942 sah sich die jüdische Familie Frank gezwungen, sich in einem Hinterhaus in der Prinsengracht 263 zu verstecken, später auch die Familie van Pels und der Zahnarzt Fritz Pfeffer. Miep und Jan Gies versorgten die Untergetauchten bis zu ihrer Entdeckung im August 1944 mit Lebensmitteln und Lesestoff. Nach der Verhaftung der Familie Frank brachte Miep Gies deren persönliche Gegenstände in Sicherheit, um sie später zurückzugeben, darunter das berühmte Tagebuch der Anne Frank. In den folgenden Tagen suchte sie das Gestapo-Hauptquartier auf und bot dem diensthabenden SS-Oberscharführer – freilich vergeblich - Geld für das Leben der Verhafteten. 1945 übergab sie Otto Frank, der als einziges Familienmitglied den Naziterror überlebt hatte, Annes Tagebuch. Frank fand zunächst für sieben Jahre Aufnahme bei Miep und Jan Gies. bevor er zu seiner Mutter in die Schweiz übersiedelte. Da Miep Gies während der Gestapo-Aktion 1944 anwesend war, ohne selbst festgenommen worden zu sein, wurde sie nach dem Krieg verdächtigt, das Versteck verraten zu haben, was von Otto Frank energisch in Abrede gestellt wurde.
Auch nach dem Krieg stand das Leben von Miep Gies zu einem wesentlichen Teil im Zeichen ihrer Hilfe für die Untergetauchten. So sagte sie als Zeugin in zwei Prozessen aus. Direkt nach dem Krieg in dem Verfahren gegen van Maaren, den Lagerarbeiter, der des Verrats der Untergetauchten verdächtigt wurde. Später im Prozess gegen Neonazis, die die Echtheit von Anne Franks Tagebuch in Zweifel zogen. Neben diesen Zeugenaussagen hat Miep Gies im In- und Ausland über die Zeit des Untertauchens berichtet.
1950 wurde der Sohn des Ehepaares Gies, Paul, geboren. Jan Gies starb 1993.
Gemeinsam mit der amerikanischen Schriftstellerin Alison Leslie Gold veröffentlichte Miep Gies 1987 “Meine Zeit mit Anne Frank“. Einige Jahre später arbeitete Miep Gies an der Verfilmung des Buchs mit. Bis ins hohe Alter war sie an Aktivitäten des Anne-Frank-Hauses in Amsterdam beteiligt.
Quellen
Literatur
- Hermine Gies: Meine Zeit mit Anne Frank. Bern: Scherz 1987
- Kurier, 03.04.2009
- Biographie auf der Homepage des Anne Frank-Hauses. URL: http://www.annefrank.org/en/anne-frank/all-people/miep-gies/ [Stand: 31.07.2015]