Optiker
Brille
Die Brille wurde, wie sich anhand von Ratserlässen der Stadt Venedig datieren lässt, um 1285 erfunden; es handelte sich anfangs um durch eine Niete oder einen Nagel verbundene Gläser (Niet- oder Nagelbrillen).
Außerhalb Venedigs etablierten sich Brillenhersteller zunächst in Flandern und Brabant (Brillenmachergilden); die Erfindung des Buchdrucks erhöhte die Nachfrage nach Brillen.
Über das Auftauchen von Augengläsern in Wien wird erstmals 1319 berichtet; der an der Hochzeitsfeier der Herzogin Juta von Österreich teilnehmende Bürgermeister von Padua trug eine Brille.
Ab dem 14. Jahrhundert war die Bügelbrille am meisten verbreitet, im 15. Jahrhundert kamen so genannte Scherenbrillen auf, im 16. Jahrhundert Gelenkbrillen (bis ins 18. Jahrhundert benutzt); bis ins 16. Jahrhundert wurden ausschließlich konvexe Brillengläser erzeugt (Korrektur der Alterssichtigkeit), erst dann folgten auch konkave Gläser (für Kurzsichtige).
Im Mittelalter galt die Brille als Symbol der Gelehrsamkeit, der Würde und des Alters. Hartmann Schedel achtete in seiner "Weltchronik" (1493) darauf, dass nur Propheten und Philosophen das Attribut Brille erhielten, niemals Herrscher oder Heerführer.
Im 16. Jahrhundert entwickelte sich die Brille bereits zum modischen Accessoire. Der Amerikaner Benjamin Franklin benutzte erstmals eine Bifokalbrille.
Neben der Brille entwickelte sich (aus dem Lesestein) das Einglas. Das extravagante Monokel, das in den Ringmuskel der Augenhöhle geklemmt wurde, entstand in England, setzte sich im deutschsprachigen Raum aber erst anlässlich des Wiener Kongresses (1814/1815) durch (erzeugt vom Mechaniker- und Optikermeister Friedrich Voigtländer, der in Wien 1815 einen für damalige Verhältnisse modernen Betrieb gründete); Damen benützten gerne eine Lorgnette (doppelte Gläser mit Griff).
Optiker
Um 1840 fertigte der Wiener Optiker Waldstein die so genannten Glasbrillen an (ohne Fassung mit eingebohrten federnden Bügeln; "Zwicker"); erst nach 1850 tauchen die ersten Ohrenbrillen auf, die anfangs durch Wanderhändler vertrieben wurden.
Das Aufkommen der Eisenbahn führte zur Herstellung von Reise- und Eisenbahnbrillen (als Staub- und Rauchschutz für die Fahrt im offenen Waggon bei über 30 km/h).
Wappen der Optiker
1904 hat der Heraldiker Hugo Gerard Ströhl Wappen der Genossenschaften vorgelegt, die zur künstlerischen Innenausstattung der Versorgungsheimkirche dienten. Das Wappen der Optiker hat folgendes Aussehen:
Von Schwarz und Silber durch eine erniedrigte, eingebogene rote Spitze gespalten, in der ein goldenes Fernrohr erscheint, das in den Nebenfeldern von einer Brille und einer Lupe beseitet wird. Oben erscheinen Mond, Komet und Sterne in goldener Tinktur.
Literatur
Optiker
- Jakob Dont: Das Wiener Versorgungsheim. Eine Gedenkschrift zur Eröffnung. Wien: Verlag der Gemeinde Wien 1904, Taf. VII
- Jakob Dont [Hg.]: Der heraldische Schmuck der Kirche des Wiener Versorgungsheims. Mit dem Anhang: Beschreibung der Siegel der ehemaligen Wiener Vorstädte und Vorort-Gemeinden. Wien: Gerlach & Wiedling 1910, S. 26, Taf. VII
Brille
- Frank Rossi: Brillen. Vom Leseglas bis zum modischen Accessoire. München: Callwey 1989
- Anton Blitz [Hg.]: Hundert Jahre selbständiges Optikerhandwerk in Österreich. Wien: Bundesinnung der Optiker 1967
- 120 Jahre Wiener Optiker. 700 Jahre Brille. [Katalog der] Ausstellung vom 18.-25.11.87. Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Wien, Palais Festetics. Wien: Landesinnung Wien der Optiker und Hörgeräteakustiker 1987
- Kunst des Heilens. Aus der Geschichte der Medizin und Pharmazie. Niederösterreichische Landesausstellung, Kartause Gaming, 4. Mai - 27. Oktober 1991. Wien 1991 (Katalog des Niederösterreichischen Landesmuseums, Neue Folge 276), S. 712 ff.