Oskar Helmer
Oskar Helmer, * 16. November 1887 Gáta, Ungarn (Gattendorf, Burgenland), † 13. Februar 1963 Wien, Schriftsetzer, Redakteur, Politiker.
Herkunft, Jugend, Familie
Oskar Helmer verbrachte seine Kindheit und Jugend in Oberwaltersdorf, Niederösterreich, wo sein aus Gáta, Westungarn (heute Gattendorf, Burgenland) stammender Vater bei der "Herrschaft"[1] eine Anstellung als Jagdgehilfe gefunden hatte. Seine Mutter, geb. Ostermann, kam aus Krumbach in Niederösterreich. Oskar war das vierte von fünf Kindern; nach Besuch der Pflichtschule absolvierte er eine Lehre als Schriftsetzer in einem Druckereibetrieb in Wiener Neustadt. Das Wanderjahr der "Walz" führte ihn nach Deutschland, wo er in der Redaktion der "Leipziger Volkszeitung" tätig war.
Oskar Helmer war verheiratet mit Rosa, geb. Gliebe.
Politische Laufbahn
1903 trat Oskar Helmer der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei bei (Gewerkschafter und Sekretär der Wiener Neustädter Parteiorganisation), 1907 fungierte er als Wahlhelfer Karl Renners. Ab 1910 arbeitete er als Redakteur der "Gleichheit", 1913 wechselte er zur "Wiener Volkstribüne". Seinen Militärdienst leistete er 1914 bis 1918 in Pola, dem Hauptkriegshafen der Doppelmonarchie.
1920/1921 war er Mitglied der Provisorischen Burgenländischen Landesregierung, 1921-1934 Mitglied der Niederösterreichischen Landesregierung (1927-1934 Landeshauptmann-Stellvertreter und Landesparteisekretär), außerdem 1918-1927 Gemeinderat von Wiener Neustadt und 1919-1934 Mitglied des Niederösterreichischen Landtags.
In den Jahren 1930 bis 1934 bemühte sich Oskar Helmer gemeinsam mit Karl Renner und anderen um einen Ausgleich der innenpolitischen Gegensätze und setzte sich innerhalb der Partei für weitreichende Konzessionen an die Christlichsozialen ein. Trotzdem wurde er im Februar 1934 verhaftet; im März 1938 und im Juli 1944 nahmen ihn die Nationalsozialisten in Haft.
Im April 1945 beteiligte sich Helmer am Wiederaufbau der niederösterreichischen Landesverwaltung. Er war von 1945 bis 1957 Landesparteivorsitzender der SPÖ Niederösterreich, von 1945 bis 1959 stellvertretender Bundesparteiobmann und Abgeordneter zum Nationalrat.
Nachdem er 1945 bereits als Unterstaatssekretär im Staatsamt für Inneres der Provisorischen Staatsregierung Karl Renners amtiert hatte, wurde er im Dezember 1945 zum Bundesminister für Inneres bestellt - ein Amt, das er bis 1959 ausübte. Für dieselbe Periode war er Abgeordneter zum Nationalrat, von 1959 bis 1963 Bundesrat sowie Vorsitzender des Aufsichtsrats der Österreichischen Länderbank.
In seiner Funktion als Innenminister engagierte sich Oskar Helmer für den Aufbau einer demokratischen Exekutive und für die Zurückdrängung kommunistischer Einflüsse, insbesondere innerhalb der Wiener Polizei, zu deren Präsidenten er Josef Holaubek berief. Parteipolitisch setzte er sich für das Funktionieren der Großen Koalition mit der ÖVP ein. Unrühmlich war seine Rolle in einer persönlichen Diffamierungskampagne gegen angebliche KP-Sympathisanten in der SPÖ, bei der Verzögerung der Rückgabe jüdischen Eigentums (Ich bin dafür, die Sache in die Länge zu ziehen...) und beim Vorschlag der Begnadigung zahlreicher NS-Verbrecher.
Ehrungen
Verleihung von Auszeichnungen:
- 1952 Ehrenring des Landes Niederösterreich
- 1954 Großes Goldenes Ehrenzeichen am Bande für Verdienste um die Republik Österreich
- 1957 Dr. Karl Renner-Preis
- 1959 Nansen-Flüchtlingspreis
- 1959 Freiheitsmedaille mit Silberpalme, höchste Auszeichnung der US-Regierung an Zivilpersonen, für Helmers Verdienste bei der Unterstützung der Ungarnflüchtlinge 1956
Oskar Helmer wurde am 21. Februar 1963 in einem Ehrengrab (Nr. 50) auf dem Friedhof Oberwaltersdorf bestattet. Das Oskar Helmer Schulzentrum, 2522 Oberwaltersdorf, Badener Straße 26, ist nach ihm benannt. Eine Porträtbüste ist in der Schule aufgestellt.
In Wien trägt der Oskar-Helmer-Hof seinen Namen.
Werke
(Auswahl)
- Die niederösterreichische Gemeinde - ihre Verfassung und Verwaltung. Handbuch für sozialdemokratische Gemeindevertreter Niederösterreichs. Wien: Gutenberg 1924
- Kampf gegen den Hunger. Rede des Bundesministers für Ernährungswesen Hans Frenzel und des Bundesministers für Inneres Oskar Helmer sowie die Entschließung der Konferenz der Betriebsratsobmänner am 16. März 1946. Wien: Sozialistischer Verlag 1946 (Sozialistische Hefte, 13)
- Österreichs Kampf um die Freiheit. Wien: Wiener Volksbuchhandlung 1949
- Die Demokratie darf nicht wehrlos sein. Vorwort in: Geist und Gewalt. Wie wehrt sich die Demokratie? Forumdiskussion im Jänner 1951 im Wiener Konzerthaus. Zentralsekretariat der SPÖ [Hg. und Verleger]
- 50 Jahre erlebte Geschichte [Autobiografie]. Wien: Wiener Volksbuchhandlung o. J. [1957]
- 40 Jahre Burgenland. Ein Land wählt die Freiheit. Wien: Wiener Volksbuchhandlung 1961
- Die Geschichte eines Arbeiterlebens [Erinnerungsblatt Franz Brand zum 75. Geburtstag]. Gleichheit, Sozialistisches Wochenblatt für das Viertel unter dem Wienerwald, Jg. 10, Nr. 5, 17. Jänner 1962
- Ausgewählte Reden und Schriften. Herausgegeben und biographisch eingeleitet von Jacques Hannak. Wien [u. a.]: Europa-Verlag 1963
Teil-Nachlass
Verein für Geschichte der ArbeiterInnenbewegung (VGA), Kartons 1-17, Mappen 1-44, Fotomappen. Inhalt: persönliche Dokumente, Testament, Korrespondenz, Zeitungsartikel, Manuskripte, politische Dokumente u. a.
Quellen
Literatur
(Auswahl)
- Isabella Ackerl / Friedrich Weissensteiner: Österreichisches Personenlexikon [der Ersten und Zweiten Republik]. Wien: Ueberreuter 1992, S. 172-175
- Richard Berczeller: Oskar Helmer. In: Norbert Leser / Richard Berczeller [Hg.]: Als Zaungäste der Politik. Österreichische Zeitgeschichte in Konfrontationen. Wien / München: Jugend und Volk 1977, S. 248-255
- Ernest Czerny: 1887-1957 Oskar Helmer. SPÖ. Landesorganisation Niederösterreich der Sozialistischen Partei Österreichs [Hg. und Verleger]. Wien 1957
- Jacques Hannak: Oskar Helmer. In: Jacques Hannak: Männer und Taten. Zur Geschichte der österreichischen Arbeiterbewegung. Wien: Wiener Volksbuchhandlung 1963, S. 59-61
- Walter Kleindel: Das große Buch der Österreicher. 4500 Personendarstellungen in Wort und Bild. Namen, Daten, Fakten. Unter Mitarbeit von Hans Veigl. Wien: Kremayr & Scheriau 1987, S. 187-188
- Norbert Leser: Oskar Helmer (1887-1963). In: Neue österreichische Biographie ab 1815. Große Österreicher. Band 22. Wien / München: Amalthea 1987
- Norbert Leser: Oskar Helmer. 1887-1963. In: Norbert Leser: Grenzgänger. Österreichische Geistesgeschichte in Totenbeschwörungen. Band 2. Wien [u. a.]: Böhlau 1982, S. 86-112
- Oskar Helmer zum Sechzigsten Geburtstag. Das Leben eines Kämpfers für den Sozialismus. Landesorganisation Niederösterreich der Sozialistischen Partei Österreichs [Hg.]. Wien: "Vorwärts" [1947]
- Kurt Stimmer [Hg.]: Die Arbeiter von Wien. Ein sozialdemokratischer Stadtführer. Wien [u. a.]: Jugend & Volk 1988, S. 372-373
- Wilhelm Svoboda: Die Partei, die Republik und der Mann mit den vielen Gesichtern. Oskar Helmer und Österreich II. Eine Korrektur. Wien [u.a.]: Böhlau 1993
- Otto Tschadek: Oskar Helmer. In: Norbert Leser [Hg.]: Werk und Widerhall. Große Gestalten des österreichischen Sozialismus. Wien: Wiener Volksbuchhandlung 1964, S. 186-195
Weblinks
- Österreichisches Parlament: Oskar Helmer
- Das rote Wien. Weblexikon der Wiener Sozialdemokratie: Oskar Helmer
- Deutsche Biographie: Oskar Helmer
Einzelnachweise
- ↑ Oskar Helmer: 50 Jahre erlebte Geschichte. Wien: Wiener Volksbuchhandlung o. J. [1957], S. 13