Philadelphiabrücke
48° 10' 25.50" N, 16° 19' 47.78" E zur Karte im Wien Kulturgut
Philadelphiabrücke (12). Die Philadelphiabrücke überspannt die Südbahntrasse und stellt eine Verbindung von der Meidlinger Hauptstraße (beziehungsweise den nördlichen Bezirksteilen im Wiental) zum südwestlichen Bezirksteil im Liesingtal her.
Bis zum Bau der Südbahn (1839-1841) war das Gebiet unverbaut. An den beiden Hängen des Höhenzugs Wienerberg - Laaer Berg erstreckten sich nur Felder, Wiesen und Wälder. Die neue Bahntrasse musste diesen Bergrücken, der die Kuppellandschaft der (geologischen) Laaerbergterrasse mit dem Wienerwald verbindet, überwinden. Während die (heutige) Meidlinger Hauptstraße und die Wienerbergstraße noch Feldwege waren, querte als einzelne Verbindung der Liesinger Weg den Höhenrücken.
Benannt wurde sie nach der Lokomotive „Philadelphia", die von der Firma Norris in der gleichnamigen amerikanischen Stadt produziert wurde (die Konstruktion stammte von einem Österreicher namens Sanno, der seit 35 Jahren in Philadelphia lebte). Eine angekaufte Lokomotive, die sich auch durch eine gegenüber anderen zeitgenössischen Lokomotivmodellen wesentlich höhere Steigfähigkeit auszeichnete, traf im August 1838 in Wien ein und absolvierte am 31. August 1838 eine Probefahrt. Da auch ein Gasthaus (12, Meidlinger Hauptstraße 77-79) den Namen verwendete, wurde er im Volksmund auf die älteste Brücke übertragen (erst um 1890/1891, wohl im Zuge der Eingemeindung, auch amtlich; lt. Kommunalkalender 7. September 1910).
Erste Brücke
Steinerne Brücke mit vier Bögen (Spannweiten 5,37 Meter), von denen aber nur die beiden mittleren durchfahren wurden. Trotz Verlegung der (heutigen) Breitenfurter Straße (ab der Wienerbergbrücke) querte sie die Bahnlinie schräg. Sie wurde am 20. Juni 1841, dem Tag der Eröffnung er Bahnstrecke nach Wiener Neustadt, offiziell in Verwendung genommen.
Zweite Brücke
Die nach der Eröffnung der Kaiserin-Elisabeth-Westbahn (15. Dezember 1858) vom Handelsministerium am 18. September 1859 geforderte Verbindung von der West- zur Südbahn wurde als eingleisige Strecke wurde am 20. Dezember 1860 zwischen Penzing und Hetzendorf und am 1. Jänner 1861 bis zum Meidlinger Bahnhof in Betrieb genommen; die Planung eines dritten Gleises auf jenem Abschnitt, der die Südbahntrasse benutzte, machte einen Neubau der Philadelphiabrücke notwendig, weil dazu der Bahneinschnitt verbreitert werden musste; die Philadelphiabrücke wurde Ende 1861 abgebrochen und durch eine Notbrücke ersetzt. Da 1851 bis 1860 auch eine Verbindung vom Südbahnhof/Ostbahnhof über den Bahnhof Hauptzollamt und den Bahnhof Praterstern zum Nordbahnhof errichtet worden war, bestand ab 1861 ein Schienenring außerhalb des Linienwalls durch die Vororte. Die neue Brücke, die bis zum Frühjahr 1863 im rechten Winkel über die Bahntrasse errichtet wurde, entstand als Eisenkonstruktion; die 8 Meter breite Fahrbahn (flankiert von je 1,5 Meter breiten Gehsteigen) bestand aus Holzbohlen, die nach 1890 mit Granitsteinen gepflastert worden sein dürften (die schon seit 21. Mai 1863 gesetzlich vorgeschrieben waren).
1886 wurde östlich der Brücke eine als „Philadelphiabrücke der Wiener Lokalbahn" bezeichnete weitere Brücke errichtet, die über eine Rampe in die Eichenstraße führte und die auch von der Straßenbahnlinie 62 benützt wurde, weil die Philadelphiabrücke weder Platz für die Verlegung von Gleisen hatte noch die statischen Voraussetzungen bot.
Dritte Brücke
Die verkehrstechnische und städtebauliche Weiterentwicklung machte einen weiteren Neubau erforderlich; die Vorgespräche zwischen Südbahn-Gesellschaft und Gemeinde Wien begannen 1907 und fixierten eine Kostenaufteilung. Nach Genehmigung durch das K. k. Eisenbahn-Ministerium konnte Mitte 1909 mit dem Bau begonnen werden. Dieser entstand (bei Erhaltung des alten Brückenbauwerks während der Bauzeit) westlich der damaligen Brücke, querte die Bahngleise schräg und besaß (bei einer nunmehrigen Breite von 20 Metern, von denen allerdings je 4,5 Meter auf die Gehwege entfielen) zwei Gleise für die Straßenbahn. Die Verbreiterung der Bahntrasse von drei auf sechs Gleise, die als einer der Gründe für den Brückenneubau angeführt wurde, kam nicht zustande (erst um 1970 wurde an der südlichen Böschung nach Abgrabung und Sicherung ein viertes Gleis verlegt). Die Brücke wurde am 11. Oktober 1910 dem Verkehr übergeben. Sie wurde 1945 schwer beschädigt, wurde jedoch instandgesetzt. Als 1964-1966 die Wienerbergbrücke errichtet wurde, bedeutete dies zwar für die Philadelphiabrücke eine verkehrsmäßige Entlastung, doch ergaben die regelmäßigen Überprüfungen seit den beginnenden 1970er Jahren immer wieder gravierende Baumängel. 1972 wurde die Philadelphiabrücke durch ein Verwaltungsabkommen der Bundesstraßenverwaltung übertragen und kam damit in die Verantwortung der Gemeinde Wien. Als 1975 Gutachten den bedenklichen Bauzustand der Philadelphiabrücke offenbarten, wurde sie am 18. Juni 1975, demselben Tag, an dem dasselbe dem Planungsstadtrat Ing. Fritz Hofmann vorgelegt worden war, mit sofortiger Wirkung für jeden Fahrzeugverkehr geschlossen. Die Linie 62 wurde neuerlich über die Badner-Bahn-Brücke geführt.
Vierte Brücke
Der Bau der (westlich der gesperrten Brücke und damit weiter von der Meidlinger Hauptstraße entfernte) 36,8 Meter breiten, mit drei Gleisen für Straßenbahn und Badner Bahn ausgestatteten und im selben Winkel wie der Vorgängerbau die Südbahn überspannenden Brücke wurde am 11. November 1977 begonnen und am 2. Oktober 1978 eröffnet (bereits ab 19. Juli 1978 konnte die Straßenbahnlinie 62 und ab 29. Juli 1978 die Badner Bahn [die ihre eigene Brücke verlor] die Brücke benutzen). Eine Neugestaltung der Umgebung der Brücke (Schedifkaplatz) ergab sich durch die Eröffnung der Teilstrecke der U6 von der Gumpendorfer Straße zur Station Philadelphiabrücke und deren Anbindung an die Schnellbahn.
Literatur
- Ludwig Varga: Die Philadelphiabrücke. In: Meidling, Blätter des Bezirksmuseums, Heft 46/47 (1999), S. 3 ff.