Raiffeisenverband
48° 12' 55.27" N, 16° 22' 44.70" E zur Karte im Wien Kulturgut
Der Österreichische Raiffeisenverband wurde 1897 in Wien als „Allgemeiner Verband landwirtschaftlicher Genossenschaften in Oestereich“ (in der Folge AV) auf Anregung des 1. österreichischen Raiffeisentages gegründet. Die Registrierung des Vereines erfolgte am 20. Mai 1898, dieses Datum gilt als die offizielle Geburtsstunde des Raiffeisen-Spitzeninstitutes.
Um den Geldausgleich der Geldorganisation bis zur Errichtung einer Reichszentralkasse wirksam durchführen zu können, wurde 1902 über Initiative des AV der Geldausgleich mit Hilfe der Landeshypothekenanstalten und der Postsparkasse geregelt. Die Gründung einer Zentralkasse gelang erst 1927 mit der Girozentrale der österreichischen Genossenschaften.
1903 machte das Gesetz über die Revision der Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften eine Satzungsänderung notwendig. Der AV wurde nun auch für die „Revision der gesamten Einrichtungen und der Geschäftsführung der ihm angeschlossenen Genossenschaftsverbände in allen Zweigen der Verwaltung“ zuständig.
Am 16. März 1904 erschien die erste Nummer der "Österreichischen landwirtschaftlichen Genossenschaftspresse", seit 1970 Raiffeisenzeitung. Die Zeitung erfüllt ihre Aufgabe nicht nur als Informationsorgan, sondern leistet auch gute Dienste bei der Information der Öffentlichkeit über das Wirken der Raiffeisengenossenschaften
Entwicklung zwischen 1914 und 1945
Im Ersten Weltkrieg diente die vom AV und zahlreichen Verbänden und Körperschaften gegründete „Landwirtschaftliche Ein- und Verkaufsgesellschaft für Österreich“ (Agroterra) zur Effizienzsteigerung der landwirtschaftlichen und genossenschaftlichen Warenlieferungen. Vom Gesamtvolumen an Kriegsanleihen von 35,1 Milliarden Kronen wurden 1,5 Milliarden Kronen über die 5891 Raiffeisenkassen gezeichnet. Am 26.Juni 1923 wurde der AV mit Hilfe der Agroterra neugegründet. Er wurde durch die Bundesregierung mit der Durchführung der Handelsdüngeraktion sowie mit der Finanzierung von Sämereien, Saatgut und Pflanzenschutzmitteln beauftragt, bei den Mittel des Völkerbundes zur Verfügung standen..
Mit eingebunden war der AV bei der 1926 erfolgten Völkerbund-Mittelvergabe für die Errichtung von 53 Molkereibetrieben. Dadurch wurde die Versorgung der Bevölkerung mit Milch- und Molkereiprodukten sicher gestellt.
1927 kam es zur Errichtung eines Spitzeninstitutes der landwirtschaftlichen und der gewerblichen Genossenschaften, der „Girozentralle der österreichischen Genossenschaften“ unter maßgeblicher Mitarbeit des AV.
1933 erzielte der AV einen großen Erfolg, endlich wurde die Mündelsicherheit für Einlagen erreicht. Damit konnte die Anlage von Geldern für Pflegebefohlene erfolgen, eine Gleichstellung mit den Sparkassen erreicht.
Die Pläne der Ständestaatregierung die Konsumgenossenschaften aufzulösen, konnten nicht zuletzt auf Initiative der landwirtschaftlichen Genossenschaften unter der Führung des AV verhindert werden.
Anfang 1938 stellte der AV mit Stolz fest, dass es gelungen war, die Geldversorgung der gesamten Raiffeisen-Organisation aus eigener Kraft zu bewerkstelligen. Die Zahl der im AV vereinigten Genossenschaften betrug Anfang 1937 3792. Der Nationalsozialismus brachte 1938 die Integration der landwirtschaftlichen Genossenschaften in den Reichsnährstand. Die Bundesländerverbände wurden in drei Provinzialverbände organisiert, der AV wurde liquidiert. Da aber die NS-Machthaber über keinen Fachmann für das österreichische Genossenschafts- und Revisionsrecht verfügten, wurden diese Agenden vom „Donauländischen Raiffeisenverband“ übernommen. .
Entwicklung nach 1945
Der AV veranstaltete am 15. März 1946 in Salzburg seine konstituierende Versammlung. Ihm angeschlossen waren Anfang 1946 3974 Unternehmen.
1948 erfolgte die Einteilung der 23 Mitglieder des AV in Fachverbände. In Zentralgenossenschaften und Landesverbände. Damit war der Aufbau der österreichischen Raiffeisenorganisation in vertikaler und horizontaler Richtung in den Sparten vollendet. Der ÖRV wurde zusätzlich zur Revision auch Träger des „Fachverbandes der Kreditgenossenschaften nach dem System Raiffeisen“ der Bundeswirtschaftskammer. 1959 kamen neue Bildungsaktivitäten für hauptberuflich tätige Mitarbeiter des Geldbereiches, die ab 1974 in der Raiffeisenakademie, der Kaderschmiede des Raiffeisen-Managements, mündeten. Außerdem ist der ÖRV Kollektivvertragspartner aller Raiffeisen-MitarbeiterInnen.
Die Tätigkeit des AV, der 1960 in „Österreichischer Raiffeisenverband“ (in der Folge ÖRV) unbenannt wurde, hatte in der 2. Republik eindeutig einen aufklärenden und einen legistischen Schwerpunkt.
Wichtig und vom ÖRV maßgeblich mitgestaltet waren die Novelle der Gewerbeordnung 1993 und der Novelle des Genossenschaftsgesetzes 1974, die das Nichtmitgliedergeschäft ermöglichten aber die Ein- und Verkaufsgenossenschaften unter das Gewerbedach brachten. Das Genossenschaftsverschmelzungsgesetz 1980 lässt eine Vereinigung von Genossenschaften durch Neubildung zu. Durch das Bankwesengesetz 1992 wurde die Möglichkeit einer Rechtsformänderung geschaffen. Diese vom ÖRV mitgetragene Entscheidung wurde vor allem von Zentralgenossenschaften genützt, die sich in eine Aktiengesellschaft umwandelten. Das Revisionsrechtsänderungsgesetz von 1997 stärkte erheblich die Stellung der genossenschaftlichen Pflichtprüfung.
Raiffeisenverband heute
Der „Österreichische Raiffeisenverband“ ist der Revisionsverband und die Interessenvertretung für die österreichische Raiffeisen-Gruppe. Eine seiner wesentlichen Tätigkeiten ist die Durchführung von Maßnahmen der Revision und der Kontrolle. Er sieht sich als Berater und Dienstleister seiner Mitglieder in allen agrar-, wirtschafts- und umweltpolitischen sowie steuerrechtlichen Fragen. Als solcher setzt er sich für die Belange der Raiffeisen-Gruppe gegenüber allen relevanten nationalen und internationalen Institutionen und Behörden ein. Informationstransfer, Öffentlichkeitsarbeit und Koordination stellen wichtige Elemente dieser Arbeit dar. Der Verband informiert über aktuelle Gesetzesvorhaben, bewertet politische Entscheidungen und hat sich auch als Krisenmanager bewährt.
Organisation
Die Generalversammlung der österreichischen Raiffeisen-Organisationen wählt einen Generalanwalt, der an der Spitze der Gesamtorganisation und des Raiffeisen-Verbandes steht. Operativ wird der Verband von einem Generalsekretär geführt. Der Sitz des Österreichischen Raiffeisenverbandes ist 2, Friedrich-Wilhelm-Raiffeisen-Platz 1
Literatur
- Ernst Bruckmüller (Hg.): Raiffeisen in Österreich: Siegeszug einer Idee. St.Pölten: Niederösterreichisches Pressehaus 1998
- Herbert Kleiß: Österreichischer Raiffeisenverband. Wien Selbstverlag 1965
- Günter Lukas: Die Raiffeisen-Organisation in Österreich. Wien: Verl. F. Geschichte u. Politik 1970
- Österreichischer Raiffeisenverband: Raiffeisen und sein Werk in Österreich. Wien: Österreichischer Agrarverlag 1986