Todeserklärung
Die Todeserklärung ist ein gerichtlicher Beschluss, mit dem eine vermisste Person für tot erklärt wird.
Voraussetzungen
Die rechtliche Grundlage für Todeserklärungen bildet heute das Todeserklärungsgesetz.[1] Vermisste Personen gelten grundsätzlich so lange als lebend, bis die gerichtliche Beweisführung des Todes abgeschlossen oder die Todeserklärung erwirkt wurde. Als verschollen oder vermisst gilt eine Person, deren Aufenthalt während längerer Zeit unbekannt ist und die weder selbst oder über Dritte irgendeine Form von Lebenszeichen gegeben hätten, wodurch sich ernste Zweifel am Fortleben der Person begründen lassen können. Als Frist für diese nachrichtenlose Zeit gelten in der Regel 10 Jahre, bei Personen über 80 Jahren reduziert sich die Frist auf 5 Jahre. Personen unter 25 Jahren können nicht für tot erklärt werden. Abweichende Fristen gelten zudem im Kriegsfall sowie bei Unfällen von Luftfahrzeugen oder Schiffen. Eine Todeserklärung findet nur statt, wenn der Tod der betroffenen Person ungewiss ist. Ist der Tod eindeutig nachweisbar, so gilt die Person nicht als verschollen.
Die Verfahren zur Todeserklärung vor dem 1.1.2005 wurden vom Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien durchgeführt.[2]
Aufbau und Inhalt
Akten zu Todeserklärungen enthalten in der Regel einen Antrag auf Einleitung des Verfahrens zur Beweisführung des Todes, in dem der Name und die Personalien der verschollenen Person sowie der Grund für die Einleitung des Verfahrens festgehalten werden. Weiters wird angeführt, wann der letzte Kontakt zur verschollenen Person bestand (beispielsweise ein Schreiben dieser). Im Zuge des Verfahrens wurden im Amtsblatt zur Wiener Zeitung Meldungen veröffentlicht, in denen die Verschollenen aufgefordert wurden, sich bei Gericht zu melden.[3] Diese Zeitungsmeldungen enthalten neben der Aktenzahl (zum Beispiel 48T 3446/1947) oftmals Angaben darüber, was über den letzten Aufenthalt einer Person bekannt war, beispielsweise die Deportation in ein Konzentrationslager oder die Teilnahme an Kriegshandlungen. Teilweise wurde auch veröffentlicht, durch wen das Verfahren eingeleitet wurde.
Beispiele:
- Meldungen zu deportierten Personen (Amtsblatt zur Wiener Zeitung, 05.10.1947, S. 5)
- Meldungen zu kriegsvermissten Wehrmachtsangehörigen (Amtsblatt zur Wiener Zeitung, 16.6.1949, S. 6).
- Meldung zu einer aufgrund eines Luftangriffes verschollenen Person (Amtsblatt zur Wiener Zeitung, 12.02.1946, S. 4)
- Meldung zu einer aufgrund eines vermutlichen Selbstmordes verschollenen Person (Amtsblatt zur Wiener Zeitung, 03.12.1923, S. 2)
Gegebenenfalls wurden im Zuge des Verfahrens Auskunftsersuchen an Behörden gerichtet, um zu prüfen, ob weitere Informationen zum Schicksal der verschollenen Person vorliegen.[4] Erfolgte bis zu dem von Gericht festgelegten Stichtag keine Meldung der vermissten Person und galten alle gesetzlichen Voraussetzungen als gegeben, konnte diese für tot erklärt werden. Den Abschluss des Verfahrens bildet in der Regel die eigentliche Todeserklärung selbst, in der der Zeitpunkt des Todes festgestellt wird.
In weiterer Folge konnte eine Verlassenschaftsabhandlung durchgeführt werden.
Von besonderer Bedeutung sind Todeserklärungen für die Recherche zu Personen, die aufgrund von Vertreibung, Deportation oder Kriegshandlungen als verschollen galten.
Benutzung der Akten
Die Todeserklärungen sind nach Jahr[5] und fortlaufender Zahl abgelegt. Dabei gilt es zu bedenken, dass ein Verfahren oft erst nach mehreren Jahren - in manchen Fällen nach Jahrzehnten - eingeleitet wurde. Für die Bestellung der Akten ist es daher von Vorteil, die Aktenzahl bereits im Vorfeld zu ermitteln, oder zu versuchen, den infrage kommenden Zeitraum einzugrenzen. Da im Zuge des Verfahrens in der Wiener Zeitung Meldungen veröffentlicht wurden, die die Aktenzahlen des Verfahrens enthalten, können für die Bestellung der Akten notwendige Angaben auch über ANNO recherchiert werden. [6] Da die vom Gericht angefertigten Findhilfsmittel (Namensverzeichnisse) jahresweise angelegt wurden, ist eine Suche andernfalls mit hohem Aufwand verbunden. Akten bis inklusive 1987[7] werden vom Wiener Stadt- und Landesarchiv verwahrt und können zur Einsicht im Lesesaal bestellt werden.
Akten bis 1927 sind aufgrund des Justizpalastbrands aus konservatorischen Gründen nicht bzw. nur eingeschränkt benützbar (Brandakten). Akten aus späteren Jahren sind unbeschränkt benützbar[8]
Quellen
Die Akten folgender Jahre werden im Wiener Stadt- und Landesarchiv verwahrt:
- 1896-1944, 1965: Wiener Stadt- und Landesarchiv, Landesgericht für Zivilrechtssachen, A25 - T; 47T - Todeserklärungen; Kraftloserklärungen. Achtung: Akten bis 1927 sind aufgrund des Justizpalastbrands aus konservatorischen Gründen nicht bzw. nur eingeschränkt benützbar (Brandakten).
- 1945-1987: Wiener Stadt- und Landesarchiv, Landesgericht für Zivilrechtssachen, A26 - 48T ; 24T - Todeserklärungen; Kraftloserklärungen
Jüngere Akten werden im Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien verwahrt.
Weblinks
- Gesetz vom 16. Februar 1883, betreffend das Verfahren zum Zwecke der Todeserklärung und der Beweisführung des Todes (Reichsgesetzblatt 1883, S. 83)
- Gesetz über die Verschollenheit, die Todeserklärung und die Feststellung der Todeszeit vom 4. Juli 1939 (Deutsches RGBl. I S. 1186)
- Todeserklärungsgesetz 1950 (BGBl. Nr. 23/1951)
- www.ns-quellen.at[9]
Einzelnachweise
- ↑ Todeserklärungsgesetz 1950 (BGBl. Nr. 23/1951). Siehe auch das Gesetz vom 16. Februar 1883, betreffend das Verfahren zum Zwecke der Todeserklärung und der Beweisführung des Todes (Reichsgesetzblatt 1883, S. 83) sowie das Gesetz über die Verschollenheit, die Todeserklärung und die Feststellung der Todeszeit vom 4. Juli 1939 (Deutsches RGBl. I S. 1186)
- ↑ Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien ist in erster Instanz für vor dem 1.1.2005 angefallene Todeserklärungen zuständig. Siehe dazu: https://www.justiz.gv.at/lg-fuer-zivilrechtssachen-wien/landesgericht-fuer-zivilrechtssachen-wien/ [Stand: 19.07.2024]. Für aktuelle Informationen zum Todeserklärungsverfahren siehe: https://www.oesterreich.gv.at [Stand: 05.01.2024].
- ↑ Diese können über ANNO recherchiert werden. Dafür empfiehlt sich eine Phrasensuche mittels Anführungszeichen in Kombination mit einer Abstandssuche mittels Tilde, also zum Beispiel in dieser Form: "48 T Valerie Eisler"~10
- ↑ Bei Wehrmachtsangehörigen zum Beispiel an das Bundesministerium für Inneres, ob die gesuchte Person in der Heimkehrerkartei aufscheint.
- ↑ Konkret: Nach dem Jahr, in dem das Verfahren eingeleitet wurde
- ↑ Dafür empfiehlt sich eine Phrasensuche mittels Anführungszeichen in Kombination mit einer Abstandssuche mittels Tilde, also zum Beispiel in dieser Form: "48 T Valerie Eisler"~10
- ↑ Stand: 20.09.2024
- ↑ Siehe §§ 9 (1) und 10 (1 und 2) des Wiener Archivgesetz
- ↑ Das Archiv der Israelitischen Kultusgemeinde verwahrt Akten zu Todeserklärungen, bei denen Mitarbeiter*innen der Israelitischen Kultusgemeinde als bevollmächtigte Kurator*innen der Antragstellenden im Verfahren fungierten