Zirkus Renz
48° 13' 3.20" N, 16° 23' 9.31" E zur Karte im Wien Kulturgut
Zirkus Renz (2., Zirkusgasse 44 [ursprünglich Große Fuhrmanngasse 419]), 1853 nach Plänen von K. May (Baumeister Franz Schebek) als ständige Zirkusanlage (auf zwölfeckigem Grundriss mit 40 Meter Durchmesser) für Ernst Renz im Windsorstil errichtet (Eröffnungsvorstellung 18. Februar 1854) und 1883 (unter dem Eindruck des Ringtheaterbrands) nach Plänen von Oskar Lange umgestaltet und modernisiert (Eisenkonstruktionen; Deckengemälde von Schilcher und Wimmer).
Der Zirkus hatte einschließlich der beiden Ränge 3.559 Sitzplätze. Unter Renz entwickelte sich das Unternehmen zum bedeutendsten europäischen Zirkus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, in dem neben Dressuren und Clowns (Engagement von Tom Belling senior, der als modernisierten Clown den "Dummen August" kreierte) auch die Luftakrobatik (ab 1860 Engagement von Jules Leotard [* 1838, † 1870], der erstmals im freien Flug von einem Trapez zum anderen sprang) und die Zirkuspantomime (Renz brachte die Ausstattungspantomime in eine glanzvolle Form) gepflegt wurden.
Nach Renz' Tod (1892) übernahm sein Sohn Franz den Zirkus, musste ihn aber 1897 schließen.
Während des Ersten Weltkriegs war das Gebäude Traindepot, nach dem Krieg Varieté (Gastspiele von Enrico Rastelli, Hagenbeck und Busch). Am 13. Juli 1930 brannte der Zirkus vollständig aus, wurde aber als Varieté wiedererrichtet. 1940 erwarb Hagenbeck das Gebäude und ließ es renovieren. Das Zirkusgebäude wurde am 4. November 1944 durch Bombentreffer schwer beschädigt, nach Kriegsende als "Deutsches Eigentum" beschlagnahmt (worauf es weiter verfiel) und 1957 demoliert.
Heute befindet sich an seiner Stelle der städtische Renzhof.
Quellen
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt. 104, A8: 51 - Zirkus Renz | 1923-1944
- Wien Museum Online Sammlung: hochauflösende Abbildungen zum Zirkus Renz
Literatur
- Gerda Barth: Das Wiener Renz-Gebäude in der Leopoldstadt. In: Circus gestern, heute 3 (1982), S. 3 ff.
- Felix Czeike [Hg.]: Wien in alten Ansichtskarten. Band: Leopoldstadt und Brigittenau. Zaltbommel: Europäische Bibliothek 1992, Abb. 70
- Paul Kortz: Wien am Anfang des 20. Jahrhunderts. Ein Führer in technischer und künstlerischer Richtung. Hg. vom Oesterreichischen Ingenieur und Architekten-Verein. Wien: Gerlach & Wiedling 1906. Band 2, 1906, S. 241 f.
- Die Leopoldstadt. Ein Heimatbuch. Wien: Lehrer-Arbeitsgemeinschaft 1937, S. 162, S. 361
- Hans Pemmer / Ninni Lackner: Der Wiener Prater einst und jetzt (Nobel- und Wurstelprater). Leipzig [u.a.]: Deutscher Verl. f. Jugend u. Volk 1935, S. 192 f.