Apotheke zum römischen Kaiser
48° 12' 31.40" N, 16° 22' 32.06" E zur Karte im Wien Kulturgut
Die Apotheke zum römischen Kaiser (1., Wollzeile 13) wurde am 12. Oktober 1782 gegründet.
Die Apotheke "Zum römischen Kaiser" gehört zu jenen mit einer Personalbefugnis ausgestatteten Apotheken, deren Gründung durch Kaiser Joseph II. im Zusammenhang mit der strafweisen Schließung der Apotheke "Zum goldenen Löwen" und der Aufhebung des Apothekenkollegiums am 23. August 1782 ermöglicht wurde. Sie befand sich seit ihrer Gründung am 12. Oktober 1782 in der Wollzeile, allerdings nicht immer im gleichen Haus.
Eröffnet wurde die Apotheke vom früheren Provisor der Filialapotheke des Gremiums in der Vorstadt Lichtental, dem damals im 33. Lebensjahr stehenden (demnach um 1749 geborenen) Franz Johann Bayer. Trotz des günstigen Standortes, aber aufgrund nicht niedriger Steuerleistungen und zu zahlender Kredite geriet Bayer in Zahlungs- und Liquiditätsschwierigkeiten, die schließlich dazu führten, dass er die Apotheke am 3. März 1803 verlor.
19. Jahrhundert
Die neue Konzession für die Apotheke bekam der Provisor der Apotheke im Allgemeinen Krankenhaus, Johann Jesowitz (auch Johann Heinrich Jesovits). Unter Jesowitz’ Leitung dürfte sich die wirtschaftliche Lage der Apotheke gebessert haben, wenngleich sich die Steuerleistung in den ersten Jahren lediglich durch Geldentwertung und Kriegszuschläge erhöhte.
Inventar der Apotheke 1831
Jesowitz starb am 18. Februar 1831. Zu seiner Verlassenschaft gehörten 426 Büchsen (davon 48 aus Zinn, 100 aus Porzellan und 224 aus Holz, weiteres 54 runde Salzbüchsen mit Messingdeckeln), 116 Maß- und Halbflaschen und 24 Pulverschachteln. An Geräten aus Messing waren fünf "Tarawaagen" samt Gewichten, acht Handwaagen und sechs Handmörser vorhanden, weiteres fünf kleine Pulverwaagen, 30 eiserne Spachteln und fünf zinnerne Mensuren. In der Materialkammer wurden 100 Flaschen verschiedener Größe, 104 irdene Tiegel, 16 steinerne Mörser und eine Kupferwaage mit 20 Pfund Gewichten vorgefunden. Hier standen auch zwei Betten für die Laboranten. Im Laboratorium zählte man vier Mörser (aus Messing bzw. Eisen), sieben Kessel (aus Messing, Kupfer und Zinn), zehn Messingpfannen, ein kupfernes Kühlwandel (Kühlwanne), zehn Filtrierstutzen, vier Trichter, zwölf Pulversiebe und drei kupferne Destillierkessel, außerdem ein großer eiserner Trokofen (Trockenofen). Im Wasserkeller befanden sich 278 Flaschen und Tiegel, in einem anderen Kellerteil (dem so genannten Handkeller) 150 Flaschen. Schließlich verfügte die Apotheke noch über einen Kräuterboden (zu dem der Trockenofen im Laboratorium zu rechnen ist). Auch die Lagerbestände an Arzneien wurden verzeichnet und bieten eine bemerkenswerte pharmaziehistorische Quelle.
Nach dem Ableben Jesowitz’ am 18. Februar 1831 führte seine Witwe Theresia Jesowitz die Apotheke mit Hilfe von Provisoren weiter. 1850 übernahm Heinrich Jesowitz, Sohn des verstorbenen Besitzers, die Leitung der Apotheke.
Aufgrund des Abbruches des Hauses 1871 übersiedelte die Apotheke in das gegenüberliegende Haus Wollzeile 13. Hier behielt sie bis heute ihren Standort.
Nach fast 25 Jahren trat Heinrich Jesowitz die Apotheke dem 32-jährigen Apothekenprovisor Friedrich Edler von Wöß ab. Nach dessen Tod führte seine Witwe, Wilhelmine Edle von Wöß, mit magistratischer Bewilligung die Apotheke mit Hilfe des Provisors Theodor Seidl kurze Zeit weiter. Noch im selben Jahr (1881) verkaufte Wilhelmine von Wöß die Apotheke an den früheren Provisor der Seewald’schen Apotheke, Hugo Bayer.
20. Jahrhundert
Nach Hugo Bayers Tod am 18. Dezember 1909 führten seine Erben (Dr. Hugo, Therese und Norbert Bayer) die Apotheke weiter. Am 1. Oktober 1912 kaufte der gewesene Apotheker in Franzensbad, Mag. pharm. Ignaz Zilz, die Apotheke, 1931 meldete er allerdings Ausgleich an, blieb allerdings noch bis 1938 Besitzer.
Am 8. Juni 1938 wurde Mag. pharm. Edwin Renner als verantwortlicher Leiter der Apotheke ins Handelsregister eingetragen, womit er dem Versuch des Apothekers Zilz, Mag. pharm. Milica Manzoni zur Leiterin einzusetzen, um zwei Tage zuvorkam. Das Schreiben von Zilz war durch die bereits vollzogene "Arisierung" gegenstandslos geworden. Aber auch Renner konnte sich nicht halten und musste über Entscheidung des nationalsozialistischen Wiener Magistrats Dr. et Mag. pharm. Josef Salomon weichen, der am 1. August 1938 zum verantwortlichen Leiter eingesetzt, und am 27. Dezember 1938 als Inhaber ins Handelsregister eingetragen wurde. Inzwischen war Zilz gezwungen worden, am 7. November 1938 seine Konzession zurückzulegen, die sogleich an Salomon weitergegeben wurde.
Als sich die sowjetrussischen Truppen Wien näherten, verließ Salomon am 7. April 1945 Wien in Richtung Westen. Am 18. Oktober 1945 wurde Dr. Schrutka zum verantwortlichen Leiter bestellt und die Apotheke am 11. April 1946 unter öffentliche Verwaltung gestellt. Mag. pharm. Max Winternitz, zunächst interimistischer Leiter, wurde am 23. April 1946 zum verantwortlichen Leiter bestimmt. Am 25. Jänner 1949 erfolgte die Rückstellung der Apotheke an Margarete Zilz, die Schwiegertochter des Ignaz Zilz. Als Leiter wurde vom Magistrat von Amts wegen neuerlich Mag. pharm. Winternitz bestellt, dem einige Monate später Mag. pharm. Friedrich Füllenbaum folgte. Nachdem Josef Salomon seine Konzession zurückgelegt hatte, wurde diese am 26. Oktober 1949 an Mag. pharm. Friedrich Füllenbaum vergeben.
Am 9. April 1951 wurde die bereits bekannte Mag. pharm. Milica Manzoni als verantwortliche Leiterin (und Verwalterin) eingesetzt.
Ab dem 4. Mai 1976 firmierte als Konzessionär und zugleich als Inhaber der Firma "Mag. pharm. Dr. F. Windischbauer & Co." und Mag. pharm. Dr. Franz Windischbauer.
21. Jahrhundert
Seit 12. Jänner 2019 ist Mag.a pharm. Claudia Westhausser Inhaberin und Konzessionärin.
Besitzerliste
- 1782–1803 Franz Johann Bayer (vorher Provisor der kollegialen Apotheke des Gremiums in der Vorstadt Lichtental [Wien 9])
- 1803–1831 Johann Jesowitz, * 1764, † 18. Februar 1831 Wien (vorher Provisor der Apotheke des Allgemeinen Krankenhauses)
- 1831–1850 Theresia Jesowitz (Witwenbetrieb)
- 1850–1874 Heinrich Jesowitz (Sohn)
- 1874–1881 Friedrich Edler von Wöß, * 1843, † 10. Jänner 1881 Wien
- 1881 Wilhelmine Edle von Wöß (Witwenbetrieb)
- 1881–1909 Hugo Bayer sen., † 18. Dezember 1909
- 1909–1912 Hugo jun., Therese und Norbert Bayer (Erben)
- 1912–1938 Ignaz Zilz
- 1938 "Arisierung" durch die nationalsozialistische Stadtverwaltung: Edwin Renner
- 1938–1945 Josef Salomon (OHG)
- 1945–1949 Rückstellungsverfahren
- 1949–? Margarete Zilz (Schwiegertochter des Ignaz Zilz)
- 1976–2019 Mag. pharm. Dr. F. Windischbauer & Co. (Inhaber) (Konzessionär Franz Windischbauer)
- seit 2019 Mag. pharm. Claudia Westhausser e. U (Inhaberin / Konzessionärin)
Standorte
- 1782–1871 (Umzug wegen Hausabbruch) Wollzeile 8 (Konskriptionsnummer 866/819/917, "Zum Strobelkopf"), heute Teilareal von Wollzeile 6-8
- seit 1871 Wollzeile 13 (Konskriptionsnummer 776)
Apothekenschild
- seit 1782 "Zum römischen Kaiser"
Literatur
- Felix Czeike: Geschichte der Wiener Apotheken, Die Apotheken im heutigen ersten Wiener Gemeindebezirk. Innsbruck: Studienverlag. Band 50, 2010, S. 381-391
- Leopold Hochberger / Joseph Noggler: Geschichte der Wiener Apotheken. Wien: Verlag des Wiener Apotheker-Hauptgremiums 1917-1919, S. 48 ff.
- Emmerich Siegris: Alte Wiener Hauszeichen und Ladenschilder. Wien: Burgverlag 1924, S. 63 f., S. 84
- Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 3: Allgemeine und besondere Topographie von Wien. Wien: Jugend & Volk 1956, S. 367