Antonia Bruha
Antonia Bruha, *1. März 1915 Wien, † 27. Dezember 2006 Wien, Widerstandskämpferin, Autorin.
Biografie
Antonia Bruha, geborene Spath, kam in Wien zur Welt und verbrachte die ersten sechs Lebensjahre in Böhmen bei ihren Großeltern. Nach ihrer Übersiedlung zurück nach Wien besuchte sie − auf Wunsch ihres sozialdemokratischen Vaters − die tschechische Komensky-Schule. Nach Schulabschluss absolvierte sie eine Ausbildung zur Frisörin und Schönheitspflegerin. Sie wurde Mitglied eines tschechischen Arbeiterturnvereins und schloss sich enger an sozialdemokratische Kreise an. 1933 begann sie, für die tschechische Arbeiterpresse (wie "Vídeňské dělnické listy" und "Mladý dělnik") zu schreiben. Vor ihrer Heirat mit Josef Bruha verfasste sie unter dem Pseudonym Tanja Spatová und später unter Tana Bruhova vor allem Kurzgeschichten, Gedichte und Artikel mit vorwiegend sozialdemokratischen Inhalten.
1934 wurde die sozialdemokratische Partei verboten und Antonia beteiligte sich gemeinsam mit ihrem Mann − einem sozialdemokratischen Jungfunktionär und Schutzbündler − an der jetzt illegalen Parteiarbeit. So schmuggelte sie unter anderem die "Arbeiter-Zeitung" von Brünn über die Grenze. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten schloss sich das Ehepaar einer überparteilich geführten Widerstandsgruppe der Wiener Tschechen an.
In den von Antonia Bruha verfassten Flugschriften versuchte sie, vor allem die böhmischen, mährischen und slowakischen Bevölkerungsgruppen auf die Bedrohung durch die nationalsozialistischen Diktatur hinzuweisen. Außerdem war sie zusammen mit Franz Nakovitz an Brandanschlägen auf Wehrmachtseinrichtungen beteiligt und hielt als Kurierin den Kontakt mit dem tschechischen Widerstand aufrecht. 1940 wurde sie schwanger und musste den aktiven Widerstand verlassen.
1941 fiel das Ehepaar einer Verhaftungswelle zum Opfer. Obwohl ihr Mann entlassen wurde, blieb Antonia in Haft und wurde im Zuge der Verhöre auf brutale Weise physisch wie psychisch misshandelt. 1942 brachte man sie in das KZ Ravensbrück. Dort schloss sie sich dem Lagerwiderstand an und versuchte, durch das Abzweigen von Medikamenten oder Warnungen vor bevorstehenden Selektionen Leben zu retten. Da Antonia Bruha ein Schutzhäftling war, drohte ihr − kurz vor der Auflösung des Lagers − die Exekution. Sie konnte jedoch untertauchen und floh zusammen mit zwei anderen Frauen von einem der letzten Evakuierungstransporte und schlug sich bis nach Wien durch.
Dort verbrachte sie einige Zeit im Spital und begann, ihre Erlebnisse niederzuschreiben. Anschließend arbeitete Antonia Bruha von 1946 bis 1955 als Übersetzerin bei "Radio Wien" und schrieb für die "Vídeňské svobodné listy" unter anderem über ihre Zeit im Widerstand. Endlich konnte sie auch ihre Tochter wiedersehen, die ihr während der Verhöre in der Gestapozentrale wegenommen und − mit Einverständnis des Vaters − in eine Pflegefamilie gegeben worden war.
Nach 1945 trat Antonia Bruha der Kommunistischen Partei bei und widmete sich der Erinnerungs- und der antifaschistischen Aufklärungsarbeit. 1947 war sie federführend bei der Gründung der Österreichischen Lagergemeinschaft Ravensbrück, die sich von Anfang an als überparteiliche Vereinigung präsentierte. 1980 begann sie zusammen mit anderen Mitgliedern, eine Dokumentensammlung zum KZ Ravenbsbrück aufzubauen. Diese wurde 1984 dem Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes überantwortet.
Seit den 1960ern trat Antonia Bruha auch als Zeitzeugin in Schulen auf und wurde wegen ihrer Tätigkeit im Widerstand mit etlichen in- und ausländischen Ehrungen ausgezeichnet. Unter anderem erhielt sie 2001 das Goldene Verdienstzeichen der Stadt Wien. Gemeinsam mit Regine Chum, Helene Igerc, Rosa Winter, Katharina Thaller und Aloisia Hofinger ist Bruha eine der sechs porträtierten Frauen im Dokumentarfilm "Vom Leben und Überleben" (Regie: Gerda Klingenböck, Bernadette Dewald), der 2003 Premiere feierte.
Am 27. Dezember 2006 starb Antonia Bruha und wurde am Zentralfriedhof in Wien bestattet.
Werke
- Antonia Bruha: Ich war keine Heldin. Wien: Europaverlag 1984
Literatur
- Ilse Korotin [Hg.]: biografiA. Lexikon österreichischer Frauen. Band 1. Wien / Köln / Weimar: Böhlau 2016, S. 442-444
- Handbuch der Stadt Wien. Wien: Jugend & Volk 2002, Teil II, S. 260