Anna Vavak
Anna Vavak, * 4. März 1913 Wien, † 18. November 1959 Wien, Verkäuferin, Beamtin, Widerstandskämpferin.
Biografie
Anna Vavak wurde in eine in Wien lebende tschechische Arbeiterfamilie geboren. Sie war Teil der sozialistischen Jugendbewegung und später Mitglied der Kommunistischen Partei Österreichs (KPÖ). Nachdem ein Studium aus finanziellen Gründen nicht möglich war, arbeitete sie unter anderem im "Kaufhaus der Wiener" (vor der Arisierung: Warenhaus Gerngroß) als Verkäuferin.
Anna Vavak war im kommunistischen Widerstand gegen den Nationalsozialismus aktiv und gehörte der größten tschechischen Widerstandsgruppe – von der Gestapo als "Tschechische Sektion der KPÖ" bezeichnet – an. Diese verbreitete etwa Flugzettel und verübte Anschläge auf wichtige Infrastruktur, Materialdepots und Wehrmachtseinrichtungen. Laut Gestapo-Tagesbericht Nr. 4 wurde Vavak am 8. Oktober 1941 – nach anderen Quellen bereits am 28. September – "wegen Betätigung für die KPÖ" festgenommen. Über mehrere Gefängnisse wurde sie schließlich in das KZ Ravensbrück deportiert, wo sie am 2. Oktober 1942 ankam.
Auch im Konzentrationslager war Vavak maßgeblich im Widerstand engagiert. Bei ihrer Ankunft meldete sie sich mit dem Gedanken, der lokalen Bevölkerung von den Vorkommnissen im Konzentrationslager zu berichten, zur Zwangsarbeit bei der Siemens & Halske AG. Der zweitgrößte, dort angesiedelte Betrieb lag außerhalb des Lagers, stellte vordergründig Bestandteile für Fernsprecher, Messgeräte sowie Radiogeräte her und wurde von Zivilpersonen geleitet. Vavak war dort zunächst Schreibkraft, stieg jedoch rasch zur Hauptanweiserin auf. Diese hohe Stellung als Funktionshäftling erlaubte ihr unterschiedliche Arten von Sabotage, etwa die Manipulation der Akkordberechnungen, das Senken der Produktionszahlen oder das Unterbringen von gefährdeten Mithäftlingen. Vavak gelang am 29. April 1945 die Flucht vom Todesmarsch.
Anna Vavak kehrte nach der Befreiung nach Wien zurück und kandidierte bei den ersten Landtags- und Gemeinderatswahlen der Zweiten Republik 1945 für die KPÖ im Wahlkreis IV. 1946 heiratete sie Hans Maršálek (1914–2011), der ebenfalls als Widerstandkämpfer aktiv gewesen war und das KZ Mauthausen überlebt hatte. Anna Vavak, verheiratete Maršálek, verstarb 1959 46-jährig in Wien und wurde im Familiengrab am Jedleseer Friedhof beigesetzt.
Quellen
- DÖW: Gestapo-Tagesbericht Nr. 4 vom 9.10.–10.10.1941
- ANNO: Kandidaten der jungen Generation. In: Österreichische Volksstimme, 22.11.1945
Literatur
- Cathrin Hermann: Widerstand und Geschlecht. Geschlechterrollen im österreichischen Widerstand und deren Darstellungen in der Forschungsliteratur nach 1945 – Ein Vergleich zwischen der "Österreichischen Freiheitsbewegung" und der so genannten "Tschechischen Sektion der KPÖ". Diss., Universität Wien. Wien 2011
- Annette Neumann: Funktionshäftlinge im Konzentrationslager Ravensbrück. In: Werner Röhr / Brigitte Berlekamp [Hg.]: Tod oder Überleben. Neue Forschungen zur Geschichte des Konzentrationslagers Ravensbrück. Berlin: Edition Organon 2001
- Bärbel Schindler-Saefkow: Siemens & Halske im Frauenkonzentrationslager Ravensbrück. In: Utopie kreativ 115/116 (Mai/Juni 2000), S. 512–519
- ANNO: Erika Thurner: Hans Maršalek – Der Weg eines Wiener Tschechen ins KZ. In: Zeitgeschichte 2 (Oktober 1989 – September 1990), S. 90–112
- ÖsterreicherInnen im KZ Ravensbrück: Anna Marsalek [Stand: 27.08.2024]