Anna Hand
Anna Hand, * 1911, † 31. Oktober 1987, Widerstandskämpferin.
Biografie
Anna Hand wurde in eine Wiener Arbeiterfamilie geboren. Sie schloss ihre Schulbildung mit der Matura ab und absolvierte anschließend eine Bürolehre.
Anna Hand war Mitglied der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei und engagierte sich ab 1934 im kommunistischen Widerstand, zunächst gegen das austrofaschistische, danach gegen das nationalsozialistische Regime. Da ihr Ehemann, der Wiener Lehrer Karl (Carl) Hand (geboren 1898), Jude war emigrierte das Ehepaar nach Belgien. Auch dort war Anna Hand weiterhin im Widerstand aktiv und arbeitete etwa mit Auguste Bailly, Hertha Fuchs-Ligeti, Lotte Brainin und Hedy Urach zusammen. Als Fremdarbeiterin getarnt wurde sie schließlich zurück nach Wien geschickt, wo sie 1942 festgenommen und 1943 in das KZ Ravensbrück deportiert wurde.
Im Konzentrationslager setzt Anna Hand ihre Widerstandstätigkeit fort. Sie leistete gemeinsam mit Ilse Hunger und Maria Berner Zwangsarbeit im Büro "Arbeitseinsatz", wo die Häftlingslisten für Arbeitskommandos oder Transporte zusammengestellt wurden. Diese Funktion erlaubte den drei Frauen zum Teil andere KZ-Häftlinge durch Manipulation der Listen oder falschen Karteieintragungen zu retten. So gelang es ihnen unter anderen die Widerstandskämpferinnen Antonie Lehr, Gerty Schindel und Edith Rosenblüth durch falsche Identitäten auf einen Transport des Roten Kreuzes zu schmuggeln mit dem sie nach Schweden entkommen konnten.
Gemeinsam mit Maria Berner, Mali Fritz und Hermine Nierlich-Jursa gelang Anna Hand am 30. April 1945 die Flucht vom Evakuierungsmarsch. Nach Wien zurückgekehrt lebte sie den Rest ihres Lebens mit Maria Berner, die sie im KZ Ravensbrück kennen gelernt hatte, zusammen. Auf gesetzlicher Ebene wurde die Beziehung der beiden Frauen erst 1971 mit der Reform des Paragrafen 129Ib ("Unzucht wider die Natur mit Personen desselben Geschlechts") entkriminalisiert. Sie adoptierten die Kriegswaise Ilse und zogen sie gemeinsam auf.
Wenige Wochen nach der Rückkehr nach Wien war Anna Hand Mitautorin der Broschüre "Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück. Geschildert von Ravensbrücker Häftlingen" (mit Maria Berner, Antonia Bruha, Lisa Kammerstätter (Zisa Diasek), Hermine Löwenstein, Hermine Nierlich-Jursa, Anna Poskocil, Anna Schefzik, Marie Strnad, Irma Trksak und Rosa Vostarek), in der die Frauen ihre KZ-Erfahrungen schilderten. Mit anderen ehemaligen KZ-Häftlingen gründete Anna Hand 1947 die Österreichische Lagergemeinschaft Ravensbrück und FreundInnen (ÖLGR). Im ersten Ravensbrück-Prozess 1946/1947 sagte sie gegen 16 angeklagte Aufseher*innen des KZ Ravensbrücks als Zeugin aus. Davon berichtete Hand nach Wien zurückgekehrt in einer Veranstaltung des Österreichischen Presseclubs, bei der sie gemeinsam mit den ehemaligen KZ-Häftlingen Lotte Brainin, Melanie Ernst und Rosa Jochmann über ihre Erlebnisse im KZ Ravensbrück sprach. Außerdem gehörte sie dem Wiener Landespräsidium des KZ-Verbandes an.
Anna Hands Ehemann überlebte die nationalsozialistische Verfolgung nicht. Er wurde am 14. August 1942 vom französischen Durchgangslager Drancy in das KZ Auschwitz deportiert und ermordet.
Anna Hand arbeitete nach 1945 für die Volkshilfe und die KPÖ. Sie starb 1987 und wurde am Wiener Zentralfriedhof beigesetzt. Seit 2008 erinnert im 3. Bezirk der Anna-Hand-Weg an die Widerstandskämpferin.
Quellen
- ANNO: Wienerin als Zeugin über Ravensbrück. In: Wiener Zeitung, 31.12.1946
- ANNO: Oesterreichische KZlerinnen zum Prozeß von Ravensbrück. In: Welt am Abend, 20.02.1947
- ANNO: Verfahren zur Todeserklärung. Carl Hand. In: Wiener Zeitung, 05.12.1948
- ANNO: Neue Funktionäre der Landesverbände – Landesverband Wien. In: Der Neue Mahnruf, November 1955
- ANNO: Wiener Delegiertenkonferenz. In: Der Neue Mahnruf, Dezember 1967
Literatur
- biografiA: Hand Anna [Stand: 12.07.2024]
- Internationales Ravensbrück Komitee: Ilse Hunger, Anna Hand und Mitzi Berner [Stand: 12.07.2024]
- ÖsterreicherInnen im KZ Ravensbrück: Die Lagergemeinschaft [Stand: 12.07.2024]
- Eva Storrer: Aufseherinnen im KZ Ravensbrück: "Ich bin unschuldig". In: Norddeutscher Rundfunk, 20.12.2021
- Melanie Götz: Zweierlei Courage: Lesben gegen Nazis. In: L.MAG – Das Magazin für Lesben, 01.05.2021
- Peter Autengruber: Vom Reinelt-Steg zum Hirsch-Weg. Nach KommunistInnen benannte Verkehrsflächen in Wien. In: Alfred Klahr Gesellschaft Mitteilungen 1 (2020), S. 1–11
- Peter Autengruber: Lexikon der Wiener Straßennamen. Bedeutung, Herkunft, Hintergrundinformation frühere Bezeichnung(en). Wien Pichler-Verlag, 9. Auflage 2014, S. 34
- Julia Hürner: Lebensumstände lesbischer Frauen in Österreich und Deutschland – von den 1920er Jahren bis zur NS-Zeit. Dipl. Universität Wien. Wien 2010
- Karin Berger / Elisabeth Holzinger / Lotto Podgornik / Lisbeth N. Trallori [Hg.]: Ich geb Dir einen Mantel, daß Du ihn noch in Freiheit tragen kannst. Widerstehen im KZ. Österreichische Frauen erzählen. Wien: Promedia 1987
- Geschildert von Ravensbrücker Häftlingen: Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück. Wien: Stern-Verlag 1945