Aron Menczer
Aron Menczer, * 18. April 1917 Wien, † 7. Oktober 1943 Konzentrationslager Auschwitz, Jugendleiter, Opfer der Shoah.
Biografie
Aron Menczer war der vierte Sohn des Ehepaars Simcha und Bluma Menczer, die um 1900 aus Galizien nach Wien gekommen waren und in der Leopoldstadt wohnten. Die Eltern waren sehr religiös geprägt, dem Zionismus gegenüber jedoch aufgeschlossen. Einige seiner fünf Brüder engagierten sich in zionistischen Jugendorganisationen; sie alle sowie die Eltern wanderten zwischen 1932 und 1939 in das britische Mandatsgebiet Palästina aus.
Aron besuchte bis zum 16. Lebensjahr das Gymnasium und arbeitete danach bei verschiedenen Firmen. Im zionistischen Jugendverein "Gordonia" fand er Anregung zum autodidaktischen Studium der hebräischen Sprache, der jüdischen Geschichte und der Palästinakunde. Hier entdeckte er auch seine erzieherische Begabung und avancierte in der Bewegung zum "Madrich" (hebräisch für "Wegweiser"; Bezeichnung für den Leiter einer Jugendgruppe im Zionismus). 1937 leitete er das letzte Jugendlager der "Gordonia".
Nach dem "Anschluss" wurde in Wien die Arbeit der "Jugendalijah" (die Bewegung zur Auswanderung nach Palästina) intensiviert, ihre Beratungsstelle in der Marc-Aurel-Straße 5 ausgebaut und Umschulungskurse für die jüdische Jugend angeboten. Aron Menczer gehörte zum Stab der Organisation und fungierte als einer der Vortragenden in den Kursen. Anfang 1939 begleitete er eine Gruppe jugendlicher Auswanderer nach Palästina und bereiste das Land. Gegen den Rat seiner Familie kehrte er nach Wien zurück, um weiteren jüdische Kindern und Jugendlichen für die Ausreise vorbereiten zu können.
Im September 1939 wurde der damals 22-jährige Menczer mit der Leitung der "Jugendalijah" betraut, der er sich bis zu ihrer Auflösung 1941 mit ganzer Kraft widmete. Wie durch vielfache Erinnerungen belegt ist, vermochte er es dank seines Organisationstalentes und seiner charismatischen Persönlichkeit, das Jugendzentrum in der Marc-Aurel-Straße zu einer Art "Oase" für junge Jüdinnen und Juden inmitten eines von Verfolgung, Entrechtung und später Deportation geprägten Alltags zu machen. Er übernahm auch die Vormundschaft für elternlose Kinder in der "Jugendalijah" und begleitete den Schmuggel von Kindern über die Grenze in das noch unbesetzte Jugoslawien. 1941/1942 organisierte er noch inzwischen illegale Zusammenkünfte in Privatwohnungen.
Am 24. September 1942 wurde der junge Mann vorerst nach Theresienstadt deportiert, wo er in der von der jüdischen Ghettoselbstverwaltung aufgebauten Jugendbetreuung mitarbeitete. Hier organisierte er Sabbat-Abende und hielt zahlreiche Vorträge. Im Oktober 1943 begleitete er eine Gruppe von ihm betreuter Kinder auf ihrer Deportation in das Vernichtungslager Auschwitz, wo er mit diesen in den Gaskammern ermordet wurde.
Im November 2012 wurde an der Stätte seines Wirkens, in der Marc.Aurel-Straße 5, von der Stadt Wien eine Gedenktafel für Aron Menczer enthüllt.
Literatur
- Israelitische Kultusgemeinde Wien (Hg.): Trotz allem … Aron Menczer 1917-1943. Wien/Köln/Weimar: Böhlau 1993
- Bundespressedienst [Hg.]: „Auf Wiedersehen in Palästina“ Aron Menczers Kampf für die Rettung jüdischer Kinder im nationalsozialistischen Wien. Wien: Bundespressedienst 1996
- Gedenktafel für Aron Menczer enthüllt. In: Rathauskorrespondenz, 09.11.2012
- Jüdisches Museum: Chawerim Chasak – 100 Jahre jüdische Jugendbewegung Haschomer Hatzair. In: Rathauskorrespondenz, 11.06.2013
- Joanna Nittenberg/Benjamin Kaufmann: Trotz allem … Aron Menczer und die Jugendalijah. Wien: Edition INW2013