48° 13' 22.75" N, 16° 30' 8.30" E zur Karte im Wien Kulturgut
Flugfeld Aspern (22).
Nachdem auf der Simmeringer Haide Flugversuche unternommen worden waren (Flugfeld Simmering) und der erste Flugplatz Österreichs 1909 in Wiener Neustadt eröffnet worden war, wurde 1912 (nach ersten Erfolgen auf flugtechnischem Gebiet; Flugwesen) das Flugfeld Aspern eingerichtet, das anfangs ein Ausmaß von 850 x 800 Meter hatte und bis 1938 direkt an der Stadtgrenze zu Niederösterreich lag. Die Wahl fiel auf Aspern, damals 21. Bezirk, da dieses Gebiet gute Verbindungen zum Stadtzentrum hatte. Das weite Gelände des Marchfeldes bot ideale Bedingungen, um Notlandungen durchführen zu können. Diese musste man in den Anfängen des Flugwesens noch stark in Betracht ziehen.
Das Flugfeldareal wurde allmählich von Hangars, Werkstätten und Betriebsgebäuden samt Benzin- und Ölstation umsäumt. Am 25. Jänner 1912 erfolgte durch den Flugtechnischen Verein, den Aero-Club, den Automobilklub, die Motorluftfahrzeuggesellschaft und einige interessierte Firmen die Gründung der "Wiener Flugfeld GmbH." (Kapital 125.000 Kronen), die über Initiative des Österreichischen Aero-Clubs (Präsident Prof. Dr. Constantin Freiherr von Economo) und des Flugtechnischen Vereins (Präsident Ing. Alexander Cassinone, Freiballonfahrer) Aspern als Standort für das künftige Flugfeld auswählte. Am 23. Juni 1912 erfolgte die Einweihung des Flugfelds.
Anlässlich der Eröffnung wurde das erste Flugmeeting in Aspern abgehalten, genannt "Internationales Flugmeeting Wien". Dieses dauerte vom 23. bis 30. Juni 1912, 15 bis 19 Uhr, mit täglich bis zu 100.000 Besucher, auch 6.000 Automobile wurden gezählt. Die Presse der damaligen Zeit rühmte: "Im amerikanischen Tempo war aus einer öden Heide, einem unergründlichen Staub- und Kotmeer, ein spiegelglattes planiertes, hart gewalztes Feld geworden. Man arbeitete sogar nachts und brachte innerhalb kürzester Zeit eines der schönsten Flugfelder der Welt zustande, wie ein französischer Besucher äußerte".
Zuvor hatte 1910 bereits eine derartige Veranstaltung in Wiener Neustadt stattgefunden. Hermann Dostal schrieb aus diesem Anlass die Operette "Der fliegende Rittmeister" mit dem populär gewordenen Riegermarsch "In der Luft, in der Luft fliegt der Paprika" (Erstaufführung 5. Oktober 1912 im Apollotheater [6]). Höhepunkte erreichte die Flugwoche mit den Weltrekorden von Oberleutnant von Blaschke (Höhenflug 4.300 Meter) und Sablatnig (Distanzflug 201,8 Kilometer); außerdem wurde ein Wettflug Wien-Wiener Neustadt-Wien abgehalten. Österreich entwickelte sich zu einer führenden Luftfahrtnation; von den Ende 1912 registrierten Weltrekorden hielt Österreich 18 und lag damit hinter Frankreich (45) und vor Italien (elf) an zweiter Stelle.
Allmählich ergab sich eine Trennung zwischen einem Zivil- und einem Militärflugplatz; auf dem militärischen Teil wurden zwei Flugparks und eine Fliegerschule untergebracht (Übungsflugzeuge: Etrichtaube, Lohner-Pfeilflieger, Blériot- und Fokker-Flugzeug). Zu Beginn des zweiten Internationalen Flugmeetings (15.-22. Juni 1913) fuhr Graf Zeppelin mit seinem Luftschiff "Sachsen" über Wien und landete in Aspern. Diesmal gab es artistische Kunstflüge sowie einen Höhenflug (Karl Illner, 4.170 Meter). 1914 wurde das dritte Flugmeeting abgehalten. Ende 1914 wurde in Aspern die Fliegerersatzkompanie I stationiert; später war Aspern Abnahme- und Einflugzentrum der k.u.k. Luftfahrtruppen. Am 16. September 1916 fand der Flugpionier und Kunstflieger Heinrich Bill (Billgasse) bei einem Testflug in Aspern den Tod. 1917 wurde die Auto- und Flugzeugfabrik Steyr Werk (10., Laxenburger Straße 135) eröffnet.
Am 1. April 1918 war der Flugplatz Aspern Ausgangspunkt der ersten Internationalen Flug(post)linie der Welt (Wien-Krakau-Lemberg-Proskurow-Kiew; Probeflüge ab 20. März 1918, Durchführung des ersten Flugs durch Franz Zuzmann, Einstellung November 1918). Am 4. Juli 1918 wurde die Luftpostlinie Wien-Budapest eröffnet. Am 6. Dezember 1918 rief das Staatsamt für Heerwesen die "Deutsch-österreichische Fliegertruppe" ins Leben, die am 2. Jänner 1919 in Aspern die Fliegerhorste fünf und sechs aufstellte (über Anordnung der Interalliierten Kontrollkommission im August 1919 aufgelöst).
Am 6. April 1922 wurde der Flughafen Aspern in staatliche Verwaltung übernommen. Mit der Einbeziehung in den Internationalen Liniendienst (1. Juni 1922, "Franco Roumaine" mit der Strecke Paris-Prag-Wien-Budapest-Bukarest) war Wien an das europäische Flugnetz angeschlossen. Am 14. Mai 1923 landete die erste Junkers F-13 aus München in Wien-Jedlesee, am 23. Mai wurde der fahrplanmäßige Verkehr der Österreichischen Luftverkehrs-AG (ÖLAG) aufgenommen. Seit 1924 war Aspern der Heimathafen der "ÖLAG".
1925 wurden bereits 816 Fernflüge absolviert (56,6 Tonnen Post, 1.460 Passagiere). Zur selben Zeit wurde das Projekt der Errichtung eines Flughafens in Mauer diskutiert (Flugfeld Mauer). Am 17. März 1927 landete ein dreimotoriges Großflugzeug der ÖLAG (Junkers G-24) in Wien, am 30. Mai 1928 wurde das Großflugzeug Junkers G-31 in Betrieb genommen. 1930 wurde der Flugplatz für den Internationalen Flugverkehr großzügig ausgebaut; daraufhin flogen zehn Gesellschaften Wien an. Am 12. Juli 1931 landete in Aspern der Zeppelin LZ 127 ("Graf Zeppelin") unter Führung Dr. Eckeners, der sich damit für die österreichischen Spenden bedankte, die zum Bau des Luftschiffs beigetragen hatten. Nachdem der Platz in den 1920er Jahren weiterhin Schauplatz zahlreicher Flugmeetings gewesen war, wurde er in den 1930er Jahren Station der Europaflüge der FAI und Ausgangspunkt der österreichischen Pfingst- und Alpenflüge.
Im Februar 1934 starteten von hier Aufklärungsflugzeuge der Polizei beziehungsweise Heimwehr; Aspern war auch Ausgangspunkt für den Kampfeinsatz des Feldpiloten des Ersten Weltkriegs Godwin Brumowski gegen den Goethehof (22).
Die Österreichischen Luftstreitkräfte benutzten Aspern als Fliegerhorst (1936: Jagd- und Aufklärungseinheiten des FIR 1). Am 19. September 1937 wurde in Aspern ein Großflugtag der Österreichischen Luftstreitkräfte abgehalten, die sich damit erstmals in großem Rahmen der Öffentlichkeit vorstellten. 1938-1945 war Aspern zugleich Verkehrsflughafen und Fliegerhorst der deutschen Luftwaffe; am 12. März 1938 landeten in Aspern Vorkommandos der deutschen Wehrmacht, bald darauf Teile der Kampfgeschwader 155 und 255, des Stuka-Geschwaders 165 und der Jagdgruppe I./JG 135. 1938/1939 gab es die Destinationen London, Paris, Köln, Nürnberg, Zürich, Warschau, Budapest, Bukarest und Istanbul. Im April 1945 wurde der Flughafen Aspern fast völlig zerstört; er wurde bis 13. April von Verbänden der Grenadierdivision "Der Führer" gehalten.
1945-1955 wurde Aspern von der sowjetrussischen Besatzungsmacht als Stützpunkt benützt, nach Abschluss des österreichischen Staatsvertrags (1955) vom Aero-Club übernommen und ab 1956 (da der Zivilluftverkehr während der Besatzungszeit nach Bad Vöslau, Langenlebarn und Schwechat verlegt worden war) als Zentrum der luftsportlichen Ausbildung im Wiener Raum (Sportfliegerei, Fallschirmspringer usw.) benützt. 1946 wurde Österreich wieder ans internationale Flugnetz angeschlossen (Schwechat, Langenlebarn), 1948 erfolgte die Freigabe des Modellflugs, 1949 jene des Segelflugs.
Noch vor dem Staatsvertrag kam es am 11. Dezember 1953 zur Gründung der "Flughafen Wien Betriebsgesellschaft", am Tag des Staatsvertrags am 15. Mai 1955 zur Unterzeichnung des Vertrags über die Wiedererlangung der Lufthoheit, und am 26. Mai 1955 wurde der erste Flugtag nach dem Zweiten Weltkrieg abgeschlossen. 1955/1956 wurde der Ausbau von Wien-Schwechat beschlossen. Die Gründungssitzung der Austrian Airlines fand am 30. September 1957 in Wien statt; am 31. März 1958 erfolgte in Schwechat der Start zum ersten Linienflug der AUA, 1963 die Taufe der Caravelle VIR, des ersten Düsenflugzeugs, auf den Namen "Wien".
Am 26. März 1977 wurde der Flughafen Aspern mit einer Großveranstaltung geschlossen, da dessen Flugverkehr zu nahe an der Anflugschneise der neuen zweiten Piste in Wien-Schwechat gewesen wäre. Dessen zweite Piste wurde am 6. Oktober 1977 eröffnet. Das Gelände in Aspern wurde nun teilweise industriell genutzt (Ansiedlung des Motoren- und Getriebewerks General Motors Austria).
Das restliche Gelände wurde am 9. März 1992 von der Gemeinde Wien erworben. Mit Regierungsbeschluss vom Oktober 2003 wurde die Erarbeitung eines Masterplans für die städtebauliche Entwicklung des ehemaligen Flugfelds Aspern in Auftrag gegeben. 2005 wurde ein zweistufiges städtebauliches Verfahren ausgelobt, woraus der Entwurf des schwedischen Planungsbüros Tovatt Architects & Planners und des deutschen Projektentwicklungsbüros N+ Objektmanagement GmbH siegreich hervorging. Darauf basierend wurde gemeinsam mit den Architekten der Masterplan erstellt. Dieser wurde am 25. Mai 2007 im Gemeinderat beschlossen.
Der Entwurf der Seestadt Aspern sieht vor, dass auf 240 Hektar rund um einen zentral gelegenen See Wohnungen für rund 20.000 Menschen geschaffen werden. Ebenso viele Menschen sollen in der Seestadt Arbeit finden: 15.000 im Segment Büros und Dienstleistungen sowie 5.000 im Bereich Gewerbe, Wissenschaft, Forschung und Bildung. 2012 wurde das städtebauliche Leitbild für die Umsetzung des Projekts Aspern Seestadt noch einmal weiterentwickelt. Im September 2014 wurden die ersten Wohnungen bezogen. 2028 soll das Projekt abgeschlossen sein.
Aero-Club, Aspern, Flughafen Wien-Schwechat.
Literatur
- Unser schönes Floridsdorf. Blätter des Floridsdorfer Heimatmuseums. Nummer 6. Wien: Museumsverein Floridsdorf 1972, S. 61 ff.
- Unser schönes Floridsdorf. Blätter des Floridsdorfer Heimatmuseums. Nummer 11 (Donaustadt). Wien: Museumsverein Floridsdorf 1977, S. 40 ff.
- Helmut Kretschmer: Aus der Geschichte des Flugwesens in Wien. Veröffentlichung Wiener Stadt- und Landesarchiv B/32
- Der XXI. Wiener Gemeindebezirk. 1926, S. 106 ff.
- Peter Schubert: Schauplatz Österreich. Band 1/3: Wien. Wien: Hollinek 1976, S. 19 f.
- Wien aktuell. Revue einer europäischen Metropole. Ausgabe 12. Nummer 5. Wien: Jugend & Volk 1992, S. 1
- Christine Klusacek: Der Flughafen Wien-Aspern. In: Wien aktuell. Revue einer europäischen Metropole. Ausgabe 12. Nummer 5. Wien: Jugend & Volk 1992, S. 16
- Wolfram Lenotti: Mehr als ein Landeplatz. 75 Jahre Flughafen Wien, Wien 1987
- Peter Csendes (Hrsg.): Das Zeitalter Kaiser Franz Josephs I. Österreich 1848-1918. Tagebuch einer Epoche, Wien 1989
- Wienbibliothek (Hrsg.): "schwerer als Luft." 100 Jahre Motorflug in Wien. Katalog zur Ausstellung vom 18.9.2009 bis 26.2.1010, Wien 2009