Pumpwerk am Laaerberg
Automatisch-pneumatisches Pumpwerk am Laaerberg (10., Theodor-Sickel-Gasse).
Die Stadt Wien hat in den Jahren 1930/1931 an der Theodor-Sickel-Gasse nächst der Laaer Straße eine Wohnhausanlage errichtet, von der eine Fläche von rund 5,5 Hektar mit 525 Wohnungen nach Süden abfällt, so dass eine Kanalisierung mit Gravitation zum rechten Hauptsammelkanal nicht mehr möglich war. Es wurde deshalb von der für die Kanalisation zuständige Magistratsabteilung 30 an der Endlichergasse Kreuzung Holzknechtstraße das automatisch-pneumatische Pumpwerk am Laaer Berg errichtet, das die Abwässer dieses Gebietes in den Kanalvorkopf in der Endlichergasse nächst der Theodor Sickel-Gasse drückt. Das Abwasser wird durch den Kanalzug Theodor-Sickel-Gasse, Laaer Straße und Absberggasse zum Favoritner Entlastungskanal in der Quellenstraße geleitet. Die Niederschlagswässer müssen versickern, bzw. fließen sie über den Hang des Laaer Berges zum Liesingbach.
Die Anlage entspricht dem System Radlik, das damals bereits zur Hebung von Reinwasser in Verwendung stand, jedoch in Wien erstmalig für Abwässer verwendet werden sollte. Bei Erstellung der Anlage wurde auf größtmögliche Sicherheit im Betriebe Bedacht genommen und dementsprechend weitgehend Reserveeinrichtungen vorgesehen. Die maximale Leistung beträgt 2 x 25 Kubikmeter je Stunde, das sind 2 x 7 Liter pro Sekunde, die gesamte Förderhöhe 9,56 Meter, wovon ungefähr je die Hälfte auf Saugen und auf Drücken entfällt, die manometrische Widerstandshöhe rund 12 Meter. Das Abwasser wird durch eine 200 Millimeter eiserne Druckleitung zum Kanalvorkopf befördert.
Das Pumpwerk ist dreigeschossig angeordnet. Im untersten Geschoß befindet sich der kreisförmige Behälterraum von 8 Meter Durchmesser mit einem 18,3 Kubikmeter fassenden Pumpensumpf, in den eine Steinzeug-Sammelleitung, Durchmesser 300 Millimeter, das Abwasser abfallen lässt. Ober dem Pumpensumpf verbleibt ein rund 100 Kubikmeter fassender Reserveraum, der annähernd eine halbe Tagesabwassermenge speichern kann. Im darüber gelegenen Kesselraum befinden sich die Kessel der beiden vollständig gleichen Pumpen-Aggregate, und zwar je zwei Förderkessel, je ein Saugwind- und je ein Druckwindkessel. Das Abwasser wird den Förderkesseln, die abwechselnd saugen und drücken, durch drei Saugleitungen, Durchmesser 150 Millimeter, zugeführt und von ihnen durch die 97 Meter lange 200 Millimeter Druckleitung abgeleitet. Die erforderliche Druckluft wird gleich dem Kolben einer Kolbenpumpe von einem Kessel in den andern geleitet, wodurch jede Geruchsbelästigung vermieden wird. Sie hinterlässt in den Kesseln das zum Saugen erforderliche Vakuum. Unvermeidliche Luftverluste werden durch Schnüffelventile ersetzt. In den Leitungen sind Spezial-Druckklappen angebracht, so dass keine Verstopfungsgefahr besteht.
Ober dem Kesselraum liegt der rechteckige Maschinenraum mit den beiden doppelt wirkenden Kompressoren, die sowohl normalerweise elektrisch mit Schwimmerschaltung als auch bei Stromausfall mittels eines Benzolmotors, von Hand aus angelassen, betrieben werden können. Inmitten des Raumes steht das Herzstück der Anlage, der Umsteuerungsapparat für jede der beiden Gruppen, der die Umsteuerung von Saugen auf Drücken besorgt. Die beiden gleich starken Pumpen-Aggregate, von denen eines die 100% Reserve darstellt, sind hintereinander geschaltet, so dass erforderlichenfalls eine Leistung von 50 Kubikmeter je Stunde resultiert. Die Reihenfolge ihrer Schaltung wird jede Woche gewechselt, um eine möglichst gleichmäßige Beanspruchung zu erreichen. Ein am Umsteuerungsapparat angebrachter Hubzähler, verbunden mit einem Schreib-Druckluftpegel, ermöglicht eine genaue Arbeitskontrolle. Zwei Kesselfüllungen (1,5 Kubikmeter) entsprechen einer Zählung. Eine mit dem Schreibpegel gekuppelte Alarmanlage ruft im Falle einer Störung den Hausbesorger eines nahegelegenen Hauses ins Pumpwerk, der dieses zu betreuen und mindestens einmal täglich zu kontrollieren hat. Im Falle eines vorübergehenden Versagens kann der Reserveraum mittels eines Latrinenautos abgeschöpft werden.