Emilie Schleiss-Simandl, * 27. Jänner 1880 Rothenburg (Tschechien), † 2. Mai 1962 Gmunden, Keramikerin, Bildhauerin.
Biografie
Emilie Simandl war die Tochter der Gutsdirektors-Witwe Marie Simandl. Simandl besuchte zunächst die Fachschule für Tonindustrie in Znaim und konnte dann mithilfe eines Stipendiums nach Wien übersiedeln. Von 1904 bis 1909 studierte sie an der Kunstgewerbeschule, wo sie Franz Metzner (Fachklasse Bildhauerei) und Kolo Moser (Fachklasse Malerei) als Lehrer hatte.
1909 heiratete sie Franz Schleiss, den Leiter der "Gmundner Thonwaren-Fabrik", einer Töpferei, die er von seinem Vater und dem Gründer Leopold Schleiss übernommen hatte. Nach dem Tod des Vaters eröffnete das Paar 1910 die "Gmundner Tonwaren-Fabrik und keramische Werkstätte F. und E. Schleiss", dem Vorläufer der "Gmundner Keramik". 1912 wurde die Firma mit der von Michael Powolny und Bertold Löffler gegründeten Werkstätte "Wiener Keramik" fusioniert zur "Vereinigten Wiener und Gmundner Keramik und Gmundner Tonwaren-Fabrik Schleiss G.m.b.H." und führten die Marke zu größerer Bekanntheit. Schleiss arbeitete als Designerin und unterrichtete gleichzeitig an der "Lehrwerkstätte für Keramik, Schleiss Schule", die ihr Mann aufgrund des Arbeitskräftemangels nach dem Ersten Weltkrieg gegründet hatte. Sie war zudem für die Ofenfabriken Rudolf Sommerhuber in Steyr sowie Schadler-Hinterleitner in Linz tätig und fertigte für das Palais Stoclet in Brüssel, mit dessen Erbauung Josef Hoffmann und die Wiener Werkstätte beauftragt war, das Relief an der Fassade außerhalb des großen Stiegenhausfensters. Schleiss war Mitglied im Österreichischen Werkbund, bei der Vereinigung bildender Künstlerinnen Österreichs und der MAERZ.
1923 wurde das Unternehmen in eine Aktiengesellschaft umgewandelt, wodurch das Ehepaar Schleiss die Kapitalmajorität verlor. Zunehmende finanzielle und andere Schwierigkeiten führten letztendlich zu einer Entlassung des Paares als Verwaltungsratsmitglieder. Das Ehepaar Schleiss eröffnete daraufhin ihr eigenes Atelier in Traunleiten, gründete die spätere "Schleiss Keramik" und in Deutschland die "Münchner Werkstätte G.m.b.H.".
Aus der Ehe gingen drei Töchter hervor, von denen zwei, Grete und Gertrude, Keramikerinnen und spätere Firmeninhaberinnen der "Schleiss Keramik" wurden. Nach der Scheidung hatte Franz Schleiss noch einen weiteren Sohn. Emilie Schleiss starb 1962 in Gmunden.
Quellen
- ANNO: 100 Jahre Schleiss-Keramik. In: Salzburger Nachrichten, 02.08.1947, S. 3
- ANNO: Gmundner Keramik. In: Welser Zeitung, 15.03.1929, S. 131
- ANNO: Bewegte Generalversammlung der Keramischen Werkstätten F. und E.Schleiss in Gmunden. Schwere Beschuldigungen gegen das Ehepaar Schleiß. In: Linzer Volksblatt, 03.02.1926, S. 9f
- ANNO: Gmundner Keramik. In: Salzburger Volksblatt, 22.08.1919, S. 5
- ANNO: Deutschmährische Kunstausstellung in Znaim. In: Ostdeutsche Rundschau, 26.06.1914, S. 7
- ANNO: Vereinigte Wiener und Gmundner Keramik. In: Ischler Wochenblatt, 12.01.1913, S. 5
Literatur
- Christoph Thun-Hohenstein / Anne-Katrin Rossberg / Elisabeth Schmuttermeier [Hrsg.]: Die Frauen der Wiener Werkstätte. Basel: Birkhäuser 2020, S. 265
- Wikipedia: Gmundner Keramik [Stand: 23.01.2024]
- Wikipedia: Emilie Schleiss-Simandl [Stand: 23.01.2024]
- biografiA: Schleiss-Simandl Emilie [Stand: 23.01.2024]
- Geschichte Gmundner Keramik/Schleiss Keramik [Stand: 23.01.2024]
Weblinks
- MAK-Sammlung online: Emilie Simandl
- Im Kinsky: Emilie Schleiss-Simandl [Stand: 23.01.2024]
- Schleiss-Doppelhaus [Stand: 23.01.2024]