Erwin Scharf
Erwin Scharf, * 29. August 1914 Wittingau/Trebon (Tschechien), † 6. September 1994 Wien, sozialdemokratischer und kommunistischer Politiker, Journalist.
Biografie
Sozialdemokratischer Politiker
Erwin Scharf arbeitete nach Ablegung der Matura als Journalist. Bereits früh politisiert, war er von 1934 bis 1938 ein führender Funktionär der illegalen " Revolutionären Sozialisten". Nach dem "Anschluss" im März 1938 wurde Scharf bis 1940 inhaftiert. Nach seiner Haftentlassung schloss er sich slowenischen Partisanen an, für die er fortan in Südkärnten aktiv war. Im Jahr 1945 wurde Scharf erster Zentralsekretär der SPÖ und sozialdemokratischer Nationalratsabgeordneter. Diese Funktion hatte er bis 1948 inne, als die innerparteilichen Auseinandersetzungen in der SPÖ und die Frage der künftigen Ausrichtung der Partei einen weiteren Verbleib Scharfs im Zentralsekretariat unmöglich machten. Als einer der prononciertesten sozialdemokratischen Vertreter für eine engere Zusammenarbeit mit der KPÖ und gleichzeitig als scharfer Kritiker des großkoalitionären Kurses der SPÖ hatte sich Scharf bald darauf einem Parteiverfahren zu stellen, das mit seinem Parteiausschluss endete.
Von der Sozialistischen Arbeiterpartei zur KPÖ
Nach dem Ausschluss aus der SPÖ gründete Scharf die linkssozialistische "Sozialistische Arbeiterpartei", die zunächst auf einer gemeinsamen Liste mit der KPÖ kandidierte (Kommunistische Partei Österreichs und Linkssozialisten – Linksblock). Scharf, der an prominenter Stelle auf dieser Liste kandidierte, wurde 1949 erneut in den Nationalrat gewählt und kümmerte sich dort insbesondere um die Agenden Justiz und Wohnungsbau. Im Jahr 1956 traten die Links-Sozialisten schließlich geschlossen in die KPÖ ein. In der KPÖ wurde Scharf Mitglied des Zentralkomitees (von 1957 bis 1990) sowie des Politbüros (von 1957 bis 1987). Nach seinem Ausscheiden aus dem Nationalrat im Jahr 1953 kehrte Scharf in seinen angestammten Beruf zurück und wurde 1957 Nachfolger von Erwin Zucker-Schilling als Chefredakteur der "Volksstimme". Dies blieb er bis zum Jahr 1965. Im Zuge der heftigen innerparteilichen Auseinandersetzungen in der KPÖ Ende der 1960er Jahre trat Scharf als Vertreter der so genannten "antirevisionistischen" Linie hervor, die sich u.a. um das kurzzeitig erscheinende Periodikum "Neue Politik" sammelte. Auch nach dem 28. Parteitag der KPÖ im Jahr 1991 positionierte sich Scharf gegen den politischen Kurs der Parteiführung und trat als Autor der "Neuen Volksstimme" in Erscheinung. Erwin Scharf starb nach langer Krankheit im September 1994 und wurde am Friedhof der Feuerhalle Simmering bestattet.
Werke
- Ich darf nicht schweigen: Drei Jahre Politik des Parteivorstandes der SPÖ - von innen gesehen, Wien: Selbstverlag 1948
- Für eine sozialistische Politik, Zum ersten Parteitag der Sozialistischen Arbeiter Partei (Linkssozialisten). Wien: Selbstverlag 1950
- Lob der Ideologie: Den Marxismus nicht anpassen sondern weiterentwickeln. Berlin: Deutscher Verlag der Wissenschaften 1968
- Episoden des Widerstandes. In: Franz Danimann [Hg.]: Finis Austriae. Österreich, März 1938. Wien [u.a.]: Europaverlag 1978, S. 222-227
- Ich hab´s gewagt mit Sinnen... Entscheidungen im antifaschistischen Widerstand, Erlebnisse in der politischen Konfrontation. Wien: Globus-Verlag 1988
Literatur
- Fritz Weber: Der kalte Krieg in der SPÖ. 2., ergänzte Auflage. Wien [u.a.]: Lit-Verlag 2011
- Hans Hautmann: Die KPÖ im Parlament. In: Mitteilungen der Alfred Klahr Gesellschaft, 17. Jg., H. 2, 2010, S. 1-10
- Maria Sporrer / Herbert Steiner [Hg.]: Erwin Scharf. Zeitzeuge. Wien [u.a.]: Europaverlag 1986
Erwin Scharf im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.