Feuerhalle Simmering

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Krematorium: Feuerhalle
Daten zum Objekt
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48° 9' 29.98" N, 16° 26' 28.86" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Krematorium mit Urnenhain (11., Simmeringer Hauptstraße 337, gegenüber dem zweiten Tor des Zentralfriedhofs), 1922 nach Plänen von Clemens Holzmeister im südwestlichen Teil des Areals des Neugebäudes errichtetes „Feuerheiligtum" (noch innerhalb der Mauern gelegen). Der Friedhof Feuerhalle Simmering ist 201.695 Quadratmeter groß und verfügt über rund 4.600 Grabstellen. Eine Besonderheit ist das Kriegerdenkmal. Der moderne, orientalisch anmutende Bau gehört zu den eigenartigsten Schöpfungen der Wiener Architektur der 1920er Jahre. An die Arkadenvorhalle schließt sich die eigentliche Feuerhalle an.

Geschichte

Vorgeschichte und Wettbewerb

Erste Forderungen nach Errichtung eines Krematoriums entwickelte der Verein "Die Flamme" gegen Ende des 19. Jahrhunderts und fand nach langer Zeit Anklang beim sozialdemokratischen Bürgermeister Jakob Reumann. Unter der Berücksichtigung der Pläne aus dem Jahr 1885 hatten die Gemeinde Wien beziehungsweise das Stadtbauamt wohl schon früh Konzepte und Entwürfe für die Errichtung eines Krematoriums gezeichnet. Der Verein wollte zunächst selbst die Kosten für die Errichtung tragen, jedoch wurde im Gemeinderat der Bau bewilligt. Als Baugrund war ursprünglich das Gelände des aufgelassenen St. Marxer Friedhofs vorgesehen.

Im Rahmen der siebenten Erweiterung des Zentralfriedhofs wurden am 7. Dezember 1921 die Gründe des Schlosses Neugebäude für die Errichtung der Kremationsanlage vorgesehen. Aus den 70 eingereichten Projekten eines Wettbewerb erhielt Josef Hoffmann den ersten Preis, jedoch gelangte Clemens Holzmeisters Entwurf, der den dritten Preis erhielt, zur Ausführung, denn dessen Konzept fügte sich harmonischer in die bestehende Schlossanlage ein und bezog die Türme mit ein.

Fertigstellung und Eröffnung

Der erste Spatenstich erfolgte am 2. Mai 1922, die Fertigstellung im Dezember 1922. Bundesminister Dr. Richard Schmitz hatte Bürgermeister Jakob Reumann am 16. Dezember 1922 davon in Kenntnis gesetzt, dass er die Feuerbestattung in Österreich verbiete. Reumann erklärte dazu in seiner Eröffnungsansprache am 17. Dezember 1922, er hoffe, „dass die Willensmeinung der Bevölkerung dahin gehen wird, dass die Feuerbestattung zulässig ist". Der von der Bundesregierung angerufene Verfassungsgerichtshof ließ die Feuerbestattung zu. Die erste Einäscherung fand am 17. Jänner statt.

In den Jahren 1924 bis 1925 wurden auf dem Vorplatz Arkaden mit Kolumbariennischen errichtet; da sich der Urnenhain als zu klein erwies, mussten in den folgenden Jahren weitere Flächen des von der Umfassungsmauer begrenzten Geländes in den Urnenhain einbezogen werden.

Streitfrage der Feuerbestattung

Die allgemeine Anerkennung der in hygienischer und wirtschaftlicher Hinsicht optimalen Feuerbestattung wurde durch religiöse und weltanschauliche Ansichten verhindert. Erst als die Römisch-katholische Kirche im Jahr 1963 die Vorschriften des Kirchenrechts milderte und anschließend auch die Erzdiözese Wien die Gleichstellung von Erd- und Feuerbestattung mitteilte, war ein langsames Ansteigen der Kremationsfälle zu verzeichnen. Siehe auch: Stammersdorfer Zentralfriedhof.

Umbauten und Renovierungen

Von 1967 bis 1969 wurde die Feuerhalle nach den Plänen von Clemens Holzmeister umgebaut, von 1984 bis 1986 die mit Koks beziehungsweise Gas beheizten Öfen durch vier elektrisch betriebene Einäscherungsöfen ersetzt und gleichzeitig unter Mitwirkung des Architekten Christof Riccabona die drei Zeremonienräume renoviert. Das Krematorium konnte am 15. November 1986 wieder seiner Bestimmung übergeben werden.

1971 wurden Erweiterungsflächen im Ausmaß von 17.069 Quadratmetern erworben. 1972 wurde der Bau einer Urnennischenmauer fortgesetzt. 1973 wurde die Einfriedungsmauer bei den Eingängen instand gesetzt. 1975 wurden im Urnenhain neue Gräbergruppen geschaffen. 1986 wurde das Verwaltungsgebäude der "Feuerhalle Simmering" renoviert. 1990 wurde die Umgestaltung des Urnenhaines fortgesetzt.

2008 wurde eine Rauchgasreinigungsanlage für die bereits vorhandenen vier Elektrokremationsöfen errichtet sowie ein Aufzug zur barrierefreien Erreichung der Zeremonienräume eingebaut und die neue unterirdische Leichenkammer in Betrieb genommen. In den Jahren 2012 bis 2014 wurde die denkmalgeschützte Friedhofsmauer saniert. 2013 wurde ein Ofen des Krematorium Wien auf den neuesten technischen Stand gebracht sowie der Urnengarten im Innenhof der Feuerhalle Simmering errichtet, in diesem können biologisch abbaubare Urnen naturnah beigesetzt werden. Im Jahr 2015 erfolgte die Modernisierung der Verwaltungsräumlichkeiten.

Künstlerische Gestaltung

Der Maler Anton Kolig schuf 1927 die farbenkräften Fresken in der an die Arkadenvorhalle anschließenden Zeremonienhalle. Im Rahmen der Erweiterung von 1967 bis 1969 schufen Giselbert Hoke die Glasfenster des Hauptraums, Leo Wollner den großen Vorhang, Oskar Höfinger die Kreuze, Rudolf Kedl die Portalreliefs und Leuchter, Gudrun Baudisch-Wittke die Verfliesungen und Josef Schulz die Tapisserien. Die von Kolig gemalten Fresken wurden an andere Plätze übertragen.

Grabstätte prominenter Personen

In der Abteilung I hat sich ein Eichenhain erhalten, der bereits 1649 erwähnt wird (Naturdenkmal), hier liegen die ältesten Gräber. In den Spitzarkarden befinden sich die Urnen der Prominenz und der frühen Anhänger der Feuerbestattung, darunter viele Sozialdemokraten, Gewerkschafter und Redakteure der Arbeiterzeitung, eingelassen in großen und dennoch sehr schlichten Grabkammern; viele wurden während der NS-Zeit geschändet.

Im Zentrum des Arkadenhofs bewahrt ein kubischer Steinblock die Urne von Bürgermeister Jakob Reumann. In einer Ehrennische wurden 1950 die Urnen dreier bedeutender Kommunalpolitiker des „Roten Wien", Hugo Breitner, Robert Danneberg und Julius Tandler, beigesetzt (für Danneberg, der im Konzentrationslager Auschwitz verstarb, symbolhaft eine leere Urne). Im Urnenhain sind unter anderem der Sänger Alfred Piccaver, der Schauspieler Max Pallenberg, der Komponist Alfred Willner, der Röntgenologe Guido Holzknecht, der Schriftsteller Hugo Bettauer, der Theaterdirektor Ben Tiber, die Journalisten Friedrich Austerlitz, Oscar Pollak und Anton Weber, der Sozialpolitiker Ferdinand Hanusch, die Politiker Franz Domes, Matthias Eldersch, Wilhelm Ellenbogen, Franz Honner und Anton Weber sowie der hingerichtete Februarkämpfer Karl Münichreiter bestattet.

Bestattete Personen

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BildName des BildesPersonennameBerufBerufGeburtsdatumDatum der GeburtSterbedatumSterbedatumGrabstelle
Friedrich AchleitnerArchitekturkritiker
Architekt
Schriftsteller
23 Mai 193027 März 2019Abteilung 1, Ring 1, Gruppe 2, Nummer 22
Hellmut AndicsJournalist
Redakteur
Schriftsteller
25 August 192219 August 1998Abteilung ALI, Nummer 158
HCArtmann.jpgHans Carl ArtmannSchriftsteller
Mundartdichter
Übersetzer
12 Juni 19214 Dezember 2000Abteilung 1, Ring 1, Gruppe 2, Nummer 3
Friedrich Austerlitz.jpgFriedrich AusterlitzJournalist
Politiker
25 April 18625 Juli 1931Abteilung ML, Gruppe 20, Nummer 1G
Rudolf BachmannBildhauer8 Mai 18774 April 1933
Robert BalajthySchauspieler30 Oktober 185510 August 1924
Rosa BarachSchriftstellerin
Erzieherin
15 Mai 184022 Februar 1913
Alois BauerDreher
Metallarbeiter
Beamter
Politiker
14 Oktober 18792 September 1969Abteilung 2, Ring 2, Gruppe 8, Nummer 15
Rudolf BednarDrogist
Politiker
20 Mai 192024 Juni 2003Abt. 1, Ring 2, Gruppe 10, Nummer 78
BednarikPorträt.jpgKarl BednarikMaler
Schriftsteller
18 Juli 191514 Januar 2001Abteilung MR, Gruppe 76, Nummer 5
… weitere Ergebnisse

Quellen

Literatur

  • Bundesdenkmalamt [Hg.]: Dehio-Handbuch. Die Kunstdenkmäler Österreichs. Wien X. bis XIX. und XXI. bis XXIII. Bezirk. Wien: Schroll 1996
  • Friedrich Achleitner: Österreichische Architektur im 20. Jahrhundert. Ein Führer. Band 3/1: Wien. 1.-12. Bezirk. Salzburg: Residenz-Verlag 1990, S. 294 f.
  • Werner T. Bauer: Wiener Friedhofsführer. Genaue Beschreibung sämtlicher Begräbnisstätten nebst einer Geschichte des Wiener Bestattungswesens. Wien: Falter-Verlag 1988, S. 115-118
  • Felix Czeike: XI. Simmering. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1980 (Wiener Bezirkskulturführer, 11), S. 62
  • Paulus Ebner: Der Streit um die Feuerbestattung zwischen Katholischer Kirche und Sozialdemokratie : eine Studie zum Kulturkampf in der 1. Republik. Dipl. Univ. Wien. Wien 1989
  • Hans Havelka: Zentralfriedhof. Wien [u. a.]: Jugend & Volk 1989, S. 133 ff.
  • Franz Knispel: Zur Geschichte der Friedhöfe in Wien. Wien: Wiener Stadtwerke - Städtische Bestattung 1992, Band 2, S. 254
  • Irmgard Langer: Das Ringen um die Einführung der fakultativen Feuerbestattung im Wiener Gemeinderat, ungedruckte Diplomarbeit, Universität Wien 2008
  • Robert Messner: Die Landstrasse im Vormärz. Historisch-topographische Darstellung der südöstlichen Vorstädte und Vororte Wiens auf Grund der Katastralvermessung. Wien: Verband der Wissenschaftlichen Gesellschaften Österreichs 1978 (Topographie von Alt-Wien, 5), S. 152 f.
  • Helmut Weihsmann: Das Rote Wien. Sozialdemokratische Architektur und Kommunalpolitik 1919-1934. Wien: Promedia 2002, S. 272-273

Weblinks