St. Marxer Friedhof

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Gräber am St. Marxer Friedhof (1969)
Daten zum Objekt
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48° 11' 2.50" N, 16° 24' 11.15" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Der St. Marxer Friedhof (3., Leberstraße 6-8, St. Marx) war einer der fünf im Jahr 1784 außerhalb des Linienwalls eröffneten Kommunalfriedhöfe, nachdem Kaiser Joseph II. ein Verbot für die Beisetzung in Kirchen und innerstädtischen Friedhöfen erlassen hatte. Das prominenteste Grab ist jenes des Komponisten Wolfgang Amadeus Mozart. Die Kommunalfriedhöfe wurden mit der Eröffnung des Zentralfriedhofs 1874 gesperrt und geschlossen sowie in den 1920er-Jahren in Parkanlagen umgewandelt. Der St. Marxer Friedhof ist der einzige dieser "communalen Leichenhöfe", der bis heute erhalten ist und wird von der Stadt Wien als öffentlicher Park betreut.

Geschichte

Anlegung des Friedhofs

1782 erließ Kaiser Joseph II. ein Verbot für die Beerdigung in Katholische Kirchen, 1783 und 1784 verordnete er die Anlegung von Friedhöfen außerhalb des Linienwalls. Mit einer Fläche von 55.242 m² war er der zweitgrößte unter den Kommunalfriedhöfen. Der Friedhof wurde erstmals am 17. Mai 1784 im Sterberegister der Pfarre Maria Geburt erwähnt, wahrscheinlich wurden aber schon in den Wochen zuvor Bestattungen durchgeführt. Sein Sprengel umfasste die heutigen Bezirke Landstraße, Leopoldstadt und Teile der Inneren Stadt. Bestattungen am St. Marxer Friedhof wurden zwischen 1784 und 1874 durchgeführt.

Infolge der Auflassung des Nikolaifriedhofs 1784 wurden die dort Bestatteten auf den St. Marxer Friedhof überführt, darunter auch der Bildhauer Georg Raphael Donner, dessen Grabstelle nicht mehr zu eruieren ist. Das berühmteste Grab ist jenes des Komponisten Wolfgang Amadeus Mozart, der nicht in einem Massengrab, sondern in einem „allgemeinen einfachen Grab" beerdigt wurde; dieses stand allen Bevölkerungsschichten ohne Ansehung des Stands zu (siehe auch Mozart-Grab).

3., Leberstraße 6-8 (St. Marxer Friedhof). Renovierung des Mozart-Grabes, 1869.

In der Oktoberrevolution 1848 war der Friedhof Schauplatz von Kämpfen zwischen kaiserlichen und revolutionären Truppen.

Der griechische Friedhofsteil

Ihrem Wesen nach waren die Kommunalfriedhöfe katholische Begräbnisstätten, sollten aber auch anderen Religionsgemeinschaften offenstehen. 1820 enthielt eine Verordnung der Niederösterreichischen Regierung den Hinweis, dass die griechisch-nichtunierte [orthodoxe] Gemeinde ihre Toten in St. Marx begruben. 1837 wurde der Ankauf eines Grundstücks durch die griechisch-nichtunierte Gemeinde "Zur Hl. Dreifaltigkeit" genehmigt. 1913 übernahm die Gemeinde Wien auch die Aufsicht über diese südöstlich gelegene Friedhofsabteilung. Hier finden sich Gräber von Angehörigen der griechisch-nichtunierten, der serbisch-nichtunierten sowie der griechischen und serbischen katholischen Gemeinden. Unter anderem wurde in diesem Teil auch der griechische Freiheitskämpfer Alexander Ypsilanti bestattet, dessen Leichnam 1903 nach Griechenland überführt wurde.

St. Marxer Friedhof: Plan des Areals mit Flächenmaßen, 1862. Ersichtlich ist hier der griechische Friedhofsteil.

Ende der Bestattungen und Erhaltungsmaßnahmen

Als der Gemeinderat am 3. November 1863 die Errichtung des Zentralfriedhofs beschloss und dieser am 1. November 1874 eröffnet wurde, stellte man die Bestattungen auf den Kommunalfriedhöfen ein. In den 1880er-Jahren betrieb man die Überführung von Verstorbenen auf den Zentralfriedhof. Über ein halbes Jahrhundert führte der Friedhof ein Dornröschendasein, bewahrte jedoch (da sich zahlreiche Grabstätten bedeutender Persönlichkeiten des Vormärz erhalten haben) im Wesentlichen den Charakter eines Biedermeierfriedhofs. Die Schleifung des Friedhofs und Umwandlung in eine Parkanlage wurde wegen Geldmangel der Gemeinde Wien immer wieder aufgeschoben. Den Bemühungen des Heimatforschers Hans Pemmer ist es zu danken, dass der Friedhof in seiner ursprünglichen Gestalt erhalten blieb. Er wurde 1936/1937 unter der Leitung von Architekt Anton Waldhauser instand gesetzt und am 22. Oktober 1937 als eine Verbindung von Friedhof und Parkanlage geöffnet. 1943 wurde dem Stadtgartenamt die Instandhaltung übertragen. Nach Beschuss im Zweiten Weltkrieg wurde er unter der Leitung Pemmers wiederhergestellt (Wiedereröffnung 21. Oktober 1945). Der Bau der Südosttangente (A 23) beeinträchtigte durch deren Nähe den ruhigen Gesamteindruck des Friedhofs. Heute steht der Friedhof mit seinen 5.635 Grabsteinen unter Denkmalschutz.

Anlage und Gestaltung des Friedhofs

Rechts hinter dem Eingang befindet sich das Friedhofswärterhaus, links an der Stelle der Informationstafel befand sich bis 1913 eine Leichenkammer.

Plan des neuen Totengräberhauses am St. Marxer Friedhof, 1862.

Der St. Marxer Friedhof ist ein Zeugnis der Bestattungskultur des Biedermeier. Die Architektur der Gräber weist Verspieltheit und Vielfalt auf. Die Grabinschriften belegen die hohe Wertschätzung von Titeln, Berufsbezeichnungen wurden gleichermaßen stolz getragen wie militärische und akademische Titel, beispielsweise bürgerlicher Lust und Ziergärtner oder bürgerliche Fischhändlerswitwe. Von kunstgeschichtlicher Bedeutung sind die diversen Plastiken an den Grabstätten. Die Gestaltung der Grabsteine erfolgte in Anlehnung an diverse Kunstepochen wie Klassizismus, Empire, Historismus, Neogotik und Neoromanik sowie der Antike nachempfundene Elemente; zuweilen wurden verschiedene Kunststile auch kombiniert.

Der St. Marxer Friedhof war Begräbnisstätte folgender prominenter Personen (teilweise erfolgten später Exhumierung und Übertragung auf den Zentralfriedhof):

Bestattete Personen

Im Wien Geschichte Wiki gibt es 110 Einträge von Personen, die auf diesem Friedhof bestattet sind.

BildName des BildesPersonennameBerufBerufGeburtsdatumDatum der GeburtSterbedatumSterbedatumGrabstelle
Dominik AdamiKaffeehausbesitzer8 Oktober 17775 Oktober 1847
Karl Josef Aloys Agricola.jpgKarl Josef Aloys AgricolaPorträt- und Historienmaler
Kupferstecher
Miniaturist
18 Oktober 177915 Mai 1852
Johann Georg AlbrechtsbergerKapellmeister
Komponist
3 Februar 17367 März 1809
Maximilian AuerspergGeneral der Kavallerie21 Januar 177130 Mai 1850
Vinzenz von AugustinFeldzeugmeister27 März 17806 März 1859
Christoph de BachKunstreiter
Zirkusdirektor
176812 April 1834Nr. 49
Michael von BarichRealitätenbesitzer
Hofkonzipist
5 September 179214 Dezember 1859Gruft Nr. 78
Johann Baptist Ludwig von Barth-BarthenheimSchriftsteller5 März 178422 Juni 1846
AnnaBaumann.jpgAnna BaumannSchauspielerin
Sängerin
Oper
Operette
Carltheater
Theater
174616 Juni 1830
Ferdinand Bergmüller.jpgFerdinand BergmüllerVizebürgermeister8 Februar 180225 Mai 1868
… weitere Ergebnisse

Quellen

Literatur

  • Bundesdenkmalamt [Hg.]: Dehio-Handbuch. Die Kunstdenkmäler Österreichs. Wien. II. bis IX. und XX. Bezirk. Wien 1993, S. 137
  • Werner T. Bauer: Wiener Friedhofsführer. Genaue Beschreibung sämtlicher Begräbnisstätten nebst einer Geschichte des Wiener Bestattungswesens. Wien: Falter-Verlag 1988
  • Alexander Glück: Mozarts letzte Ruhe. Der Biedermeierfriedhof von Sankt Marx.Halle an der Saale: Mitteldeutscher Verlag 2012.
  • Franz Knispel: Zur Geschichte der Friedhöfe in Wien. Wien: Wiener Stadtwerke - Städtische Bestattung 1992, Band 2, S. 128 ff.
  • Robert Messner: Die Landstrasse im Vormärz. Historisch-topographische Darstellung der südöstlichen Vorstädte und Vororte Wiens auf Grund der Katastralvermessung. Wien: Verband der Wissenschaftlichen Gesellschaften Österreichs 1978 (Topographie von Alt-Wien, 5)
  • Hans Pemmer: Der Friedhof zu St. Marx in W. Seine Toten - seine Grabdenkmäler. 1959
  • Hans Pemmer: Der St. Marx Friedhof. Ein Aufruf für seinen Weiterbestand als Freilichtmuseums. In: Unsere Heimat. Zeitschrift für Landeskunde von Niederösterreich. St. Pölten: Verein für Landeskunde von Niederösterreich 1928-1943, 4 (1931), H. 5, S. 148 ff.
  • Hans Pemmer: Der Friedhof von St. Marx. Ein Wiener Freilichtmus., in: Der Samstag 23. 8. 1941; dsbe., Musikergräber im St. M. F., in: Wiener Figaro 15 (1946), H. 5 / 6
  • Hans Pemmer: Schauspielergräber im St. Marxer Friedhof. In: Wien und die Wiener 6 (1946)
  • Hans Pemmer: Neu aufgestellte und renovierte Gr.mäler im St. M. F., in: Amtsblatt 23/1959, 3 f.; dsbe., Der gegenwärt. Zustand des St. M. F.s, in: Wiener Figaro 28 (1960), H. 3;
  • Hans Pemmer: Schicksale des St. Marxer Friedhofs. In: Mozartgemeinde Wien 1913-1963. 1964, S. 252 ff.
  • Hans Pemmer: Schriften zur Heimatkunde Wiens. Festgabe zum 80. Geburtstag. Hg. von Hubert Kaut. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1969 (Wiener Schriften, 29), S. 274 ff.