Alois Pichl
Pichl Alois (irrtümliche Ableitung über Louis zu Ludwig), * 1782 Mailand, † 19. Mai 1856 Leopoldstadt 170 (2, Taborstraße 37; St. Marxer Friedhof [Gedenkstein, errichtet vom Kulturamt]), Architekt, Sohn des Violinisten und Hofmusikdirektors Erzherzog Ferdinands (* 1. Juni 1754 Wien, † 24. Dezember 1806 Wien), Wenzel Pichl, und dessen ungarischer Gattin (am Dienstort des Vaters geboren). Studium 1797-1802 an der Wiener Akademie (wahrscheinlich inspiriert von seinem in Mailand ausgebildeten Bruder Ferdinand [* 1775 Mailand, † 23. Juni 1826 oder 1828 Wien], der 1806-1808 die Malteserkirche umbaute). 1802 erhielt Pichl den ersten Preis der Architekturklasse.
Seine Architektentätigkeit dürfte er 1803 als Bauführer für Erzherzog Ferdinands Gattin Maria Beatrix Riccarda d'Este, Herzogin von Massa und Carrara (* 7. April 1750 Modena, † 14. November 1829 Wien) begonnen haben; für ihren Sohn Erzherzog Ferdinand Karl baute Pichl nicht mehr bestehende Häuser am Minoritenplatz und auf der Bastei, weitere Aufträge erhielt er von dessen Brüdern. 1806-1810 erweiterte er für die Erzherzogin das von Eleonore Fürstin Liechtenstein gekaufte Palais in der Raben-(Beatrix-)gasse 29 (Modenapalais (3, Beatrixgasse 29); Baumeister Franz Wipplinger), 1810 gestaltete er die Illumination der Hofburg anlässlich der Vermählung von Marie Louise, 1811-1814 kam es zum Umbau des Palais der Erzherzogin in der Herrengasse (Modenapalais (1, Herrengasse 7), zu dem auch Giacomo Quarenghi (auf der Durchreise zu Katharina II. von Russland) Pläne beisteuerte, 1817 lieferte er einen revolutionsklassizistischen Entwurf für ein Äußeres Burgtor und 1818-1825 baute er für seinen Mäzen János Graf Keglevich das Schloss Kistapolcsány, doch konnte er trotz der Hilfestellung Keglevichs nicht die Stellung eines leitenden Architekten in Esztergom erlangen. 1826 baute er das Montenuovopalais (1, Löwelstraße 6), ab 1832 beschäftigte er sich (neben Planungen für das Ausland) mit dem Umbau beziehungsweise Neubau des Niederösterreichischen Landhauses. Da er billiger und rascher zu bauen versprach als sein Konkurrent Josef Kornhäusel und auch den Altbestand schonend in seine Planung einbezog, erhielt er 1837 den Bauauftrag, wurde jedoch 1839–1848 wegen mangelnder praktischer Erfahrung und unrichtiger Kostenberechnung als Bauleiter durch Leopold Mayr ersetzt, der nach seinen Plänen weiterarbeitete. Inzwischen hatte Pichl die Villa Arthaber (Wertheimsteinvilla; 1834/1835), das Gebäude der Ersten österreichischen Spar-Casse (1, Graben 21; 1835-1838; Baumeister Ölzelt), das Kommendehaus der Malteser (1, Johannesgasse 2; 1837-1839; Johanniterkommende) erbaut und Aufträge im Ausland ausgeführt.
Entwürfe für eine Stadterweiterung (1835) und eine Hofoper (1850) kamen ebensowenig zur Ausführung wie seine Stadtentwicklungsstudie für Favoriten (1839). Pichls Oeuvre wurde durch Palladio inspiriert (Palladianismus), erstreckt sich auch auf Ungarn, Mähren und Galizien, ist jedoch größtenteils unerforscht. Sein architekturpuristischer, tektonisch bewältigter Aufbau wurde als repräsentativ geschätzt. Mitglied der Accademia di San Lucca in Rom. Pichlgasse.
Literatur
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- Gerhart Egger / Renate Wagner-Rieger: Geschichte der Architektur in Wien. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 1962 (Geschichte der Stadt Wien, Neue Reihe, 7/3), S. 111, S. 124, S. 127 ff. und S. 236 (Anmerkung 118)
- Österreichische Kunsttopographie. Hg. vom Bundesdenkmalamt. Horn: Berger 1889 - lfd.
- Hans Tietze: Die Denkmale der Stadt Wien (XI. - XXI. Bezirk). Wien: Schroll 1908 (Österreichische Kunsttopographie, 2), S. 372
- Géza Hajós / Walther Brauneis: Die Profanbauten des III., IV. und V. Bezirkes. Wien: Schroll 1980 (Österreichische Kunsttopographie, 44.2), S. 102 und S. 366
- Renate Wagner-Rieger [Hg.]: Die Ringstraße. Bild einer Epoche. Die Erweiterung der Inneren Stadt Wien unter Kaiser Franz Joseph. 11 Bände. Wiesbaden: Steiner 1969-1981. Band 4, S. 147
- Renate Wagner-Rieger [Hg.]: Die Ringstraße. Bild einer Epoche. Die Erweiterung der Inneren Stadt Wien unter Kaiser Franz Joseph. 11 Bände. Wiesbaden: Steiner 1969-1981. Band 9/2, Register
- Alphons Lhotsky: Die Baugeschichte der Museen und der neuen Burg. Wien: F. Berger 1941 (Festschrift des Kunsthistorischen Museums zur Feier des fünfzigjährigen Bestandes, 1), S. 32 f.
- Paul Kortz: Wien am Anfang des 20. Jahrhunderts. Ein Führer in technischer und künstlerischer Richtung. Hg. vom Oesterreichischen Ingenieur und Architekten-Verein. Wien: Gerlach & Wiedling 1905. Band 1. 1905, S. 59
- Paul Kortz: Wien am Anfang des 20. Jahrhunderts. Ein Führer in technischer und künstlerischer Richtung. Hg. vom Oesterreichischen Ingenieur und Architekten-Verein. Wien: Gerlach & Wiedling 1906. Band 2. 1906, S. 157
- Technischer Führer durch Wien. Hg. vom Österreichischen Ingenieur- und Architekten-Verein. Red. von Martin Paul. Wien: Gerlach & Wiedling 1910, S. 51, 247, 324
- Renate Wagner-Rieger: Das Wiener Bürgerhaus des Barock und Klassizismus. Wien: Hollinek 1957 (Österreichische Heimat, 20), S. 58
- Rupert Feuchtmüller: Das Niederösterreichische Landhaus. Ein kunsthistorisches Denkmal, 1513 - 1850. Wien: Verl. d. Österr. Staatsdruckerei 1949, S. 31
- Renate Wagner-Rieger: Wiens Architektur im 19. Jahrhundert. Wien: Österreichischer Bundesverlag 1970, Register
- Das Stadtbild Wiens im 19. Jahrhundert. Von der Festung zur Großstadt. Wien: Eigenverlag 1960 (Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien, 4), S. 28
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- Gerhardt Kapner: Freiplastik in Wien. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1970 (Wiener Schriften, 31), S. 249 f.
- József Sisa: Alois Pichl 1782-1856. Epitész Magyarországon. Budapest: Akad. Kiadó 1989