Josef Georg Kornhäusel, * 13. November 1782 Wien, † 31. Oktober 1860 Stadt 495 (1), Architekt.
Biographie
Angeblich Schüler Hetzendorfs von Hohenberg, trat Josef Georg Kornhäusel bereits 1802 als selbständiger Architekt hervor (Umbau des Hotels "Zur Kaiserin Elisabeth", Konskriptionsnummer Stadt 962 [1, Weihburggasse 3]). Am 16. August 1808 wurde er aufgrund seiner Entwürfe für einen Dombau und seines 1807 gestellten Ansuchens Mitglied der Akademie der bildenden Künste. 1813 zeigte er auf einer Akademieausstellung wieder Kirchenentwürfe, schuf aber Zeit seines Lebens nie einen katholisch-sakralen Bau. 1812 bis 1818 war er als Nachfolger von Joseph Hardtmuth fürstlich Liechtenstein'scher Baudirektor und arbeitete mit dem Bildhauer Joseph Klieber zusammen.
Kornhäusel war (neben Hardtmuth und dem mit ihm befreundeten Peter Nobile) einer der bedeutendsten künstlerischen Vertreter der sich dem Biedermeier zuneigenden Phase des Klassizismus. Er bereicherte nicht nur das Wiener Stadtbild, sondern gestaltete durch eine Fülle von Bauten vor allem auch Baden bei Wien.
Kornhäusels wichtigste Werke in Wien sind beziehungsweise waren:
- Miethaus für Matthias Holl (Konskriptionsnummer Wieden 29; 4, Karlsgasse 2, 1809; Zuschreibung aufgrund der Stilkritik; Abbruch um 1904)
- Miethaus Karl Schaumburg (Konskriptionsnummer Stadt 775; 1, Wollzeile 11, Essiggasse 1; 1819 bis 1821; Pläne von Joseph Adelpodinger)
- Haus der Israelitischen Kultusgemeinde (Konskriptionsnummer Stadt 494; 1, Seitenstettengasse 4; 1823)
- Miethaus mit Judenschule und Bad sowie Synagoge im Hof, zu der Kornhäusel auch sämtliche Kultgeräte entwarf [der einzige Tempel, der in der "Reichskristallnacht" 1938 nicht zerstört wurde]
- Miethaus "Zum schwarzen Bären" für die Familien Franz Jäger und Josef Kornhäusel (4, Rechte Wienzeile 3; 1824)
- Miethaus für dieselben Familien (mit Hausherrnwohnungen und Turmatelier Kornhäusels [ Kornhäuselturm ]
- benachbart heute ein fälschlich "Kornhäuslturm" benanntes Hotelrestaurant (1, Seitenstettengasse 2, Judengasse 14, Fleischmarkt 1b; 1825)
- Seitenstettenhof (Stadt Konskriptionsnummer 464/465; 1, Seitenstettengasse 5, Rabensteig 5, Ruprechtsplatz 3; 1826/1827)
- Miethaus des Stifts Seitenstetten
- Schottenhof (Konskriptionsnummer Stadt 136; 1, Freyung 6, Schottengasse 2, Helferstorferstraße 2; 1826 bis 1832) sowie im Schottenkloster das Mausoleum neben der Johanneskapelle
- Göttweiger Hof (Konskriptionsnummer Stadt 1089; 1, Spiegelgasse 9, Göttweihergasse 2, Seilergasse 10; 1828)
- Miethaus für Leopold und Emanuel Ritter von Liebenberg (Konskriptionsnummer 481; 1, Rotenturmstraße 29, Kohlmessergasse 1; 1830; Abbruch um 1901)
- Miethaus für Anton und Elisabeth Dittmann (Konskriptionsnummer Wieden 26/27; 4, Resselgasse 3−5, Wiedner Hauptstraße 3; 1831; Zuschreibung aufgrund der Stilkritik, heute stark veränderte Fassade)
- Miethaus (mit Kaffeehaus und Hausherrnwohnung) für dieselben (Konskriptionsnummer Leopoldstadt 579; 2, Praterstraße 9, Untere Donaustraße 7; nach Kriegszerstörung Abbruch 1954)
- Miethaus für Friederich von Hoffmann (Konskriptionsnumme Landstraße 483; 3, Beatrixgasse 20; 1833; seit 1974 unter Denkmalschutz)
- das Miethaus für Theresia Doll (Konskriptionsnummer Stadt 726; 1, Rotenturmstraße 22; 1833; Zuschreibung aus stilistischen Gründen; nach Kriegszerstörung Abbruch 1962)
- Miethaus für Rudolf von Arthaber (Konskriptionsnummer Stadt 643; 1, Rotenturmstraße 19, Rotgasse 6; 1837−1839; Abbruch vor 1896)
- Ertlsches Stiftungshaus (Konskriptionsnummer Stadt 638; 1, Rotenturmstraße 13, Ertlgasse 2, Kramergasse 12, Lichtensteg 1; 1838/1839; Abbruch vor 1913)
- Stiftungshaus der Mechitaristen (Konskriptionsnummer Josefstadt 213; 8, Friedrich-Schmidt-Platz 4, Schmidgasse 2, Tulpengasse; 1839/1840; nur linke Hälfte des Baublocks in ihrer Substanz im Czerninpalais erhalten)
- Miethaus für Ludwig von Haan (Konskriptionsnummer Stadt 731/732; 1, Rotenturmstraße 14; 1840/1841)
Zwischen 1807 und 1836 errichtete Josef Georg Kornhäusel viele Bauten in Baden, darunter 1811 den Emilienhof (Theaterplatz 1) und das (1908 abgerissene) Stadttheater, 1815 das (inzwischen veränderte) Rathaus, seinen ersten monumentalen Bau und 1820 bis 1823 für Erzherzog Carl die Weilburg im Helenental (zerstört). Er trug in Baden zum biedermeierlichen Charakter der Stadt bei. 1812 entstand der Husarentempel bei Mödling, 1833 bis 1842 arbeitete Kornhäusel am Stift Klosterneuburg. Auch die Pläne des Theaters in der Josefstadt werden ihm zugeschrieben.
Josef Georg Kernhäusel war in erster Ehe (1807) mit Friederike Grissberg (circa 1778 bis 1814) und in zweiter Ehe (1821) mit Eleonore Fischer (1803 bis 1870) verheiratet. Nach seinem Tod wurde er zunächst am St. Marxer Friedhof und später auf dem Zentralfriedhof in einem Ehrengrab bestattet.
1920 wurde nach dem Architekten die Kornhäuselgasse benannt. Zu wichtigen Bauten zählen außerdem das Kornhäuselhaus, der Kornhäuselturm und die Kornhäusel-Villa.
Literatur
- Michael Lorenz: "»Mademoiselle Jeunehomme« Zur Lösung eines Mozart-Rätsels". In: Mozart Experiment Aufklärung. Essays für die Mozart-Ausstellung 2006. Ostfildern: Hatje Cantz Verlag (Da Ponte-Institut 2006), S. 423-429
- Georg W. Rizzi / Roland L. Schachel: Die Zinshäuser im Spätwerk Josef Kornhäusels. In: Georg W. Rizzi / Roland L. Schachel: Die Zinshäuser im Spätwerk Josef Kornhäusels. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 1979 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 4) 1979
- Bundesdenkmalamt [Hg.]: Dehio-Handbuch. Die Kunstdenkmäler Österreichs. Wien. II. bis IX. und XX. Bezirk. Wien 1993, Register
- Walter Pollak [Hg.]: Tausend Jahre Österreich. Eine biographische Chronik. Band 1: Von den Babenbergern bis zum Wiener Kongreß 1973. Wien / München: Jugend & Volk 1973-1974. Band 2, S. 121 f.
- Hedwig Herzmansky: Der Göttweigerhof in Wien − ein Werk Josef Kornhäusels. In: Wiener Geschichtsblätter. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien. Band 27, 1972, S. 416 ff.
- Renate Wagner-Rieger: Wiens Architektur im 19. Jahrhundert. Wien: Österreichischer Bundesverlag 1970, Register
- Gerhardt Kapner: Freiplastik in Wien. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1970, S. 159
- Hans Pemmer: Die Sträusselsäle. In: Das Josefstädter Heimatmuseum. Wien: Neuer Wiener Pressedienst 1959−1969. Band 2, S. 207 ff.
- Ottokar Uhl: Moderne Architektur in Wien von Otto Wagner bis heute. Wien [u.a.]: Schroll 1966, S. 7, 9 f., 114
- Das Landstraßer Heimatmuseum. Wien: Verein zur Erhaltung und Förderung des Landstraßer Heimatmuseums 1964 - lfd. (ab 1971 u.d.T.: "Mitteilungen des Bezirksmuseums Landstraße"). Band 3, 1966, Sonderheft, S. 20
- Hedwig Herzmansky: Josef Kornhäusel − eine Künstlermonographie. Diss. Univ. Wien 1965
- Paul Sekora: Josef-Kornhäusel-Bildnis. In: Wiener Geschichtsblätter. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien. Band 16, 1961, S. 274 f.
- Heinz Schöny: Das angebliche Kornhäusel-Porträt. In: Wiener Geschichtsblätter. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien. Band 16, 1961, S. 347 ff.
- Justus Schmidt / Hans Tietze: Dehio Wien. Wien: A. Schroll 1954 (Bundesdenkmalamt: Die Kunstdenkmäler Österreichs), Register
- Österreichisches biographisches Lexikon 1815–1950. Hg. von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften / Wien/Graz: Böhlau 1954-lfd. NR 7/3, Register
- Paul Harrer-Lucienfeld: Wien, seine Häuser, Geschichte und Kultur. Band 1, 3. Teil. Wien ²1952 (Manuskript im WStLA), S. 557
- Ulrich Thieme / Felix Becker [Hg.]: Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. 37 Bände. Leipzig: Engelmann 1907−1950
- Karl Hilscher: Meidling. Wiens 12. Gemeindebezirk. Wien: Jugend & Volk 1923, S. 394
- Constantin von Wurzbach: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Österreich. Enthaltend die Lebensskizzen der denkwürdigen Personen, welche 1750 bis 1850 im Kaiserstaate und in seinen Kronländern gelebt haben. 60 Bände. Wien: Verlag der typografisch-literarisch-artistischen Anstalt 1856−1891. Register 1923
- Paul Tausig: Josef Kornhäusel. Ein vergessener österreichischer Architekt. 1916