Ferdinand Hanusch

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Ferdinand Hanusch
Daten zur Person
PersonennameName der Person im Format Nachname, Vorname Hanusch, Ferdinand
Abweichende NamensformAlternative Formen des Namens wie z.B. Pseudonyme oder Mädchennamen im Format Nachname, Vorname
TitelAkademische Titel (abgekürzt), Amtstitel, Adelstitel
Geschlecht männlich
Wien Geschichte WikiIdentifier/Persistenter URL zur Seite  4004
GNDGemeindsame Normdatei
Wikidata Q688666
GeburtsdatumDatum der Geburt 9. November 1866
GeburtsortOrt der Geburt Oberdorf bei Wigstadtl 4290113-3
SterbedatumSterbedatum 28. September 1923
SterbeortSterbeort Wien 4066009-6
BerufBeruf Seidenweber, Schriftsteller, Politiker
ParteizugehörigkeitAngabe der Partei (bei PolitikerInnen) Sozialdemokratische Arbeiterpartei
EreignisEreignis, mit dem die Person in Verbindung gebracht wird
Nachlass/Vorlass Verein für Geschichte der ArbeiterInnenbewegung
Siehe auchVerweist auf andere Objekte im Wiki 
RessourceUrsprüngliche Ressource  Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Gedenktage, Gedenktage-GW
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Letzte Änderung am 29.10.2024 durch WIEN1.lanm09kka
BestattungsdatumDatum der Bestattung  14. Jänner 1924
FriedhofFriedhof, auf dem eine Person begraben wurde Feuerhalle Simmering
Grabstelle Abteilung MR, Reihe 45, Nummer 1G
GrabwidmungGrabwidmung als Ehrengrab, historisches oder ehrenhalber gewidmetes Grab  ehrenhalber gewidmetes Grab
BildnameName des Bildes Ferdinandhanusch.jpg
BildunterschriftInformation, die unterhalb des Bildes angezeigt werden soll Ferdinand Hanusch
  • 19., Peter-Jordan-Straße 82 (Sterbeadresse)
  • 15., Rosinagasse 3 (Wohnadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

Ferdinand Hanusch, * 9. November 1866 Oberdorf bei Wigstadtl, Österreichisch-Schlesien (Horní Ves nad Vítkov, Tschechische Republik), † 28. September 1923 Wien, Seidenweber, Schriftsteller, Politiker.

Biografie

Herkunft und Familie

Ferdinand Hanusch wurde als viertes Kind des Webers Josef Hanusch und seiner Frau Karoline, geborene Laser, in dem kleinen schlesischen Ort Oberdorf geboren. Sein Vater war einige Tage vor seiner Geburt an Tuberkulose verstorben. Die von der Mutter betriebene Hausweberei reichte nicht aus, um die Familie zu ernähren. Schon als Sechsjähriger arbeitete Ferdinand Hanusch neben der Schule am Spulrad. Nach fünf Klassen Volksschule versuchte er als Taglöhner im Baugewerbe und später als Fabrikarbeiter zum Lebensunterhalt der Familie beizutragen. Die tristen sozialen Verhältnisse seiner Kindheit und Jugend spiegeln sich in seinem schriftstellerischen Werk wider.

1891 heiratete Ferdinand Hanusch Anna Domes; der Ehe entstammte eine Tochter, die schon 1896 verstarb. Mit seiner zweiten Frau Julie, die er nach dem Tod von Anna († 1895) ehelichte, hatte er eine Tochter, Julie, und die beiden Söhne Ferdinand und Otto.

Reisen und Politik

Zwischen 1884 und 1887 führte ihn die Wanderschaft als Webergeselle nach Wien, Triest und Berlin, nach Ungarn, Rumänien und in die Türkei. Nach Wigstadtl zurückgekehrt wurde Hanusch in der Arbeiterbewegung aktiv: 1891 trat er dem Arbeiterverein "Eintracht" bei; 1897 wurde er Partei- und Gewerkschaftssekretär im ostmährischen Sternberg (heute: Šternberk). Nachdem auf seine Anregung hin eine gesamtösterreichische Union der Textilarbeiter – mit Sitz in Wien – gegründet worden war, wählten ihn die Delegierten 1900 zu ihrem Sekretär. Auf seinen zahlreichen Reisen konnte Hanusch eine die ganze cisleithanische Reichshälfte umfassende Organisations- und Propagandatätigkeit entfalten, wobei er sich vor allem für eine Reduzierung der Arbeitszeit und eine Verbesserung der Arbeitsverträge einsetzte. 1903 erhielt er den Vorsitz in der Gewerkschaftskommission, dem Leitungsorgan der sozialdemokratischen Gewerkschaftsbewegung. In dieser Funktion nahm er an internationalen Kongressen der Textilarbeiter teil und engagierte sich immer stärker in der Sozialpolitik.

Im Abgeordnetenhaus des Reichsrates, in das er 1907 als sozialdemokratischer Abgeordneter eines deutsch-böhmischen Wahlbezirks entsandt wurde, setzte er sich für den Achtstundentag ein. 1916 erreichte er eine gesetzliche Arbeitslosenunterstützung für Textilarbeiter, 1918 die sechsstündige Arbeitszeit an Samstagen. Am 21. Oktober 1918 wurde Hanusch als deutschböhmischer Abgeordneter automatisch Mitglied der Provisorischen Nationalversammlung für Deutschösterreich. Seine Wahl in die Konstituierende Nationalversammlung erfolgte am 4. März 1919 in einem österreichischen Wahlkreis (sein deutschböhmischer Wahlkreis durfte nicht mitwählen, weil dies die Tschechoslowakei verhinderte). Am 10. November 1920 wurde er in den Nationalrat, dem er bis zu seinem Tod angehörte, gewählt.

1918 bis 1920 war er in den Staatsregierungen Renner I bis III und Mayr I Staatssekretär für soziale Fürsorge beziehungsweise soziale Verwaltung und damit der erste Sozialminister der Republik Österreich. In dieser kurzen Zeit schuf Ferdinand Hanusch die Grundlagen des modernen österreichischen Sozialstaates. Schon 1918 konnte die seit Jahrzehnten erhobene Forderung der Arbeiterbewegung nach Einführung des Achtstundentages und der 48-Stunden-Woche verwirklicht werden. Das Sozialministerium wurde durch die Einbeziehung der Kriegsopferfürsorge und des Volksgesundheitsamts (Julius Tandler) zu einem der bedeutendsten der gesamten Verwaltung. Für die sozialpolitische Entwicklung in Österreich waren die beiden Jahre seiner Amtstätigkeit von epochaler Bedeutung (Vorbereitung der Alters-, Hinterbliebenen- und Invaliditätsversicherung der Arbeiter sowie eines reformierten Angestelltengesetzes, Neugestaltung des Krankenkassenwesens). Ihm zu verdanken sind auch die Begrenzung der wöchentlichen Arbeitszeit für Frauen und Jugendliche, das Verbot der Arbeit für Kinder unter zwölf Jahren, der Urlaubsanspruch für Arbeiter, der durch Kollektivvertrag garantierte Mindestlohn, das Arbeiterkammergesetz und das Betriebsrätegesetz (weltweit das erste, mit dem die Arbeitnehmer ein Mitspracherecht in betrieblichen Angelegenheiten erhielten.

Ab 1921 war Ferdinand Hanusch als Direktor der von ihm begründeten Wiener Arbeiterkammer tätig, wo er Gelegenheit hatte, die auf seine Initiative zurückgehenden neuen Gesetze in der Praxis anzuwenden. Er nahm sich auch der Arbeiterbildung an und gründete die Sozialwissenschaftliche Studienbibliothek der Wiener Arbeiterkammer.

Ferdinand Hanusch war einflussreiches Mitglied der Freimaurer (seit 1908). In der Loge "Lessing zu den drei Ringen" war er deputierter Logenmeister; dann wurde er zum Großbeamten der Wiener Großloge gewählt, wo er das Amt des Stellvertretenden Ersten Großaufsehers ausübte.

Ehrungen

1924, ein Jahr nach seinem Tod, wurde die Hanuschgasse im 1. Bezirk nach ihm benannt. Auch der 1925 fertiggestellte Hanuschhof in Wien-Landstraße sowie das Hanusch-Krankenhaus in Wien-Penzing tragen seinen Namen.

1928, zum zehnten Jahrestag der Gründung der Republik, wurde Ferdinand Hanusch als einer von drei sozialdemokratischen Politikern auf dem Denkmal der Republik verewigt. Das 1934 vom autoritären Dollfuß-Regime entfernte Denkmal wurde am 12. November 1948 feierlich wiederenthüllt. Der Kopf Hanuschs ist eine Nachbildung der zerstörten Originalbüste Carl Wolleks von Mario Petrucci.

Werke (Auswahl)

Erzählungen

  • Ferdinand Hanusch: Weber-Seff. Erzählung. Wien: Wiener Volksbuchhandlung Ignaz Brand 1905
  • Ferdinand Hanusch: Auf der Walze. Wien: Selbstverlag 1907
  • Ferdinand Hanusch: Die Namenlosen. Geschichten aus dem Leben der Arbeiter und Armen. Wien: Wiener Volksbuchhandlung Ignaz Brand 1910 (1911)
  • Ferdinand Hanusch: Lazarus. Eine Jugendgeschichte. Wien: Wiener Volksbuchhandlung Ignaz Brand 1912
  • Ferdinand Hanusch: Der kleine Peter. Wien: Wiener Volksbuchhandlung Ignaz Brand 1913
  • Ferdinand Hanusch: Leibeigene. Reichenberg: Verlag "Textilarbeiter" o. J. [1913?]
  • Ferdinand Hanusch: Aus der Heimat. Geschichten in schlesischer Mundart. Mährisch-Schönberg: Josef Emmer 1916
  • Ferdinand Hanusch: In der Heimat. Geschichten in schlesischer Mundart. Mährisch-Schönberg: Josef Emmer 1918
  • Ferdinand Hanusch: Waldpeter. Ein Lebensschicksal. In schlesischer Mundart. Mährisch-Schönberg: Josef Emmer 1922
  • Ferdinand Hanusch: Aus meinen Wanderjahren. Erinnerungen eines Walzbruders. Reichenberg: Selbstverlag "Textilarbeiter" o. J.
  • Ferdinand Hanusch: Lazarus. Liebe und Ehe. Wien: Wiener Volksbuchhandlung Ignaz Brand o. J.

Politische Schriften

  • Sozialpolitik in Österreich 1919 bis 1923. Referat des Abgeordneten Ferdinand Hanusch auf dem Zweiten österreichischen Gewerkschaftskongreß. Wien: Verlag Arbeit und Wirtschaft 1923
  • Ferdinand Hanusch: Ein Geleitwort. In: Ludwig Brügel: Soziale Gesetzgebung in Österreich von 1848 bis 1918. Eine geschichtliche Darstellung. Wien / Leipzig: Franz Deuticke 1919, VII–VIII
  • Parlament und Arbeiterschutz. Referat, erstattet dem Siebenten österreichischen Gewerkschaftskongreß vom Abgeordneten Ferdinand Hanusch. Wien: Wiener Volksbuchhandlung Ignaz Brand 1913

Quellen

Literatur

(Auswahl)

  • Helmut Reinalter: Hanusch, Ferdinand. In: Helmut Reinalter [Hg.]. Freimaurerische Persönlichkeiten in Europa. Innsbruck / Wien [u. a.]: Studienverlag 2014 (Quellen und Darstellungen zur europäischen Freimaurerei, 16), S. 69-70
  • Walter Göhring / Brigitte Pellar: Ferdinand Hanusch. Aufbruch zum Sozialstaat. Wien: Verlag des Österreichischen Gewerkschaftsbundes 2003
  • Isabella Ackerl / Friedrich Weissensteiner: Österreichisches Personenlexikon der Ersten und Zweiten Republik. Wien: Ueberreuter 1992, S. 161
  • Kurt Stimmer [Hg.]: Die Arbeiter von Wien. Ein sozialdemokratischer Stadtführer. Wien / München: Jugend & Volk 1988, S. 98–99
  • Josef Weidenholzer: Der sorgende Staat. Zur Entwicklung der Sozialpolitik von Joseph II. bis Ferdinand Hanusch. Wien / München / Zürich: Europaverlag 1985
  • Alfred Magaziner: Ferdinand Hanusch – Vom Webstuhl auf den Ministersessel. In: Alfred Magaziner: Die Wegbereiter. Aus der Geschichte der Arbeiterbewegung. Wien: Volksbuchverlag 1975, S. 84–97
  • Viktor Kleiner: Ferdinand Hanusch. In: Walter Pollak [Hg.]: Tausend Jahre Österreich. Eine biographische Chronik. Band 3: der Parlamentarismus und die beiden Republiken. Wien / München: Jugend und Volk 1974, S. 236–241
  • Otto Staininger [Hg.]: Ferdinand Hanusch (1866–1923). Ein Leben für den sozialen Aufstieg. Wien: Europaverlag 1973 (Schriftenreihe des Ludwig-Boltzmann-Instituts für Geschichte der Arbeiterbewegung, 3)
  • Georges Haupt: Hanusch Ferdinand. In: Jean Maitron / Georges Haupt [Hg.]: Dictionnaire biographique du mouvement ouvrier international. Band 1: Autriche. Paris: Éditions Ouvrières 1971, S. 125–127
  • Hans Schroth: Bibliographie zur Geschichte der österreichischen Arbeiterbewegung. Ferdinand Hanusch [Werkverzeichnis]. In: Archiv. Mitteilungsblatt des Vereins für Geschichte der Arbeiterbewegung, 6 (1966), Heft 1, S. 16–18
  • Hans Giebisch / Gustav Gugitz: Bio-Bibliographisches Literaturlexikon Österreichs von den Anfängen bis zur Gegenwart. Wien: Hollinek 1964, S. 139
  • Helga Sumpolec: Ferdinand Hanusch und sein sozialpolitisches Werk. Diss. Univ. Wien. Wien 1964
  • Maria Szecsi: Ferdinand Hanusch. In: Norbert Leser [Hg.]: Werk und Widerhall. Große Gestalten des österreichischen Sozialismus. Wien: Wiener Volksbuchhandlung 1964, S. 178–185
  • Jacques Hannak: Ferdinand Hanusch. In: Jacques Hannak: Männer und Taten. Zur Geschichte der österreichischen Arbeiterbewegung. Wien: Wiener Volksbuchhandlung 1963, S. 49–52
  • Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950. Hg. von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Band 2. Graz / Köln: Böhlau 1959, S. 184–185
  • Helga Reißer: Ferdinand Hanusch, sein Leben und literarisches Werk. Diss. Univ. Wien. Wien 1950
  • Fritz Walden: Ich gab euch Zeit! Kleine Lebensgeschichte des großen Sozialreformers Ferdinand Hanusch. Wien: Verlag des Österreichischen Gewerkschaftsbundes 1948 (Jugendschriftenreihe, 4)
  • Edmund Palla: Ferdinand Hanusch. In: Neue österreichische Biographie 1815–1918. Band 4. Wien: Amalthea-Verlag 1927, S. 43–57
  • Österreichische Gewerkschaftskommission: Ferdinand Hanusch. Der Mann und sein Werk. Wien: Verlag Arbeit und Wirtschaft 1924


Ferdinand Hanusch im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.

Weblinks