Ferdinand Andri
Ferdinand Andri, *1. März 1871 Waidhofen/Ybbs, Niederösterreich, † 19. Mai 1956 Wien, Maler, Graphiker.
Biografie
Ferdinand Andri studierte von 1887 bis 1891 an der Wiener Akademie (bei Julius Victor Berger und Eduard Lichtenfels) und 1892 bis 1894 an der Kunstschule in Karlsruhe. Er unternahm Studienreisen nach Italien, Paris, London und Nordamerika. Andri gehörte zu jenen Mitgliedern der Secession (1899 bis 1909, 1905/1906 Präsident, Mitarbeiter bei "Ver sacrum"), die mit dem Schwerpunkt ihres Schaffens in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg liegen. Thematisch von Landschaft und Volksleben seiner Heimat beeinflusst, sind seine Werke dekorativ und farbenfroh.
Andris Opus umfasst die Holzbildnerei, das monumentale Wandbild, das repräsentative Porträt sowie Gemälde aus dem bäuerlichen Milieu. Er bemühte sich auch um die Wiederbelebung der kirchlichen Kunst. Bereits 1896 schuf er ein Taufbecken mit einer Halbfigur Johannes des Täufers aus vergoldetem Holz für die Ausstellung in der Secession.
Andri wurde 1919 Professor an der Wiener Akademie, war hier Leiter einer Meisterschule (1923 bis 1929) beziehungsweise systemisierten Meisterschule für Malerei (1929 bis 1939); 1923 bis 1926 und 1931 bis 1933 war Andri Prorektor. Am 12. März 1938 wurde er von der NSDAP-Landesleitung Wiens gemeinsam mit Wilhelm Dachauer und Alexander Popp zum Vorsitzenden der kommissarischen Leitung der Akademie ernannt. 1939 trat er in den Ruhestand, blieb jedoch bis 1945 als vertraglich bestellter Leiter der Meisterschule für Freskomalerei tätig. Am 26. Juni 1945 wurde er im Rahmen der Entnazifizierung als ehemaliges NSDAP-Parteimitglied von seinem Dienstposten enthoben.
Andri sympathisierte bereits während des Verbots der NSDAP mit der Partei. 1938 trat er schließlich offiziell in die NSDAP ein. Auf der sogenannten "Gottbegnadeten-Liste", die der Reichskultur- und Propagandaminister Joseph Goebbels 1944 zusammenstellen ließ, war Andri als wichtiger Maler des NS-Regimes inkludiert.
In Wien schuf er Mosaiken über dem Hochaltar sowie das secessionistische Taufbecken mit der Halbfigur des heiligen Johannes aus vergoldetem Holz in der Schmelzer Pfarrkirche (16., Herbststraße 82; 1903) und Apostelbilder in der Neuottakringer Pfarrkirche (16., Kernstockplatz; 1908), eine Statue des Erzengels Michael aus getriebenem Metall für das Zacherlhaus Plecniks (1., Brandstätte 16; 1903 bis 1905) und Gemälde für den Messepalast (1., Messeplatz). Ab 1939 war er Mitglied des Künstlerhauses.
1941 erhielt er den Ehrenring der Stadt Wien, 1944 den Waldmüller-Preis, 1961 den Goldenen Lorbeer des Künstlerhauses. Er war ab 1941 Ehrenmitglied der Akademie der bildenden Künste Wien, diese Ehrenmitgliedschaft wurde ihm 2023 aufgrund seiner bedenklichen Rolle im Nationalsozialismus vom Senat der Akademie aberkannt.
Literatur
- Kunstforum International: Kunstakademie Wien überprüft Ehrenmitgliedschaften, 04.05.2023 [Stand: 29.10.2024]
- Website der Akademie der bildenden Künste Wien: Historische Ehrungen kritisch hinterfragt, 05.2023 [Stand: 09.05.2023]
- Verena Pawlowsky: Die Akademie der bildenden Künste Wien im Nationalsozialismus. Lehrende, Studierende und Verwaltungspersonal. Wien / Köln / Weimar: Böhlau Verlag 2015
- Katalog zur Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien. Band 14. Wien 1959-2003, S. 115
- Astrid Gmeiner / Gottfried Pirhofer: Der österreichische Werkbund. Alternative zur klassischen Moderne in Architektur, Raum- und Produktgestaltung. Salzburg / Wien: Residenz-Verlag 1985, S. 221
- Felix Czeike: I. Innere Stadt. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1983 (Wiener Bezirkskulturführer, 1), S. 21
- Presse, 14.10.1982
- Karl Michael Kisler: Fast vergessen: Ferdinand Andri. In: Niederösterreichischer Kulturbericht 4/1981, S. 8 f.
- Renate Wagner-Rieger [Hg.]: Die Ringstraße. Bild einer Epoche. Die Erweiterung der Inneren Stadt Wien unter Kaiser Franz Joseph. Band 9/2. Wiesbaden: Steiner 1976, Register
- Rudolf Schmidt: Österreichisches Künstlerlexikon. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Wien: Tusch 1974-1980
- Robert Weissenberger: Die Wiener Secession. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1971, S. 253 und Register
- Alfred Missong: Heiliges Wien. Ein Führer durch Wiens Kirchen und Kapellen. Wien: Wiener Dom-Verlag ³1970, S. 222
- Walter Wagner: Geschichte der Akademie der bildenden Künste in Wien. Wien: Rosenbaum 1967 (Veröffentlichungen der Akademie der Bildenden Künste in Wien, Neue Folge 1), Register
- Hans Vollmer [Hg.]: Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler des 20. Jahrhunderts. Band 5. München: Deutscher Taschenbuch-Verlag 1961
- Geschichte der bildenden Kunst in Wien. Band 2: Geschichte der Malerei in Wien. Wien [u.a.]: Selbstverlag des Vereines für Geschichte der Stadt Wien 1955 (Geschichte der Stadt Wien / Neue Reihe, 7/2), S. 188
- Justus Schmidt / Hans Tietze: Dehio Wien. Wien: A. Schroll 1954 (Bundesdenkmalamt: Die Kunstdenkmäler Österreichs), S. 83, 174
- Hans Vollmer [Hg.]: Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler des 20. Jahrhunderts. Band 1. München: Deutscher Taschenbuch-Verlag 1953
- Rathaus-Korrespondenz. Wien: Presse- und Informationsdienst, 27.02.1951
- Robert Teichl: Österreicher der Gegenwart. Lexikon schöpferischer und schaffender Zeitgenossen. Wien: Verlag der Österreichischen Staatsdruckerei 1951
- Ulrich Thieme / Felix Becker [Hg.]: Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. 37 Bände. Leipzig: Engelmann 1907-1950
- Adolf Bassaraba: Der Maler Ferdinand Andri. St. Pölten: St. Pöltner Zeitungs-Verlagsgesellschaft 1941
- F. A. Lutz: Oeuvrekatalog des Professors Ferdinand Andri. Wien: Akademie der bildenden Künste 1941 (Veröffentlichungen der Akademie der bildenden Künste, 1941)
Ferdinand Andri im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.