Fritz Hochwälder
Fritz Hochwälder, * 28. Mai 1911 Wien 7, † 20. Oktober 1986 Zürich, Dramatiker.
Biografie
Erste Theatererfahrungen sammelt Fritz Hochwälder bereits als Sechsjähriger. Während der Vater zur Fliegertruppe nach Triest einrückte, besuchte der Sohn mit einem Lehrer aus der Volksschule Zollergasse die Nachmittagsvorstellungen im Raimundtheater. Obwohl der Tapezierbetrieb des Vaters und die Altwarenhandlung der Mutter wenig Geld abwarfen, schickten sie Fritz in das Reformrealgymnasium im 8. Bezirk (Albertgasse). Einen Abschluss erlangt Hochwälder jedoch nicht, sondern er ging beim Vater in die Lehre und legte 1929 die Gesellenprüfung ab. Neben der Tätigkeit in der väterlichen Werkstatt belegte er Abendkurse im "Ottakringer Volksheim". Als überzeugter Sozialrevolutionär schloss er sich der sogenannten "Gruppe der Jungen" an.
Erste Gedichte veröffentlichte Hochwälder bereits 1928 in der "Arbeiterzeitung", Novellen für die "Literarischen Monatshefte" folgten. Seit 1930 jedoch trat Hochwälder vor allem mit dramatischen Versuchen hervor. Es entstand das Hörspiel "Der Trommler" (1932). Am 1. März 1933 hatte das Stück "Jehr" in den Wiener Kammerspielen Premiere. Das 1934 verfasste musikalische Lustspiel "Liebe in Florenz" (nach Cervantes) ging am 5. März 1936 im Wiener Theater der 49 erstmals über die Bühne.
Parallel blieb Hochwälder seinem Brotberuf treu, legte 1937 seine Meisterprüfung ab und eröffnete eine eigene Werkstatt. Am 17. August 1938 watete der nur 1,53 Meter messende Nichtschwimmer bei Buchs durch den Rhein und floh in die Schweiz. Seinen Meisterbrief hatte er zwar mit im Gepäck, freilich verboten ihm die eidgenössischen Behörden, als Tapezierer zu arbeiten. In Wien zurücklassen musste Hochwälder zudem seine Eltern, die am 20. Mai 1942 mit dem Transport Da 202 nach Maly Trostinec deportiert und sechs Tage später vermutlich erschossen wurden. Von den tausend Insassen dieses Zuges überlebten nur vierzehn.
Aus der Not des Berufsverbots macht Hochwälder eine Tugend und vollzog im Schweizer Exil die Wandlung zum Dramatiker, unterstützt von Freunden wie Leopold Lindtberg, Hans Weigel und Fritz Wotruba, die wie er von Wien nach Zürich emigriert waren. 1940 entstand das Stück "Esther", das den Antisemitismus anprangert. Zwar wurde diese Entwicklung 1941/42 durch den erzwungenen Aufenthalt in einem Arbeitslager in Gordola unterbrochen, doch lernte er im Tessin sein Idol kennen: den deutschen Dramatiker Georg Kaiser. In dieser Zeit entstand sein noch heute bekanntestes Stück: Das "Heilige Experiment" wurde am 24. März 1943 in Biel uraufgeführt und erlebte auf Vermittlung von Franz Theodor Csokor 1947 am Burgtheater die österreichische Premiere. Seinen Durchbruch erzielte das Stück erst 1952 in Paris mit 400 Aufführungen en suite im Théâtre de l’Athenée. Mehr als drei Jahrzehnte später soll es Robert Bolt zu seinem Drehbuch für den Film "The Mission" (Regie: Roland Joffé) mit Jeremy Irons, Liam Neeson und Robert de Niro in den Hauptrollen angeregt haben.
Eine Rückkehr nach Österreich kam für Hochwälder nach 1945 nicht in Frage, doch blieb er zeitlebens österreichischer Staatsbürger und engagierte sich in nationalen Verbänden wie dem österreichischen PEN und dem Verband dramatischer Schriftsteller und Komponisten Österreichs. Von Zürich aus eroberte er als vielübersetzter Autor die Bühnen der Welt. Freilich wurden einige Stücke an Wiener Häusern uraufgeführt, so "Meier Helmbrecht" (17. September 1947, Theater in der Josefstadt), "Donadieu" (1. Oktober 1953, Burgtheater), "Die Herberge" (30. März 1957, Burgtheater), "Die Unschuldige" (22. Dezember 1958, Akademietheater), "1003" (7. Jänner 1964, Theater in der Josefstadt) und "Der Befehl" (3. März 1968, Burgtheater). Auch sonst blieben seine Wiener Beziehungen intensiv. 1960 heiratete er in zweiter Ehe die aus Wien stammende Susanne Schreiner, die es beruflich nach Zürich gezogen hatte. In seiner Geburtsstadt erhielt der Dramatiker, den man 1963 mit dem Titel Professor geehrt hatte und der 1986 Ehrenmitglied der Wiener Tapeziererinnung wurde, zudem zahlreiche Auszeichnungen.
Eine Freundschaft verband Hochwälder auch mit Helmut Zilk, dem Wiener Kulturstadtrat und nachmaligen Bürgermeister. Dieser Verbindung ist es zu danken, dass Hochwälder, der sich als Erbe des Wiener Volkstheaters verstand, seinen Nachlass und seine Nachlassbibliothek testamentarisch der Stadt Wien vermachte. In einem Gespräch mit Herwig Würtz, dem damaligen stellvertretenden Direktor der Wiener Stadt- und Landesbibliothek (heute Wienbibliothek im Rathaus), bekräftigte Hochwälder: "Hier, in dieser Sammlung, die das geistige Erbe Grillparzers, Nestroys und Ferdinand Raimunds verwaltet, möchte auch ich meine literarischen Früchte verwahrt wissen." Fritz Hochwälder starb am 20. Oktober 1986 in Zürich.
Werke (Auswahl)
- Fritz Hochwälder: Das heilige Experiment. Schauspiel in fünf Aufzügen. Elgg / Zürich: Volksverlag 1947
- Fritz Hochwälder: Donadieu. Schauspiel in drei Akten. Hamburg: Zsolnay 1953
- Fritz Hochwälder: Der öffentliche Ankläger. Schauspiel in drei Akten. Hamburg: Zsolnay 1954
- Fritz Hochwälder: Hôtel du Commerce. Komödie in fünf Akten. Elgg / Zürich: Volksverlag 1954
- Fritz Hochwälder: Der Flüchtling. Schauspiel in drei Akten, nach einem Entwurf von Georg Kaiser. Elgg / Zürich: Volksverlag 1955
- Fritz Hochwälder: Die Herberge. Dramatische Legende in drei Akten. Elgg / Zürich: Volksverlag 1956
- Fritz Hochwälder: Meier Helmbrecht. Frei nach Wernher dem Gärtner. Elgg / Zürich: Volksverlag 1958
- Fritz Hochwälder: Der Unschuldige. Komödie in drei Akten. Elgg / Zürich: Volksverlag 1958
- Fritz Hochwälder: Esther. Ein altes Märchen, neu in dramatische Form gebracht. Elgg / Zürich: Volksverlag 1960
- Fritz Hochwälder: Dramen. In zwei Bänden. München / Wien: Langen-Müller 1959–1964
- Fritz Hochwälder: Der Himbeerpflücker. Komödie in drei Akten. München / Wien: Langen-Müller 1965
- Fritz Hochwälder: Der Befehl. Schauspiel in drei Akten. München / Wien: Langen-Müller 1968
- Fritz Hochwälder: Lazaretti oder Der Säbeltiger. Schauspiel in drei Akten. Graz / Wien / Köln: Styria 1975.
- Fritz Hochwälder: Dramen. In vier Bänden. Graz / Wien / Köln: Styria 1975–1985
- Fritz Hochwälder: Im Wechsel der Zeit. Autobiographische Skizzen und Essays. Graz / Wien / Köln: Styria 1980
- Fritz Hochwälder: Die Prinzessin von Chimay. Komödie in drei Akten. Graz / Wien / Köln: Styria 1982
- Fritz Hochwälder: Donnerstag. Roman. Graz / Wien / Köln: Styria 1995
- Fritz Hochwälder: Holokaust (Totengericht). Schauspiel in drei Akten. Graz / Wien / Köln: Styria 1998
Quellen
- Wienbibliothek im Rathaus: Nachlass Fritz Hochwälder
- Wienbibliothek im Rathaus: Sammlung Fritz Hochwälder
Literatur
- R. Paul Baker: A question of conscience. The Dramas of Fritz Hochwälder. Dunedin: University of Otago 2001
- Fritz Hochwälder. Ausstellung der Wiener Stadt- und Landesbibliothek und des Österreichischen Kulturzentrums im Palais Palffy, 15. Mai bis 30. Juni 1991. Herausgeber: Herwig Würtz. Ausstellung und Katalog: Hermann Böhm. Wien: Stadt- und Landesbibliothek 1991
- U. Henry Gerlach: Unterdrücktes Gewissen als Zentralmotiv in Fritz Hochwälders "Heiligem Experiment". In: Österreich in Geschichte und Literatur 24 (1980), S. 300–366
- Wilhelm Bortenschlager: Der Dramatiker Fritz Hochwälder. Innsbruck: Wagner 1979
- Martin Esslin: Nachwort. In: Fritz Hochwälder: Lazaretti oder Der Säbeltiger. Graz / Wien / Köln: Styria 1975, S. 299–307
Literatur von und über Fritz Hochwälder finden Sie im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.