Grete Rehor
Grete Rehor, * 30. Juni 1910 Wien, † 28. Jänner 1987 Wien, Textilarbeiterin, Gewerkschafterin, Politikerin.
Biografie
Die als Grete Daurer geborene Tochter einer Krankenschwester. Erich Schadner hat nachgewiesen, dass Grete Rehor unehelich geboren wurde. [1].
Offizielle Biografien berichten demgegenüber, dass Grete Rehor das Kind eines Beamten war, der im Ersten Weltkrieg fiel. Quellenmäßig kann das bislang nicht bestätigt werden.
Die wirtschaftliche Not der Familie ermöglichte es nicht, den erwünschten Lehrerberuf zu ergreifen. Stattdessen arbeitete sie als Textilarbeiterin, um den Besuch einer Handelsschule finanzieren zu können. Im Alter von 19 Jahren starb auch ihre Mutter.
Schon früh war sie in der katholischen Mädchenbewegung aktiv; die katholische Soziallehre wurde für sie zum Lebenskompass. Ab 1927 war sie als hauptamtliche Sekretärin im Zentralverband der christlichen Textilarbeiter Österreichs tätig. Ein Jahr später wurde sie zum ersten weiblichen Mitglied des Jugendbeirats der Wiener Arbeiterkammer. Sie setzte sich für die berufliche Besserstellung und soziale Gleichstellung der Frauen ein und initiierte Hilfsprogramme für arbeitende Jugendliche mit. 1935 heiratete sie den christlichen Gewerkschafter Karl Rehor, über den sie mit dem späteren Bundeskanzler Josef Klaus bekannt wurde. Nach dem "Anschluss" 1938 musste sie alle Aktivitäten einstellen. Ihr zur Wehrmacht eingezogene Mann kam 1943 bei Stalingrad ums Leben und Grete Rehor musste als Alleinerzieherin für ihre Tochter sorgen.
Nach der Befreiung Österreichs 1945 arbeitete die Wienerin als Fachgruppensekretärin in der Gewerkschaft der Textil-, Bekleidungs- und Lederarbeiter. Sie übernahm verschiedene Funktionen in ihrer Fachgewerkschaft sowie in der Fraktion Christlicher Gewerkschafter. In den Lohn- und Tarifverhandlungen setzte sie sich besonders für die Angleichung weiblicher Löhne an jene ihrer männlichen Kollegen ein. Von 1949 bis 1970 gehörte sie als Abgeordnete der ÖVP dem Nationalrat an, wo sie vor allem eine Stimme für berufstätige Frauen und Mütter war. Im Rahmen des Österreichischen Arbeiter- und Angestelltenbundes, dessen stellvertretende Vorsitzende sie zeitweise war, gründete sie 1957 mit den "Frauen im ÖAAB" eine eigene Frauengruppierung.
In der ÖVP-Alleinregierung unter Josef Klaus von 1966 bis 1970 übernahm sie mit dem Sozialressort als erste Frau Österreichs ein Ministeramt. In ihre Amtszeit fallen etwa das Arbeitsmarktförderungsgesetz, das Berufsausbildungsgesetz, eine Reform des Arbeitsrechts, die Einführung des 8. Dezember als Feiertag und eine reale Erhöhung der Pensionen. Außerdem richtete sie in der Sektion Sozialpolitik eine eigene Abteilung für frauenspezifische Fragen ein und initiierte die jährliche Vorlage eines Berichts über die soziale Lage. Auch nach ihrem Ausscheiden aus der Politik setzte sich Grete Rehor für soziale Belange ein, etwa im Dachverband der österreichischen Behindertenvereine.
1995 wurde die Grünfläche zwischen Parlament, Justizpalast und Epstein-Palais im Andenken an die Sozialpolitikerin in Grete-Rehor-Park benannt. Der "Grete-Rehor-Hilfsfonds" dient der Unterstützung behinderter Jugendlicher.
Quellen
Literatur
- Barbara Steininger: Grete Rehor. In: Herbert Dachs, Peter Gerlich, Wolfgang C. Müller (Hg.): Die Politiker. Karrieren und Wirken bedeutender Repräsentanten der Zweiten Republik. Wien: Manz 1995, S. 479-485
- Isabella Ackerl / Friedrich Weissensteiner: Österreichisches Personenlexikon der Ersten und Zweiten Republik, Wien: Ueberreuter 1992
- Gesellschaft und Politik. Schriftenreihe des Dr. Karl Kummer-Institutes für Sozialpolitik und Sozialreform 11 (1975), Heft 2: Soziale Sicherheit und politische Verantwortung. Festschrift für Grete Rehor
- Norbert Hartl: Grete Rehor. In: Stichwortgeberinnen. 14 Portraits erfolgreicher Frauen aus Politik und Wirtschaft. Wien: edition noir2008, S. 57-70
Weblinks
- Österreichische Mediathek: Sozialministerin Grete Rehor (ÖVP) anlässlich einer europäischen Ministertagung für Familienfragen zum Thema "Die Frau zwischen Beruf und Familie"
- Wikipedia: Grete Rehor
- Parlament: Grete Rehor
- Haus der Geschichte Österreichs: Österreichs erste Bundesministerin - Grete Rehor