Haybach-Verlag
48° 13' 58.22" N, 16° 19' 3.91" E zur Karte im Wien Kulturgut
Haybach-Verlag. Der von Rudolf Haymann geführte Einmann-Verlag nahm 1922 seine Tätigkeit auf. Vor dem Ersten Weltkrieg hatte der Bauingenieur die Errichtung der Wasserleitung zwischen Bad Gastein und Hofgastein verantwortet, während des Krieges geriet Rudolf Haymann in russische Gefangenschaft und lernte Erwin Lang und Heimito Doderer kennen. Durch diese Begegnungen geprägt, beschloss er nach seiner Rückkehr in Wien einen Verlag zu gründen.
Haybachs erstes Ansuchen um eine Konzession zum Betrieb eines Buch- und Kunstverlags wurde zunächst mangels Lokalbedarfs durch die Korporation der Wiener Buch-, Kunst- und Musikalienhändler abgelehnt. Das Magistratische Bezirksamt für den 18. Bezirk verwarf diese Entscheidung allerdings und erteilte im Herbst 1922 die gewünschte Konzession.
Der von Rudolf Haybach gänzlich aus eigener Tasche finanzierte Verlag erwies sich von Anfang an als Verlustgeschäft. Kleine Auflagen, das schmale Werbebudget und der geringe Titelausstoß verschärften die schwierige Situation. Diese spiegelte sich auch im Schriftverkehr mit der Korporation der Wiener Buch-, Kunst-, und Musikalienhändler wider, die in den Jahren 1925 bis 1935 von Rudolf Haybach wiederholt die Bezahlung fälliger Jahresvorschreibungen einmahnte. 1930 wurde die Produktion des Haybach-Verlags endgültig eingestellt. Danach konnten keine weiteren Publikationen mehr nachgewiesen werden und der Verlag existierte vermutlich nur noch auf dem Papier weiter.
Nach seiner Tätigkeit als Verleger engagierte sich Rudolf Haybach als Schriftsteller, Maler und Theaterdirektor. Aufgrund seiner ideologischen Nähe zum Nationalsozialismus – das NSDAP-Mitglied Haybach war beispielsweise 1938 Leiter der Abteilung "Kunst und Theater" in der NS-Organisation "Kraft durch Freude" (KdF) – gilt sein Werk als belastet.
Produktion
Der Haybach-Verlag produzierte anspruchsvolle bibliophile Werke, die oft nur in kleinen Auflagen erschienen. Anders als in ähnlichen Unternehmen wurden diese nicht in der verlagseigenen Druckerei hergestellt. Insgesamt veröffentlichte der Verlag 17 Bücher und Mappen.
Das erste Werk des Verlags kam im Gründungsjahr 1922 heraus und war eine Gemeinschaftsarbeit zwischen Rudolf Haybach und dem Maler und Grafiker Erwin Lang, beide hatten im sibirischen Kriegsgefangenlager gemeinsam eine selbstgefertigte Druckpresse betrieben. Die Nummern 1 bis 20 der 600 Exemplare starken Ausgabe "Hoffnung auf China" waren handkoloriert und in Seide gebunden. 1923 folgte das Mappenwerk "Erzengels Morgenruf" mit Gedichten von Richard Billinger und Lithografien von Erwin Lang. In einer Kleinstauflage von 50 Stück wurde auch eine von Lang illustrierte Ausgabe des "Michael Kohlhaas" veröffentlicht.
Geschichte schrieb der Verlag mit der Erstveröffentlichung eines Werkes von Heimito Doderer. 1923 erschien der Gedichtband "Gassen und Landschaft", 1924 die Erzählung "Die Bresche. Ein Vorgang in vierungszwanzig Stunden" mit Illustrationen von Erwin Lang. Im selben Jahr kam mit "Kain und Abel. Eine Legende" auch ein Titel von Albert Paris Gütersloh mit zehn Original-Litografien heraus. Weitere bibliophile Werke aus diesen Jahren stammten beispielsweise von L. H. Jungnickel, Lilly Steiner oder Franz von Zülow.
Aus finanziellen Gründen ging die Titelproduktion bald stark zurück. 1928 brachte der Verlag noch Albert Paris Güterslohs Titel "Der Maler Alexander" heraus. Das letzte Werk des Haybach-Verlags stammte erneut von Heimito Doderer, "Der Fall Gütersloh. Ein Schicksal und seine Deutung" erschien 1930.
Literatur
- Murray G. Hall: Österreichische Verlagsgeschichte 1918–1938. Band II: Lexikon der belletristischen Verlage. Wien: Böhlau 1985 [Stand: 03.02.2021]
- Christine Korntner: Heimito von Doderer – Spiegelbilder eines Schriftstellerlebens. In: Der literarische Zaunkönig Nr. 1/2007 [Stand: 03.02.2021]
- Kai Luehrs-Kaiser: Rudolf Haybach 1886–1983. In: Heimito von Doderer Gesellschaft [Stand: 03.02.2021]