Joe Lederer
Joe Lederer, *12. September 1904 Wien, † 30. Januar 1987 München, Schriftstellerin.
Biografie
Joe (Josefine) Lederer wurde 1904 als Tochter von Hugo Lederer und seiner Frau Regine (geborene Körper) in Wien geboren. Der Vater leitete eine Fabrik in Steinklamm, die Mutter war Weißnäherin. 1915 veröffentlichte die "Illustrierte Kronenzeitung" das erste Gedicht "Für Kaiser und Vaterland" des damals erst elfjährigen Mädchens. Im selben Jahr starb Hugo Lederer.
Von 1916 bis 1920 besuchte Joe Lederer das Schwarzwaldgymnasium in Wien und wechselte nach der mittleren Reife in die Handelsschule. Daneben nahm sie bei Burgschauspieler Karl Forest Schauspielunterricht. Nach dem Abschluss der Schule arbeitete Joe Lederer zunächst im Bankhaus Pollak. Nach dessen Konkurs stellten sie Hugo Bettauer und Rudolf Olden als Redaktions-Sekretärin bei "Bettauers Wochenschrift. Probleme des Lebens" ein. Die Zeitschrift bot ihr auch die Gelegenheit, rund 20 lyrische Texte zu veröffentlichen. Nach Bettauers gewaltsamem Tod vermittelte Rudolf Olden Joe Lederer eine Stelle als Privatsekretärin bei seinem Bruder, dem Schriftsteller Balder Olden, in Berlin. Nach dem Erfolg ihres autobiografisch inspirierten Debütromans "Das Mädchen George" (1928) entschied sich Joe Lederer 1929 für eine Karriere als freie Schriftstellerin und Journalistin. Ihr Roman "Drei Tage Liebe" (1930) wurde nach ihrem Drehbuch 1931 mit Hans Albers und Käthe Dorsch verfilmt.
In der Hoffnung auch nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten weiterhin in Deutschland als Schriftstellerin tätig bleiben zu können, trat Joe Lederer trotz ihrer jüdischen Herkunft am 8. September 1933 der Reichsschrifttumskammer bei. 1934 konnte sie noch ihren Roman "Unter den Apfelbäumen" veröffentlichen, bevor sie nach Shanghai emigrierte, wo sie sich als Kindermädchen durchschlug. 1935 wurden ihre Bücher in Deutschland verboten. Im selben Jahr kehrte sie an Tuberkulose erkrankt nach Wien zurück. 1936 erwarb der Wiener "Zeitbild-Verlag" die Rechte an ihren Büchern, was die prekäre finanzielle Situation der Autorin nur marginal verbesserte. In den folgenden Jahren lebte die überaus produktive Schriftstellerin abwechselnd in Wien, Positano (Italien) und Paris.
Unmittelbar nach dem "Anschluss" trat sie am 16. März 1938 aus der israelitischen Kultusgemeinde aus. 1939 konnte sie nach England emigrieren, wo sie zunächst als Dienstmädchen arbeitete. Im Exil traf sie unter anderem Hilde Spiel und deren Mann Peter de Mendelssohn. Daneben engagierte sich Joe Lederer bei "Free Austrian P.E.N." in Großbritannien und nahm regelmäßig an Kongressen teil. 1942 wurde sie Vorstandsmitglied.
Von 1944 bis 1952 arbeitete sie als Übersetzerin und Sekretärin beim "Foreign Office" in London. 1946 nahm sie die britische Staatsbürgerschaft an.
1956 ging sie nach München, wo sie der Verleger Kurt Desch unter Vertrag nahm. Als Betroffene eines Unterschlagungsskandales wurde sie um ihre Tantiemen geprellt, womit sie sich einmal mehr mit enormen finanziellen Problemen konfrontiert sah. Ihren Lebensunterhalt konnte Joe Lederer mit Arbeiten als Lektorin, Übersetzerin und Autorin für Rundfunk, diverse Magazine und von einigen Drehbüchern sichern. Sie starb 1987 in München. 1998 erwarb die Wienbibliothek im Rathaus den Nachlass von Joe Lederer aus Privatbesitz.
Werke (Auswahl)
- Joe Lederer: Das Mädchen George. Berlin: Universitas 1928
- Joe Lederer: Musik der Nacht. Berlin. Universitas 1930
- Joe Lederer: Bring mich heim. Roman. Berlin: Universitas 1932
- Joe Lederer: Unter den Apfelbäumen. Berlin: Universitas 1934
- Joe Lederer: Blatt im Wind. Wien: Zeitbild-Verlag 1936
- Joe Lederer: Blumen für Cornelia. Wien [u. a.]: Zeitbild-Verlag 1936
- Joe Lederer: Ein einfaches Leben. Wien: Zeitbild-Verlag 1937
- Joe Lederer: Heimweh nach gestern. Berlin: Universitas 1951
- Joe Lederer: Letzter Frühling. Roman. Wien [u. a.]: Desch 1955
- Joe Lederer: Die törichte Jungfrau. München: Desch 1960
- Joe Lederer: Ich liebe dich. Fünf Geschichten aus meinem Leben. München: Herbig 1979
- Joe Lederer: Von der Freundlichkeit der Menschen. München: Herbig 1984
Quellen
- Josefine Lederer: "Für Kaiser und Vaterland!". In: Illustrierte Kronenzeitung, 30.04.1915, S. 5
- Wienbibliothek im Rathaus: Nachlass Joe Lederer
Literatur
- Ilse Korotin [Hrsg.]: biografiA. Lexikon österreichischer Frauen. Band 2, I – O. Wien [u. a.]: Böhlau 2016, S. 1937
- Evelyne Polt-Heinzl: Joe Lederer
Joe Lederer im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.