Johann (ab 1903 von) Medinger jun., * 21. März 1846 Wien, † 18. Dezember 1908 Wien, Industrieller, Ehefrau: Emilie Josepha geb. Rach (23. November 1850, † 13. Februar 1881).
Johann Medinger erhielt seine kaufmännische Ausbildung ab 1864 in der Farbenfabrik seines Vaters Johann Medinger sen., und heiratete 1875 Emilie Josefa Rach, die Enkelin des Gründers der Nußdorfer Brauerei Franz Xaver Bosch († 1860). Er trat 1878 in die Nussdorfer Bierbrauerei F. X. Bosch's Erben ein, die als Nussdorfer Bierbrauerei "Bachofen & Medinger" in seinen und Karl Adolf Bachofen von Echts Besitz überging. Medinger und Bosch fungierten als Gesellschafter des Brauhauses, das eine Blütezeit erlebte und 1908 in eine Aktiengesellschaft mit einem Kapital von sechs Millionen Kronen umgewandelt wurde; Medinger war kurzzeitig erster Präsident dieser AG. Er starb im gleichen Jahr und vererbte seinem gleichnamigen Sohn die Hälfte der Brauereiaktien. Die restlichen Aktien hielten Mitglieder der Familie Bachofen von Echt. Gemeinsam mit Karl Adolf Bachofen von Echt wurde er zum k.u.k. Hoflieferanten ernannt und führte den Titel „k.u.k.Hofbräuer“.
Er galt in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts als einer der führenden Männer der Brauwirtschaft und fungierte als Präsident des Brauherrenvereins für Wien und Umgebung (1890-1899, 1903/1904 und 1907 bis 1908). In seine letzte Periode fielen die Verhandlungen für den gemeinsamen Kollektivvertrag für die Wiener Brauereiarbeiter und die Gründung des Bierkartells.[1] Medinger wurde 1903 Mitbesitzer der „Gablonzer Brauerei Medinger & Co“ und war Mitgründer der Österreichischen Versuchsstation für Brauerei und Mälzerei, deren Präsident er von 1887-1908 war. Unter anderem war er Ehrenmitglied des Instituts für Gärungsgewerbe in Berlin. Er erwarb sich auch große Verdienste im Gebiet der Arbeiterfürsorge und Gewerbehygiene, er ließ 1890 die ersten Arbeiterwohnhäuser einer Wiener Brauerei bauen, die modernsten Anforderungen entsprachen. 1903 wurde er vom Kaiser in den Adelsstand erhoben. Er starb 1908 und wurde in der Familiengruft am Pfarrfriedhof Nußdorf bestattet.
Auch seine beiden Söhne Hans (1876-1943) und Wilhelm (1878-1934) wurden Brauherren. Hans wurde nach Adolf Bachofen von Echt Präsident der Nussdorfer Brauerei und erwarb in der Ersten Republik große Verdienste beim Wiederaufbau der Handelsbeziehungen mit den neuen Nachbarstaaten. Wilhelm erbte das zweite große Familienunternehmen, die Gablonzer Brauerei, und wurde Parlamentarier im neuen tschechoslowakischen Staat.
Literatur
- Gambrinus, Jahrgang 36, 1909, Nr. 1, S. 2
- Die Industrie, Jahrgang 13, 1908, Nr. 52, S. 10
- Neue Freie Presse. Wien, 19.12.1908
- Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 6, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1975, S. 184
- Christian M. Springer: Nussdorf und sein Bier, derzeit noch unveröffentlicht 2021.
- Christian Springer / Alfred Paleczny / Wolfgang Ladenbauer: Wiener Bier-Geschichte. Wien-Köln-Weimar: Böhlau Verlag 2017, S.154-160
Weblinks
Referenzen
- ↑ Alfred Paleczny: Die Wiener Brauherren. Löcker Verlag: Wien 2014, S. 200