Hort, Institution zur ergänzenden Erziehung für schulpflichtige Kinder (Nachmittagsbetreuung).
Nachdem bereits in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts konfessionelle und private Vereinigungen (sogenannte Beschäftigungsanstalten) gegründet worden waren, entstanden Anfang des 20. Jahrhunderts über private Initiative die ersten Horte. Koedukativ geführte Tagesheimstätten (für Schulhausaufgaben, Freizeitgestaltung und sportliche Betätigung) gibt es in Wien nach einem 1922 gefassten Gemeinderatsbeschluss seit 1923; anfangs wurden allerdings von den Bezirksjugendämtern vor allem sozial bedürftige oder in verschiedener Hinsicht fürsorgebedürftige Kinder eingewiesen.
Ende 1923 gab es vier Horte, 1924 wurden die bis dahin vom „Verein Tagesheimstätten für Kriegerwaisen und Kinder" geführten Horte von der Gemeinde Wien übernommen, 1925 gab es acht Horte (mit 15 Gruppen) und 1928/1929 jeweils 35 Horte (mit 99 beziehungsweise 106 Gruppen), womit in der ersten Republik ein Höchststand erreicht war. 1930 wurden im Tagesdurchschnitt 2.993 Kinder betreut. Ab 1930 nahm die Zahl der Horte aus budgetären Gründen ab; die Gemeinde errichtete aber nunmehr auch Horte für Hilfsschüler und gehörlose Kinder. Nach dem zweiten Weltkrieg kam es zu einem Ausbau des Hortwesens; die enge Zusammenarbeit zwischen Schule und Hort führte zum Konzept der „Tagesheimschule", einer Verbindung von Schule und Hort in einem Gebäude, wodurch eine pädagogische Arbeitsgemeinschaft zwischen Lehrern und Horterziehern ermöglicht werden sollte (Eröffnung der ersten Heimschule 1949 in 16, Seitenberggasse, gefolgt von 11, Hasenleiten). Seit 1952 werden Kinderkrippen, Kindergärten und Horte unter der Bezeichnung „Kindertagesheime" zusammengefasst; die magistratische Zuständigkeit wechselte von der offenen Fürsorge zum Jugendamt.
1955 wurden in Tagesheimstätten in über 150 Gruppen rund 5.000 Schulkinder betreut (dazu kamen zahlreiche Horte der freien Jugendfürsorgeverbände); bis 1966 entstanden in Wien Heimschulhorte an 13 Standorten). Aktuelle Trends sind die Einführung gruppenübergreifender „Hobbygruppen" (Werken, musikalische Erziehung und Bewegungserziehung, Kochen, Nähen, Eislaufen, Schwimmen usw.), Kleingruppenarbeit bei der Bewältigung der Schulaufgaben, Lernhilfe durch Lehrer und Studenten (1987 an 65 Standorten). Durch die Einführung der fünf-Tage-Schule für Volksschüler sowie die Verkürzung der Arbeitszeit ist der Hortnachmittag deutlich verkürzt worden. Mit Stand September 1993 besuchten in Wien insgesamt 17.021 Kinder einen Hort (davon 9.270 öffentliche und 7.751 Kinder private Horte).
Literatur
- Werner Neubauer / Hermine Koller: 70 Jahre Wiener Jugendamt. Hrsg. vom Jugendamt der Stadt Wien. Wien: Jugend & Volk 1987
- Felix Czeike: Wirtschafts- und Sozialpolitik der Gemeinde Wien. 1919-1934. In: Wiener Schriften. Hg. vom Amt für Kultur, Schulverwaltung der Stadt Wien. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1955-1981 (11), S. 179 ff.
- Ferdinand Lettmayer [Hg.]: Wien um die Mitte des XX. Jahrhunderts - ein Querschnitt durch Landschaft, Geschichte, soziale und technische Einrichtungen, wirtschaftliche und politische Stellung und durch das kulturelle Leben. Wien: 1958, S. 498 f.