Marie Boßhardt van Demerghel, * 27. April 1854 Wien, † 11. November 1901 Wien, Pädagogin, Schulleiterin, Frauenrechtlerin, Funktionärin.
Biografie
Marie Boßhardt van Demerghel kam als ältere von zwei Töchtern des Emanuel van Demerghel, Professor an der k. k. Theresianischen Ritter-Akademie, und seiner Ehefrau Marie van Demerghel, geborene Würth, auf die Welt. Der Sohn des Ehepaares starb bereits im Kindesalter. Nach dem frühen Tod der Eltern, der Vater starb um 1864, die Mutter 1868, wurde Marie van Demerghel im Alter von 14 Jahren zur Vollwaise. Von ihren Lehrern, darunter Emanuel Hannak, gefördert, interessierte sie sich schon in jungen Jahren für Philosophie; vor allem die Schriften von John Stuart Mill prägten sie sehr und sollten sie ein Leben lang begleiten. Als 17-Jährige legte Marie van Demerghel die Lehrbefähigung für Volks- und Bürgerschulen ab und übernahm die Leitung der "Van Demerghel'schen Mädchen Lehr- und Erziehungsanstalt“.
Die "Van Demerghel'sche Mädchen Lehr- und Erziehungsanstalt“ war 1819 von einer Frau von Phillisdorf als "Institut von Phillisdorf" gegründet worden und später an ihre Schwiegertochter Elisabeth von Phillisdorf, geborene Würth, der Schwester von Marie van Demerghel sen. und Tante von Marie Boßhardt van Demerghel übergeben worden. Von 1840 bis 1851 führten die beiden Schwestern die Anstalt gemeinsam, ehe 1851 Marie van Demerghel sen. die alleinige Leitung übernahm. Nach deren Tod stand wiederum Elisabeth (auch: Elise) von Phillisdorf der Anstalt vor, verstarb allerdings selbst wenige Jahre darauf im März 1871. Nach dem Ableben ihrer Tante übernahm die noch minderjährige Marie van Demerghel, mit Unterstützung eines Vormundes, die Leitung der Lehr- und Erziehungsanstalt samt dazugehörigem Internat. Die Institution war zu diesem Zeitpunkt in ihrem Elternhaus in der Landstraßer Hauptstraße 138 untergebracht.
Nach der Eheschließung mit dem Volksschullehrer Ulrich Hans Boßhardt am 8. Jänner 1881 legte Marie Boßhardt van Demerghel die Leitung der Lehr- und Erziehungsanstalt zurück und zog mit ihrem Ehemann in die Hartmanngasse 3. Weiterhin arbeitete sie allerdings gezielt daran, die Bildungschancen für Mädchen und Frauen zu verbessern. 1888 zählte Marie Boßhardt van Demerghel zu den Gründerinnen und Gründern des Vereins für erweiterte Frauenbildung, als dessen Vizepräsidentin bzw. Präsidentin sie wirkte. Unter maßgeblicher Mitwirkung von Marie Boßhardt van Demerghel gründete der Verein eine gymnasiale Mädchenschule zur Vorbereitung auf die Reifeprüfung und schuf damit die Voraussetzung für das wenige Jahre später durchgesetzte Frauenstudium. Zudem organisierte sie Vorträge internationaler Referentinnen und Referenten sowie Theateraufführungen und Konzerte, bei denen ausschließlich die Werke von Frauen präsentiert wurden.
Quellen
- Wienbibliothek Digital: Inserat der Mädchen Lehr- und Erziehungsanstalt von Maria van Demerghel, geb. Würth. In: Adolph Lehmann's allgemeiner Wohnungs-Anzeiger: nebst Handels- u. Gewerbe-Adressbuch für d. k.k. Reichshaupt- u. Residenzstadt Wien u. Umgebung. Wien: 1860
- ANNO: Inserat der Mädchen Lehr- u. Erziehungsanstalt der Marie van Demerghel. In: Fremden-Blatt, 9.08.1868, S. 23
- ANNO: Todesanzeige von Elisabeth von Phillisdorf. In: Neue Freie Presse, 24.03.1871, S. 4
- ANNO: Marie Boßhardt van Demerghel. Ein Gedenkblatt von ihrem Gatten. In: Neues Wiener Journal, 30.11.1901, S. 1-3
- ANNO: Ottilie Bondy: Nachruf auf Marie Boßhardt van Demerghel, in: Frauenleben 13 (1901), Heft 12
- Jahresbericht des Vereins für erweiterte Frauenbildung in Wien. 13. Jg. 1900/1901, S. 5–7, 49 f.
- ANNO: Nachruf auf Marie Bosshardt van Demerghel. In: Dokumente der Frauen 6. Jg. (1901), Nummer 16, S. 465
- ANNO: Bericht über die Beerdigung von Marie Boßhardt van Demerghel. In: Neue Freie Presse, 14.11.1901, S. 5 f.
Literatur
- Ilse Korotin [Hg.]: biografiA. Lexikon österreichischer Frauen. Band 1. Wien / Köln / Weimar: Böhlau 2016, S. 393
- Margret Friedrich: "Ein Paradies ist uns verschlossen…" Zur Geschichte der schulischen Mädchenerziehung in Österreich im "langen" 19. Jahrhundert. Wien / Köln/ Weimar: Böhlau 1999
- Frauen in Bewegung: 1848–1938: Marie Boßhardt-Demerghel [Stand: 25.10.2019]