Rathauskorrespondenz
Bei der Rathauskorrespondenz, hervorgegangen (1900) aus der "Correspondenz Gall" bzw. der "Communal-Correspondenz Stiefenhofer", handelt es sich seit 1922 um die offizielle Nachrichtenagentur der Stadt Wien. Die Rathauskorrespondenz (rk) ist nach der Austria Presse Agentur (APA) Österreichs zweitgrößte Nachrichtenagentur und die älteste kommunale Nachrichtenagentur der Welt. Sie berichtet über alle Begebenheiten, die in Zusammenhang mit der Stadtverwaltung stehen.
Nach dem Tod Rudolf Stiefenhofers übernahm dessen langjähriger Mitarbeiter Rudolf Eigl die "Communal-Correspondenz Stiefenhofer", welche am 15. Februar 1900 erstmals unter der Bezeichnung "Wiener Rathaus-Correspondenz" erschien. Die Rathauskorrespondenz wurde zunächst per Hand auf großformatige Bögen, ab 24. Februar 1911 mittels Schreibmaschine auf Wachsmatrizen geschrieben und mit einem handgekurbelten Apparat vervielfältigt. Vereinzelt gab es bereits 1910 "Schreibmaschinen-Ausgaben". Sie erschien sechsmal wöchentlich, zu bestimmten Anlässen gab es auch Sonntagsausgaben, die extra zu bezahlen waren. Regelmäßig fanden sich in der Korrespondenz auch Beilagen wie etwa Geschäftsberichte, Kundmachungen oder Aufrufe des Bürgermeisters.
Unter Rudolf Eigl wurde das Verhältnis der Nachrichtenagentur zur Gemeindeverwaltung intensiviert. Er schloss ein Vertragsverhältnis mit der Gemeinde Wien ab und bekam einen eigenen Amtsdiener sowie Infrastruktur zur Verfügung gestellt. Des Weiteren subventionierte die Stadtverwaltung die Rathauskorrespondenz durch Abonnements. Im Juni 1912 verkaufte Eigl die Rathauskorrespondenz an Franz Micheu, der sie als letzter privater Herausgeber bis 1922 führte.
Ab 1922 war die Rathauskorrespondenz die offizielle Nachrichtenagentur der Stadt Wien und als solche direkt dem Bürgermeister unterstellt. Von 1922 bis 1932 wurde sie von Karl Honay geleitet, anschließend bis Anfang September 1938 von Franz Xaver Friedrich. Sie erschien ein- bis zweimal täglich von Montag bis Samstag mit Ausnahme von christlichen Feiertagen. Zu bestimmten Anlässen gab es auch Sonntagsausgaben, wie etwa anlässlich des Streiks der Straßenbahner am 2. Juli 1922.
Während der Zeit des Dollfuß-Schuschnigg-Regimes wurde die Rathauskorrespondenz in den Dienst der politischen Propaganda gestellt. Am 12. Februar 1934, dem Beginn der Februarkämpfe, erschien sie nicht.
Während der Zeit des Nationalsozialismus wurde die Rathauskorrespondenz als Teil der Propagandamaschinerie von den verantwortlichen Schriftleitern Kurt Sommer und Hans Mücke geleitet bzw. der Inhalt von Adolf Reichert verantwortet. Bereits 1939 wurde die Pressestelle in "Nachrichtenstelle der Stadt Wien" umbenannt. Für die Aussendungen wurde weiterhin der Name Rathauskorrespondenz verwendet, vom 21. August bis Kriegsende die Bezeichnung "Rathaus-Nachrichten".
Nach dem Zweiten Weltkrieg erschien die Rathauskorrespondenz ab dem 19. Mai 1945 wieder sechsmal wöchentlich. Herausgegeben wurde sie nun von der Pressestelle der Magistratsdirektion (bis 1967). Die Leitung oblag Hans Riemer (1. Juni 1945 bis 31. Juli 1948) und Wilhelm Adametz (1. August 1948 bis 1973). Die Rathauskorrespondenz dokumentierte nicht nur die Stadtverwaltung, sondern auch den Alltag der Nachkriegszeit und nicht zuletzt den Einfluss der Alliierten Besatzung. Ab Oktober 1945 erschien ein- bis dreimal wöchentlich die Beilage "Kulturdienst der Stadt Wien".
Nach der Übernahme durch Adametz ging die Rathauskorrespondenz zweimal täglich an ihre Bezieher (APA, Zeitungen, Rundfunk, Parteikorrespondenzen und andere). Sie enthielt in Folge neben den täglichen Meldungen auch kurze Artikel oder Aufsätze, welche die Entwicklung der Stadt oder bestimmte kommunalpolitische Herausforderungen zum Inhalt hatten.
Mit der Gründung des Presse- und Informationsdienstes (PID) 1967 wurde die Rathauskorrespondenz ein integrierter Bestandteil der Öffentlichkeitsarbeit der Stadt Wien. Sie bildete nach wie vor die wichtigste Verbindung zu den Medien und wurde nun dreimal täglich (etwa um 11:00, 15:00 und 17:30 Uhr) ausgegeben und von Redaktionsboten abgeholt. Zusätzlich wurde im Oktober 1967 eine Fernschreibstelle eingerichtet, über die die wichtigsten Meldungen der Rathauskorrespondenz in Kurzform zusammengefasst den Redaktionen übermittelt wurden. Ab 29. September 1969 wurden alle Aussendungen der Rathauskorrespondenz durch die APA an die Redaktionen weitergeleitet. Immer wieder gab und gibt es auch sachbezogene Beilagen (etwa für Kultur) bzw. spezielle Ausgaben wie "rk-intern" oder "rk-spezial" zu bestimmten Themen wie etwa Verkehrsfragen, Budget oder Wahlen.
Seit 1989 ist die Rathauskorrespondenz über das Internet abrufbar und volltextdurchsuchbar.
Quellen
- Wienbibliothek Digital: Rathauskorrespondenz 1895–1989
- Wienbibliothek Digital: Konvolut zensurierter und konfiszierter Zeitungen, darunter die Wiener Rathaus-Korrespondenz, Neue Freie Presse, Reichspost, Arbeiterzeitung u.a., Plakate und Flugblätter aus der Zeit des Ersten Weltkriegs
- Presse- und Informationsdienst (MA 53): Rathauskorrespondenz
Literatur
- Claudia Grillenhofer: Die Öffentlichkeitsarbeit wird "amtlich". Zur Geschichte der Wiener "Rathaus-Korrespondenz" in der Ersten Republik. In: Kreativität aus der Krise. Konzepte zur gesellschaftlichen Kommunikation in der Ersten Republik. Festschrift für Marianne Lunzer-Lindhausen. Hg. von Wolfgang Duchkowitsch. Wien: Literas-Univ.-Verlag 1991, S. 174–182
- Claudia Grillenhofer: Die Rathauskorrespondenz. Entwicklung und Bedeutung eines kommunalen Nachrichtendienstes in Wien. Diplomarbeit. Univ. Wien. Wien 1988
- Historischer Rückblick der Rathauskorrespondenz [Stand: 10.01.2022]