Richard Lányi
Richard Lányi (ursprünglich: Richard Löwy), * 9. Dezember 1884 Wien, † 28. Mai 1942 Auschwitz, Buchhändler, Verleger.
Biografie
Richard Lányi kam als Sohn des aus Pressburg stammenden Leopold Löwy und dessen Frau Johanna, geborene Spitzer, in Wien zur Welt und war ungarischer Staatsbürger. Er absolvierte in der Buchhandlung Robert Friedländer in Wien-Innere Stadt, Kärntnerstraße 44, eine Lehre. Nach seiner Hochzeit 1909 mit Anna Maria Bartos änderte das Ehepaar aus unbekannten Gründen den Namen in Lányi, was 1910 genehmigt wurde.
1912 übernahm der Buchhändler nach dem Tod Friedländers dessen Geschäft und führte es als Inhaber fort. Ab Herbst 1916 änderte er die Firmenbezeichnung in "Buchhandlung Richard Lányi". Neben dem Buchverkauf betrieb er eine Agentur für Eintrittskarten zu Vorträgen und einen Verlag. Wann Karl Kraus und Lányi sich kennenlernten, ist nicht bekannt, jedenfalls fungierte das Geschäft im Dezember 1915 erstmals als Vorverkaufsstelle für Kraus' Lesungen. Kraus bewertete Lányi "als der weitaus zuverlässigste, ordentlichste und beim Arrangement von Wohltätigkeitsvorträgen selbstloseste Veranstalter". Zeitgenossen erklärten sich ihr langjähriges gutes Verhältnis dadurch, dass Lányi die nötige Übung darin hatte, jedes Wort von Kraus' zu entziffern, um die Manuskripte in Druck geben zu können und er sich mit Nachdruck für die Werke von Kraus einsetzte. Zudem war Lányi der Verleger von Kunstdrucken Egon Schieles und besaß selbst einige Arbeiten Schieles, aber auch Werke anderer zeitgenössischer Künstler.
Nach dem "Anschluss" fiel Lányi nicht nur wegen seines jüdischen Glaubens, sondern auch wegen seines geschädigten Rufes aufgrund eines enthüllenden Artikels in der Stunde über den Verkauf pornographischer Materialien den Nationalsozialisten zum Opfer. Seine Buchhandlung wurde geschlossen und ein Teil des Warenlagers konfisziert. Lányi musste Konkurs anmelden und die Konkursmasse zu günstigsten Konditionen an den bekannten Ariseur Johann Katzler verkaufen, der schon zuvor Bücher und Kunstgegenstände entwendet hatte.
Wegen des laufenden Konkursverfahrens konnte Lányi nicht wie beabsichtigt emigrieren und wurde im Februar 1942 von der Gestapo verhaftet und in das Konzentrationslager Auschwitz deportiert, wo er einige Monate später umgebracht wurde. Seine Witwe konnte nach der Befreiung Österreichs erfolgreich die Restitution der geraubten Kunstsammlung Lányis durchsetzen.
Im Bestand der Wienbibliothek im Rathaus findet sich umfassender Schriftverkehr zwischen Richard Lányi und anderen Persönlichkeiten wie Karl Kraus und Germaine Goblot.
Quellen
- Wienbibliothek Digital: Richard Lányi
- Die Fackel: Vorne Sittlichkeit, hinten Kriminalität. 27. Jg., Heft 697–705, 1925, S. 58f
Literatur
- Murray G. Hall: Österreichische Verlagsgeschichte 1918–1938. Band II: Lexikon der belletristischen Verlage. Wien: Böhlau 1985 [Stand: 07.04.2021]
- Katja Bertz: „Arisierung“ im österreichischen Buchhandel. Auf den Spuren der Buchhandlungen Richard Lányi, Alois Reichmann, Josef Kende, Moritz Perles, M. Breitenstein, Heinrich Saar und Dr. Carl Wilhelm Stern. Dipl.-Arb. Univ. Wien. Wien 2009, S. 68-72
- Lexikon der österreichischen Provenienzforschung: Richard Lányi [Stand: 29.02.2024]
- Gina Kaus: Und was für ein Leben ... mit Liebe und Literatur, Theater und Film. Hamburg: Albrecht Knaus 1979, S. 276
Richard Lányi im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.