Rudolf Kolisch (Sohn)
Rudolf Kolisch (Sohn), * 20. Juli 1896 Klamm am Semmering, Niederösterreich, † 1. August 1978, Watertown, Massachusetts, USA, Geiger, Dirigent, Geigenlehrer, Schriftsteller.
Biografie
Rudolf Kolisch wurde am Semmering in Niederösterreich als Sohn des Internisten Rudolf Kolisch geboren. Aufgrund seiner großen musikalischen Begabung erhielt er bereits als Kind Geigenunterricht; nach einer Verletzung der linken Hand erlernte er das Geigenspiel mit der rechten Hand. Ab 1914 studierte er Violine an der k.k. Akademie für Musik und darstellende Kunst in Wien bei Otakar Ševčik sowie Dirigieren und Komposition bei Franz Schalk und Franz Schreker. Nach einer kriegsbedingten Unterbrechung setzte Kolisch seine Studien 1918 fort, ergänzt durch Musikgeschichte bei Guido Adler. Von 1919 bis 1922 war er Privatschüler für Komposition bei Arnold Schönberg. 1924 wurde Schönberg durch seine Eheschließung mit Kolischs Schwester Gertrud dessen Schwager.
1924 gründete er das Wiener Streichquartett, das sich ab 1927 als Kolisch-Quartett (Rudolf Kolisch, Felix Khuner, Eugene Lehner und Benar Heifetz) international einen Namen für die Interpretation von zeitgenössischer Musik machte. Darunter mit Uraufführungen von Arnold Schönberg, Alban Berg, Anton von Webern und Béla Bartók. Besonderes Kennzeichen dieses Quartetts war nicht die möglichst schöne Tongebung, sondern ein besonderer rhetorischer Ausdruck, den Kolisch als "Wiener Espressivo" bezeichnete. Nach der Auflösung des Quartetts 1941 wurde Kolisch 1944 Primarius des (belgischen) Pro Arte Quartetts, das bis 1965 Bestand hatte.
Nach seiner Emigration in die USA 1937 war Kolisch auch als Orchestermusiker und Dirigent tätig, da die Einnahmen durch sein Quartett nicht mehr ausreichten. Er widmete sich auch vermehrt der Lehrtätigkeit, zunächst der Musiktheorie an der New School for Social Research in New York (1939-1941) und am Black Mountain College in North Carolina (1944), danach der Einstudierung von Kammermusik mit Ensembles. Kolisch unterrichtete Violine und Kammermusik an der University of Wisconsin in Madison und ab 1967 am New England Conservatory in Boston. Nach dem Zweiten Weltkrieg leitete Kolisch Sommerkurse in den USA, Israel und Europa. Darunter auch bei den Darmstädter Ferienkursen (1953–1958) und im Schönberg-Haus in Mödling bei Wien (1974–1977). Kolisch war der letzte große Repräsentant der Arnold-Schönberg-Generation.
Quellen
Literatur
- Inge Kovács: Kolisch, Rudolf. In: Die Musik in Geschichte und Gegenwart (MGG). Band 10. Kassel: Bärenreiter 2003, Sp. 452–454
- Sophie Fetthauer: Rudolf Kolisch, in: Lexikon verfolgter Musiker und Musikerinnen der NS-Zeit, Claudia Maurer Zenck, Peter Petersen (Hg.), Hamburg: Universität Hamburg, 2006
- Claudia Maurer Zenck: "Was sonst kann denn ein Mensch machen, als Quartett zu spielen?" Rudolf Kolisch und seine Quartette. Versuch einer Chronik der Jahre 1921–1944, in: ÖMZ 53, 1998, H. 11, S. 8–57
Rudolf Kolisch (Sohn) im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.